Heinz Günthardt, wann tritt Roger Federer zurück?
Er selber weiss das nicht einmal.
Kann er mit dieser Diskussion gut umgehen?
Weil er nach wie vor guten Tennissport zeigt, kann er das offenbar.
Hat man Angst, Federer als Tennisspieler zu verlieren?
Das grosse Problem ist, dass die Leute den Sportlern immer raten, nach einem grossen Erfolg aufzuhören. Quasi on top. Aber du weisst ja nicht, ob nach dem 20. Grand-Slam-Sieg noch der 21. und Letzte folgt. Es ist eine Eigenschaft der sehr guten Sportler, dass sie nicht wissen, wann der letzte Ball gespielt werden soll.
Den 100. Turniersieg will er noch. Dann hört er auf?
Nein, weil er noch den 101. möchte. Das Interessante an dieser Diskussion ist doch, dass niemand mehr weiss, wann ein McEnroe, Lendl, Sampras, Connors oder Agassi aufgehört haben. Das ist mit Blick auf die Karriere völlig egal, völlig belanglos. Niederlagen interessieren nicht, Siege zählen. Am Ende bleiben die Erfolge des Sportlers im Gedächtnis der Fans. Ist man sich dem bewusst, kann man eigentlich nur zu lange spielen. Es spielt eben keine Rolle. Jene, die ihm raten, jetzt aufzuhören, das waren mit Sicherheit keine Spitzensportler.
Der Abgang wird etwa so überraschend kommen wie jener von Arno Del Curto nach 22 Jahren HC Davos?
Wenn man so gut war und ist wie Roger, dann hat man es verdient, dann aufzuhören, wenn man wirklich aufhören will. Oder dann aufzuhören, wenn man keine Lust mehr hat, auf den Platz zu gehen. Das weiss nur er. Es kann durchaus sein, dass er eines Tages auf den Platz läuft und merkt: Halt, ich habe keine Lust mehr. Dann kommt eben dieser Gedanke, ob es tatsächlich vorbei ist? Bei Chris Evert war es so, dass sie nach einer Niederlage den Platz verliess und sich zugestehen musste: es ist mir egal. Da wusste sie, es ist vorbei, ich will nicht mehr spielen.
Hört Federer auf, bricht in der Schweiz eine Tenniswelt zusammen. Kann das sein?
Absolut. Ein kleiner Teil wird bestimmt zusammenbrechen.
Bleibt der Swiss Tennis in irgendeiner Form erhalten?
Als Ikone, egal was er machen wird, bleibt er der Vorreiter. Er ist schon heute eine Legende, eine lebende Legende. Nicht nur in der Schweiz, weltweit.
Wird er eines Tages hier in Biel auf dem Platz stehen und junge Spieler unterrichten?
Warum nicht? Es ist unmöglich, so lange Tennis zu spielen, wenn du nicht gerne Tennis spielst. Mit ein paar jungen Spielern seine Passion auszuleben, warum nicht?
Er könnte ja noch den Titel des Schweizer Meisters angreifen?
(lacht) Er ist noch nie Schweizer Meister geworden? Ist das der Tolggen im Reinheft? Interview: bmb