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Handball

Weg vom Turnhallen-Groove in die grossen Arenen

Handball-Länderspiele sind beliebt – zumindest in der Deutschschweiz. Mit der Premiere morgen Abend in der schmucken Tissot Arena in Biel hoffen die Schweizer Verbandsverantwortlichen, auch in Richtung Romandie ein grosses Publikum zu mobilisieren.

Volles Hallenstadion gegen Deutschland: Wird die Schweiz auch morgen in der Tissot Arena die Leute in Scharen anziehen?/Bild: Keystone

Francisco Rodríguez

Handball gilt hierzulande seit jeher als typische Deutschschweizer Sportart. In der Romandie dagegen fristet der Handballsport ein Schattendasein.  Nichts daran änderte auch die Tatsache, dass Nachbar Frankreich ab Mitte Neunzigerjahre den Welthandball aufmischte und von den letzten fünf Weltmeisterschaften vier für sich entscheiden konnte. Beim Schweizerischen Handballverband versuchte man wiederholt, mit verschiedenen Massnahmen die frankophone Bevölkerung für die Sportart zu begeistern.

In die gleiche Richtung zielt die Ansetzung des EM-Qualifikationsspiels gegen Portugal in Biel. Das Hallenstadion Zürich, die Bossard Arena in Zug, die Swiss Arena in Kloten, sowie St. Gallen und Basel standen zwar auch zur Diskussion. «Wir haben die Offerten verglichen und sind dann zum Schluss gekommen, dass wir aus regionalen Gesichtspunkten in die Westschweiz gehen wollen», sagt Roger Keller, Leiter Marketing und Events beim Schweizerischen Handballverband. «Nicht nur, weil wir die französischsprachigen Leute anlocken wollen, sondern auch deshalb, weil in dieser Region und in Bern die meisten Portugiesen leben.»

Mehr Vermarktungsmöglichkeiten

Die Region sei das eine, die Location das andere. Die letzte Schweizer EM-Qualifikationspartie gegen Deutschland mobilisierte im Zürcher Hallenstadion 10040 Zuschauer (BT von gestern), ein nationaler Publikumsrekord für ein Handballspiel. «Wir wollen weg vom Turnhallen-Groove in die modernen Arenen», sagt Keller. Weil sie mehr Sitzplätze haben und die Nationalmannschaft so vor einem zahlenmässig grösseren Publikum spielen kann. Zum anderen aber auch wegen der besseren Vermarktungsmöglichkeiten. «In der modernen Infrastruktur der Tissot Arena können wir einen vernünftigen Hospitality-Bereich anbieten. Der LED-Würfel an der Decke ist auch für Sponsoren sehr interessant.»

Man habe früh das Gespräch mit der CTS und dem EHC Biel gesucht und sich den nötigen Support für die technische Nutzung der Arena geholt. Dabei versuchten die Handballer auch gleich noch, das Eishockey-Publikum für ihren Sport zu sensibilisieren. «Wir haben eine Newsletter an die EHC-Fangemeinde gemailt.» Mit der Begründung, die Eishockey-freie Zeit in Biel könne nun mit Handball ein wenig überbrückt werden. Dabei sei man allerdings nicht gerade auf reges Interesse gestossen. Auch aus der Romandie und von den Portugiesen kamen zumindest bis gestern noch nicht die erhofften Reaktionen. Insgesamt 2750 Tickets sind abgesetzt worden. Der Vorverkauf läuft noch bis vor der Partie. Morgen werden zudem ab 16 Uhr die Tageskassen im Stadion bedient, ehe um 17.30 Uhr die Tore zur Handball-Arena öffnen.

4000 Zuschauer budgetiert

Keller hofft, dass sich bis zum Start um 19 Uhr noch viele Kurzentschlossene zu einem Besuch der Handball-Premiere entscheiden werden.  Schliesslich sei es ja das wichtige Spiel der Vorentscheidung. Gewinnen die Schweizer zuhause und holen auch am Samstag in Portugal zumindest einen Punkt, bleiben sie im Rennen um die EM-Plätze. Über Zahlen und Budget will Keller keine Auskunft geben. Nur soviel: «Wir benötigen 4000 Zuschauer für eine schwarze Null.»

Grossen Support hat der Verband von den freiwilligen Helfern erhalten. Zu den intern rekrutierten 30 Personen gesellen sich weitere 90 aus den Seeländer Handballklubs HS Biel und PSGLyss. Für sie heisst es morgen früh aufstehen, denn ab 6.30 Uhr wird der heute aus Zürich angelieferte Hallenboden verlegt. Am Vormittag wird dann die Schweizer Nationalmannschaft ihre ersten Schritte in der Tissot Arena machen und sich schon mal auf das kapitale Duell einstimmen. Nach der Schlusssirene wird die Helferschar wieder auf dem Platz aktiv sein und die insgesamt 16000 Bodenteile fein säuberlich im Lastwagen verstauen.

Später werde man laut Keller Bilanz ziehen «und herausfinden, ob es in Biel funktioniert. Wenn ja, bleibt die Tissot Arena auch künftig eine Option.» Wenn nein, dürfte sich das Nationalteam wieder für längere Zeit aus der Westschweiz verabschieden.

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Das Schweizer Nationalteam

Aufgebot für die Länderspiele gegen Portugal: Albin Alili (Kriens-Luzern, 10 Länderspiele/12 Tore), Jonas Dähler (Wacker Thun, 52/94), Ron Delhees (Kadetten Schaffhausen, 10/14), Simon Kindle (Kad. Schaffhausen, 9/0), Dimitrij Küttel (Kad. Schaffhausen, 26/63), Marvin Lier (Pfadi Winterthur, 29/52), Manuel Liniger (Kad. Schaffhausen, 212/901), Zoran Markovic (Kad. Schaffhausen, 12/23), Luka Maros (Kad. Schaffhausen, 19/37), Lucas Meister (Kad. Schaffhausen, 16/50), Nikola Portner (Montpellier/FRA, 55/1), Samuel Röthlisberger (BSV Bern Muri, 11/1), Lenny Rubin (Wacker Thun, 2/15), Andy Schmid (Rhein-Neckar Löwen/GER, 161/719), Roman Sidorowicz (Pfadi Winterthur, 36/85), Michal Svajlen (Pfadi Winterthur, 71/103), Cédrie Tynowski (Pfadi Winterthur, 11/21), Pascal Vernier (Pfadi Winterthur, 20/18), Lukas Von Deschwanden (Wacker Thun, 42/135), Flavio Wick (GC Amicitia Zürich, 11/1). – Nationaltrainer Michael Suter. fri