Sie sind hier

Abo

Fussball

Wenn man hinten und vorne sündigt

Weil es in der Abwehr an Deckungsdisziplin und in der Offensive an Zuspielpräzision mangelte, kam der FC Nidau gegen das zweitletzte Kirchberg nur zu einem erst noch glücklichen 3:3-Remis.

Kirchbergs Lukas Schwarzwald versucht, den Nidauer Torhüter Christian Kobel zu bezwingen. matthias käser
  • Video

Peter Renatus

So war man sich zunächst nach Spielschluss auf Nidauer Seite auch nicht  sicher bewusst, ob man sich nun über einen gewonnenen Punkt freuen oder  zwei verlorene ärgern solle. Tobias Küffer, diesmal in sehr offensiver  Position direkt hinter Sturmspitze Troilo und herrlicher Vorbereiter des Nidauer 3:2-Führungstreffers, brachte es auf den Punkt: «Wenn man nach  26 Minuten 0:2 zurückliegt und dann aufholt, muss man eigentlich um den einen Punkt froh sein. Anderseits sind wir nach 68 Minuten in Front gezogen und hätten aus dieser Sicht den «Dreier» mitnehmen müssen. Für  mich haben wir eher zwei Zähler verloren.» Der Ex-Lysser und -Bieler  relativierte aber auch die Ranglistenposition des Gegners. «Kirchberg  ist wesentlich besser als seine Tabellenlage, hat bisher fast nur gegen Gegner aus dem oberen Ranglistendrittel gespielt und wird sicher noch nach vorwärts rücken.»


0:2 nach 26 Minuten
Die Emmentaler legten denn auch furios los, während es von Nidau vorerst gar nichts Erspriessliches zu sehen gab. Vor allem die letzten Zuspiele  erreichten nur selten ihren Bestimmungsort, was die Gäste immer wieder in Ballbesitz und damit zu einer klaren Feldüberlegenheit brachte. Nach  einer halben Stunde führten sie mit zwei mängelbehafteten und heftig  bestrittenen Treffern, aber dennoch sehr verdient 2:0, hatten fünf (gefährliche) Eckbälle getreten und Kobel zu zwei tollen Paraden zwecks Vereitelung weiterer Chancen gezwungen: Erst lenkte er einen 20-Meter-Knaller Amackers in den Corner und dann wehrte er mit Fussabwehr gegen Schwarzwald. «Wir müssen offenbar immer zuerst in  Rückstand geraten, bis wir erwachen», bedauerte Küffer. Tatsächlich ging nun endlich ein Ruck durch das Bönzli-Team. Kam vorher kaum ein Zuspiel  in der Spitze an, sondern landete in Behind oder Out, erzielte Catanese  (34.) nach einem ersten Fehlschuss Kurtis (32.) den Anschlusstreffer und Trolio doppelte nur zwei Minuten später nach. Er setzte sich gegen zwei  Gegner durch, verschaffte sich freie Schussbahn und traf genau in die  rechte untere Ecke.


Auch nach dem Wechsel stellte Kirchberg zunächst das aktivere Team. Kobel musste einen Kopfball Selimis (52.) sowie einen Freistoss Schwarzwalds (59.) unschädlich machen und Schär vertat eine Topchance aus zehn Metern durch Danebenschiessen (60.). Schade, dass der beim Abwehren zahlreicher Gäste-Abschlussversuche so zuverlässige  Nidau-Goalie das Spiel nicht mit unverzüglichen Abwürfen schnell zu machen versuchte und des öftern auch beim Abspiel sündigte. In der 68. Minute schien die Partie dann zugunsten der Platzherren zu kippen. Mit einer perfekten Flanke –bis dahin eher eine Stärke der Gäste vor allem  bei ihren stehenden Bällen – bediente Küffer Marco Birkhofer, welcher Nidau unter Mithilfe eines Gästeverteidigers erstmals in Führung schoss. Diese sollte aber nur zwei Minuten Bestand haben, brachte doch ein Deckungsfehler der öfters desorientierten und fast jedes Kopfballduell verlierenden einheimischen Verteidigung Selimi völlig freistehend an den  Ball, welcher sich diese Gelegenheit nicht entgehen liess und zum Schlussresultat verwandelte. Für die Refs war es nicht immer einfach, zwischen Fouls und  theatralischen Simulationen zu unterscheiden. Auch mussten sie sich vor allem nach ihren nicht erfolgten Abseitssanktionen beim 0:1 und 0:2  einiges an verbaler Kritik anhören. Mit Ausnahme der beiden letzten Beispiele machten sie ihren Job aber gar nicht so schlecht, nahmen «giftige» Kritik gelassen hin und liessen es bei fünf Gelben Karten bewenden.


Routiniers wären gefragt
Einer war gar froh darüber. Tobias Küffer: «Ich musste die  nehmen, bin ich doch im nächsten Spiel ohnehin abwesend und bin nun nach vier «Gelben» im richtigen Moment gesperrt.» Bleibt für den FC Nidau zu   hoffen, dass an seiner Stelle einer der fünf Abwesenden ins Aufgebot  zurückkehrt. Vor allem Routiniers wären gefragt, um dem noch etwas heterogenen Gebilde vermehrt Stabilität, Kompaktheit, Struktur und auch Sicherheit zu verleihen.


**************************

Die Szene
Zwar entsprach die 2:0-Führung der Gäste nach 26 Minuten durchaus deren  überlegen gestalteter Startphase. Dennoch haftete den beiden Treffern ein Schönheitsmakel in Form von ungeahndeten Abseitspositionen an. Beim 0:1 faustete Kobel eine Flanke herauslaufend ins Feld zurück, wo Jäggi  zu einem Kopfball-Lifter ansetzte. Da ein Gegner im Rücken des Nidauer Keepers diesem die Rückkehr in sein Gehäuse verunmöglichte, senkte sich der Ball über Freund und «Feind» ins Netz und der Kirchberger hatte  somit ohne Ballberührung ins Spiel eingegriffen. Das Tor hätte deshalb  wegen Offside annulliert werden müssen. Und beim 0:2 startete Jäggi aus  klarer Abseitsposition, schoss an den Pfosten und Selimi verwertete den Abpraller. Kein Zweifel: Mit einem VAR hätte das Resultat nach einer halben Stunde wohl 0:0 statt 0:2 gelautet. pr

 

Stichwörter: FC Nidau