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«Wir wollen noch einmal Vollgas geben»

Der 17-jährige Sutzer Florian Geissbühler reist mit seinem Krienser Segelpartner Livio Erni nach Portugal an ihre letzte gemeinsame Junioren-EM im 420er-Boot. Den altersbedingten Klassenwechsel will sich das Duo mit einem Spitzenplatz versüssen.

Umkämpfte Manöver an der Boje: Der Seeländer Florian Geissbühler (rechts) und sein Innerschweizer Segelpartner Livio Erni (vorne) anlässlich einer nationalen Ausscheidungsregatta im letzten Herbst in Yvonand./Bild: zvg/Jürg Von Allmen

Francisco Rodríguez

Am Montag geht es für Florian Geissbühler und Livio Erni  nach Sesimbra südlich von Lissabon. Nicht etwa in die Sommerferien, sondern an Europameisterschaften, wo sie die Schweiz gebührend vertreten wollen. Die beiden Kadermitglieder des Talentpools gehören zu sieben Schweizer U19-Paaren, die die hohen Selektionskriterien für die Teilnahme an der 420er-EM in Portugal erfüllt haben (siehe Infobox rechts). Darüber hinaus haben sich Geissbühler/Erni dank ihrer ausgezeichneten Resultate auch bereits für die Weltmeisterschaften Anfang August in den USA vor Newport qualifiziert.

«Wir wollen im letzten Jahr auf dem 420er-Boot noch einmal Vollgas geben», zeigt sich Geissbühler kämpferisch. Danach wird das Duo altersbedingt in eine höhere Klasse wechseln müssen. Infrage kommen die 470er-Jolle oder der 49er. Beides Olympische Bootsklassen, die den Jungseglern neue Perspektiven eröffnen werden. «Wahrscheinlich wird es der 49er», sagt der Seeländer, der von Olympia träumt. Zunächst soll nun in Portugal die Bestätigung für die bisher starke letzte Saison auf dem 420er folgen.

Schwierige Segelbedingungen

Das 17-jährige Nachwuchstalent des Yachtclubs Bielersee (YCB) und Partner Erni vom Segel Club Cham haben das Segelrevier während einer Trainingswoche kennengelernt. «Wir konnten uns an die speziellen Bedingungen vor Ort gewöhnen», erzählt Geissbühler. «Es herrscht ablandiger Wind, der für Wellen sorgt. Dazu kommt die Strömung von einem östlich ins Meer fliessenden Fluss. Im Verlauf des Tages wechselt aber die Strömung wegen der Flut.» Das Segeln vor Sesimbra ist durch die vielen Variablen und Wechsel sehr herausfordernd. «Technisch und taktisch wird es anspruchsvoll, um den Wind in möglichst viel Speed umzusetzen», so der in Sutz-Lattrigen wohnhafte Jungsegler, der sich sehr auf die EM-Läufe freut.

Mondfisch bringt Boot zum Kentern

Segeln ist seine grosse Leidenschaft. «Ich liebe es, auf dem Wasser zu sein und den Wind zu nutzen. Es ist ein vielseitiger Sport mit vielen Komponenten. Dazu kommt die Teamarbeit.» Interessant seien jeweils auch die Begegnungen mit den Meerestieren. «In Antigua segelten wir neben fliegenden Fischen. Einige von ihnen flogen sogar über unser Boot. Schön ist es auch, wenn Delfine neben uns herschwimmen und uns begleiten.» In Italien habe er einen Haifisch gesehen. Doch manchmal könnten gewisse Treffen auch problematisch sein. «Einmal sind wir mit einem vielleicht dreieinhalb Meter langen Mondfisch kollidiert und deswegen gekentert. Glücklicherweise blieben alle unverletzt und auch der Mondfisch ist weitergeschwommen.

Als Fünfjähriger im Optimist

Durch seinen Vater und seinen älteren Bruder fand er sehr früh zum Segelsport. Bereits als Fünfjähriger sass Geissbühler im Optimist. Sein damaliger Coach beim YCB, Peter Gebistorf, tüftelte speziell für ihn an einer Segelkonstruktion, um dem Dreikäsehoch trotz körperlicher Nachteile die Bedienung zu ermöglichen.

Inzwischen ist Geissbühler, der Nils Frei zu seinen Vorbildern zählt, einer der besten Nachwuchssegler des Landes und selber schon viel herumgekommen. «Im Winter sind wir alle drei Wochen irgendwo in Europa am Trainieren.» Mit dem Dirt-Team – der Deutschschweizer Interregionalen Trainingsgruppe – und dem Schweizer Talentpool geht es jeweils nach Griechenland, Italien, Frankreich oder Spanien. Als Bürger eines Binnenstaats sei es wichtig, im Ausland auf dem Meer seglerische Erfahrung zu sammeln, um für die internationalen Regatten bereit zu sein. Der Schüler des Bieler Sport-Kultur-Studiums am Seegymnasium profitiert vom flexiblen und auf ihn abgestimmten Programm, das daneben eine Spitzensportkarriere zulässt. Speziell im Segeln, wo die Absenzen hoch sind.

Ziel an der EM sind die Top-15

Geissbühler blickt zurück auf eine WM-Teilnahme mit dem Optimist, war zweimal an den Nordamerikanischen Meisterschaften und bestreitet nun die dritte Europameisterschaft auf dem 420er. 2017 segelten Geissbühler/Erni auf Platz 65, ein Jahr zuvor waren sie rund 20 Ränge schlechter klassiert. «Diesmal streben wir einen Platz unter den besten 20 oder sogar 15 Teams an», so der Seeländer zu den ambitionierten Zielen im Direktvergleich mit Europas Spitze.

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Selektionierte Schweizer Teams für die Junioren-EM

U19: Florian Geissbühler (vom Yachtclub Bielersee/Wohnort Sutz-Lattrigen)/Livio Erni (SC Cham/Kriens). Nick Zeltner/Till Seger (beide RC Oberhofen). Achille Casco (SC Cham)/Elliot Schick (SC Hallwil). Linus Rindsfüser/Noé Brehm (beide YC Thunersee). Solène Mariani/Maude Schmid (beide CN Morges). Sophie Mosegaard/Fiona Schärer (beide YC Thunersee). Natascha Rast/Samira Rast (beide YC Thunersee).

U17: Nilo Schärer (RC Oberhofen)/Nik Burkhard (SC Enge). Malin Karlsson (SC Cham)/Myrlin Tappolet (YC Horgen). Alexandre Grognuz/Simeo Vollmer (beide CV Vevey-La Tour). fri