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YB-Legende Martin Weber will ein neues Meisterfoto

Diesen Samstag kann YB zuhause gegen den FC Luzern nach 1986 erstmals wieder Schweizer Meister werden. Mit dem ehemaligen Marketingleiter Daniel Hinz und den Ex-Spielern Martin Weber, Erich Hänzi und Paolo Collaviti blicken vier Seeländer auf ihre YB-Zeit zurück.

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Patric Schindler

1986 ist Martin Weber mit den Berner Young Boys Schweizer Meister geworden. Ein Jahr später feierte der Seeländer, der als Junior beim FC_Aarberg die Fussballschuhe schnürte, den Cupsieg. Seit 32 Jahren muss er immer wieder erklären wie es gewesen ist, diesen Meisterkübel damals auf der Neuenburger Maladière dank einem 4:1-Sieg über Xamax gewonnen zu haben. Das wird er sicher auch in Zukunft gerne tun. Aber ab Samstag, wenn YB zuhause gegen den FC Luzern den ersten von fünf Matchbällen zum Gewinn der Super League verwerten kann, wohl unter anderen Voraussetzungen. «Ich bin sehr froh und erleichtert, dass es nach dieser sehr langen Durststrecke höchstwahrscheinlich so weit ist, dass YB wieder Meister wird», sagt der ehemalige Nationalspieler. Hätte ihm 1986 jemand gesagt, dass es wohl noch 32 Jahre geht, bis YB wieder Meister wird, hätte er es nicht geglaubt. Auch in dieser Saison war Weber vorsichtig mit allfälligen Meisterprognosen. Erst nach der Winterpause, als YB Sieg an Sieg reihte und der FCB viele Punkte liegen liess, war es für den früheren Verteidiger klar. «Dieses Mal muss es YB packen.»  Auch der Sieg im Cup-Halbfinal gegen den FC Basel habe seine Einschätzung bestätigt.

«Die jetzige sportliche Führung arbeitet ruhig und seriös im Hintergrund und hat es geschafft, die Mannschaft im Winter zusammenzuhalten», erklärt Weber. Dies sei neben den spielerischen Qualitäten des Teams ein wesentlicher Grund dieses Erfolgs. Eine grosse Herausforderung komme aber noch auf YB zu, wenn es im Sommer darum gehen würde, die Mannschaft zusammenzuhalten. «Erfolg in der Schweiz zu haben heisst auch, Spieler an ausländische Klubs zu verlieren. Ich bin sehr gespannt, wie das Team in der neuen Saison aussehen wird. Da sich YB aber als Meister via Playoffs für die Gruppenphase der Champions League qualifizieren könnte, dürften viele Leistungsträger in Bern bleiben.» Als Weber 1986 mit YB Meister geworden ist, bekam der Seeländer kein Angebot aus dem Ausland. «Damals war es in Sachen Spielertransfers natürlich nicht so extrem wie heute. Bei einem Erfolg muss man nun schon sehr gut aufpassen, dass die Mannschaft nicht zu viele Leistungsträger verliert.»

Weber, der als Versicherungsberater arbeitet, ist heute in erster Linie noch als regelmässiger Stadionbesucher bei YB mit dem Fussball verbunden. Dazu steht er bei den Legenden-Spielen im Einsatz. Als Trainer ist er hingegen nicht mehr tätig. Zuletzt coachte er vor sieben Jahren den SC_Düdingen. Eine Profi-Trainerkarriere stand für Weber nie zur Diskussion.

Schliesst sich der Kreis für Hinz?
Er trug zwar nie das YB-Dress, dafür aber war der Seeländer Daniel Hinz sechs Jahre lang ausserhalb des Spielfelds YB-Angestellter. Zuerst als Verkaufsleiter, später dann in der Funktion als Marketing- und Verkaufsleiter. Hinz brachte auch fussballerisches Know-how ins Stade de Suisse. In den 80er-Jahren gelang ihm das Kunststück, als 3.-Liga-Spieler den Sprung vom FC Orpund zum FC Biel in die Nationalliga B zu schaffen. Beim Stadtklub spielt er zwei Saisons, später kehrte er in die Challenge League als Geschäftsführer zum FC Biel zurück. Heute ist er Leiter eines Instituts für Gesundheit, Wohlbefinden und Gewichtsabnahme.

1986 war Hinz bei der Meisterschafts-Entscheidung auf der Maladière als Zuschauer dabei. Auch am Samstag wird er beim ersten Matchball der Berner im Stadion sein. «Als ich mich für das Luzern-Spiel entschieden hatte, wusste ich noch nicht, dass YB an diesem Tag Meister werden kann», sagt Hinz. Das sei nun ein toller Zufall und wäre eine schöne, runde Geschichte, sollte er beim letzten und jüngsten Titelgewinn im Stadion gewesen sein. Der frühere Stürmer erlebte die zwei Finalissima-Niederlagen von YB gegen den FC Basel, die den Bernern die Meisterpokale gekostet haben, hautnah. «Hätten wir diese Partien gewonnen, hätten wir vielleicht ähnliche Erfolge wie Basel in der Champions League feiern können», sagt Hinz. Man habe zwar damals in der Europa League auch gute Resultate erzielt, finanziell sei es aber nicht derart lukrativ wie die Königsklasse gewesen. Der Aufschwung, der nun vorhanden ist, hätte bei zwei gewonnenen Finalissimas vielleicht schon früher stattgefunden. Hinz erlebte als YB-Angestellter von 2007 bis 2013 wie die Zuschauerzahlen auch dank dem neuen Stadion in die Höhe schnellten.  Von durchschnittlich 13 000 auf 23 000 Besucher pro Meisterschaftsspiel. Hinz ist überzeugt, dass nach dem Gewinn des Meistertitels der Saison-Abo-Verkauf nochmals massiv zunehmen wird. YB habe bei den Fans ein grosses Einzugsgebiet. Auch aus dem Seeland würde es viele YB-Fans geben.

Aufstiegs-Goalie Paolo Collaviti
2001 sind die Berner Young Boys in die NLA beziehungsweise Super League aufgestiegen. Im Tor stand der Lysser Paolo Collaviti, der danach viele Höhen und Tiefen mit den Bernern erlebte. Einer seiner schlimmsten Momente war drei Jahre nach der Promotion, als man ihm erklärte, dass sein Vertrag nicht verlängert würde. «Ich hätte YB niemals verlassen. Für mich war klar, dass ich bei den Bernern meine Karriere beenden will», sagt Collaviti. Über Servette, Luzern, Concordia Basel und Yverdon kämpfte er sich zum Klub seines Herzens zurück. Und zwischen 2007 und 2010 war er sowohl im Cup als auch in der Meisterschaft immer wieder Nahe an einem Pokal dran. Am Schluss reichte es dennoch nicht für einen Titelgewinn. «Das waren schon bittere Momente, aber umso mehr freue ich mich, dass YB am Samstag nach so langer Zeit endlich wieder einen Pokal gewinnen kann», sagt Collaviti. Für den jetzigen Senioren-Fussballer beim SV_Lyss waren neben dem Aufstieg in die höchste Schweizer Spielklasse auch die Einsätze im Uefa-Cup beziehungsweise in der Europa League unvergessen. «Die schönen Augenblicke überwiegen klar», sagt der Seeländer. Er sei sowieso jemand, der sich aufs Positive fokussiere und nach vorne schaue.

Die Vereinsverantwortlichen würden bei YB zurzeit einen tollen Job machen, man dürfe aber frühere Mitarbeiter nicht vergessen, die diesen Erfolg zum Teil auch erst möglich gemacht haben. «Ich freue mich auch für die YB-Fans. Es ist unglaublich, wie sehr sie leiden mussten. Nun werden sie für ihre Treue belohnt.» Die allfällige Verwertung des ersten Matchballs wird Collaviti, der bis 2015 Goalietrainer bei YB war und heute als Geschäftsführer und Mitinhaber eines Personal-Dienstleistungs-Unternehmens tätig ist, in Lyss zuhause mit seiner Familie geniessen.

Hänzi: Vom Coup zum Cupgewinn
Der Lengnauer Erich Hänzi feierte 1987 mit YB den Cupsieg. Zwei Jahre zuvor sorgte er mit seinem Stammverein FC_Lengnau für eine der grössten Sensationen in der Geschichte des Schweizer K.o.-Wettbewerbs. Der damalige Erstligist bezwang mit einem 2:0-Sieg den NLA-Verein FC Aarau im Achtelfinal. Zurzeit wird der ehemalige Verteidiger und heutige YB-Talentmanager sicher mehr auf den Titel mit YB als auf den Coup mit dem FCL angesprochen. «Es ist schon bemerkenswert, wie viel nun über YB gesprochen wird. Eine euphorische Stimmung herrscht im ganzen Verein», sagt Hänzi. Auch für die Nachwuchsabteilung wäre der Titelgewinn erfreulich. «Unsere Junioren sahen in den letzten Jahren Ende der Saison jeweils nur die Basler Spieler jubeln. Nun könnte sich schon am kommenden Samstag das Blatt wenden.»

Ein solcher Erfolg könne deshalb auch eine Signalwirkung für die jungen Spieler haben. Auch in Bern sei es möglich, Titel zu gewinnen. Dieses Zeichen sei insofern wichtig, weil es immer wieder Nachwuchsspieler gebe, die früh in Ausland wechseln würden. «Bei einem Titelgewinn wären die Chancen sicher höher, dass diese bei YB bleiben, da sie eine interessante Perspektive sehen», sagt Hänzi, der als Talentmanager Spieler von der U16 bis in die U18 und teilweise bis in die U21 betreut. Der Seeländer arbeitet mit den Nachwuchsspielern im fussballerischen Bereich unter anderem mit Video-Analysen, individuellen Trainings und bespricht mit ihnen Stärken und Schwächen.

«Ich helfe ihnen auch im Bereich der beruflichen und schulischen Ausbildung und stehe in Kontakt mit Lehrmeistern und Schulen», so der frühere Berufsfussballer. Natürlich werden nicht alle YB-Junioren einmal als Profi tätig sein können. «Unsere Nachwuchsabteilung ist sicher auch eine gute Lebensschule», sagt Hänzi. Also auch für jene Fussballer, die in ihrer Laufbahn keinen Pokal in den Händen halten werden.

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Luzern-Spiel ist ausverkauft – SRF2 überträgt live


Nach dem 4:1-Erfolg über Lausanne-Sport in der 31. Runde der Super League vom letzten Sonntag kann YB diesen Samstag (Anpfiff: 19 Uhr) im Stade de Suisse mit einem Sieg gegen den
FC Luzern wieder Schweizer Meister werden. Der Tabellenzweite FC Basel spielt tags darauf zuhause gegen den
FC Thun (16 Uhr). Die Partie zwischen YB und Luzern war schon am letzten Sonntagabend mit 31 120 Zuschauern ausverkauft. Dies als feststand, dass die Berner diesen Samstag gegen die Innerschweizer den ersten von fünf Matchbällen haben werden. SRF2 stellt deshalb sein TV-Sport-Programm um und wird die Partie ab 18.45 Uhr live übertragen. pss