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Fussball

Zu viele Tore, um sie korrekt zu zählen

Dominik Kocher schoss in einer Saison 44 Tore. Für den 3.-Liga-Rekord reichte diese Ausbeute aber nicht, worauf der Stürmer des FC Ins unter anderen von seinem Coiffeur Häme einstecken musste.

Dominik Kocher zog es von klein auf in den Sturm. Er sagt: «Ich hatte schon immer einen Drang nach vorne.» Bild: Peter Samuel Jaggi
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Moritz Bill

Niemand wird gerne einer Sache beraubt. Wird einem Stürmer ein von ihm erzieltes Tor fälschlicherweise einem anderen Spieler zugeschrieben, ist dies doppelt bitter. Schliesslich werden die Topskorer fast einzig und allein an dieser Währung gemessen. Da der Regionalfussball aber einem Amateur-Dasein ausgeliefert ist, kommen Fehler nun mal vor. Gerade in den tiefen Ligen liegen die Schiedsrichter beim Notieren der Torschützen öfters daneben oder führen diese nicht einmal auf.  

Dominik Kocher war vergangene Saison ein «Opfer» dieser Fahrlässigkeit. Oder man könnte auch behaupten, dass er schlicht zu viele Tore erzielt, als dass diese korrekt gezählt werden könnten. Der 3.-Liga-Stürmer des FC Ins schoss in einem Spiel vier Tore, diese wurden ihm aber allesamt aberkannt, beziehungsweise einem Mitspieler zugeschrieben, der nicht eben als Vollstrecker bekannt ist. «Das führte natürlich zu lustigen Sprüchen in der Garderobe», erzählt Kocher. Weniger amüsant ist der Fakt, dass er genau wegen diesen fehlenden Treffern den Titel in der Espace-Torjagd der «Berner Zeitung» verfehlte. Obwohl ihn Teamkollegen und Bekannte dazu rieten, intervenierte der 31-Jährige nicht bei den Verantwortlichen, um seine Ausbeute auf 34 Tore zu korrigieren. «Nein, das wäre mir peinlich gewesen», sagt Kocher.

Ahnsehnliche Trefferquote
Die Preisverleihung sei zwar eine schöne Sache, aber so wichtig sei ihm dieser Titel dann auch nicht. Zudem hatte er ihn vorletzte Saison bereits eingeheimst. 40 Tore in 22 Meisterschaftspartien erzielte Kocher damals. Eine ansehnliche Quote. Während der Saison 2014/15 hatte er sogar 44-mal eingenetzt. Für die Torschützenkrone der 3. Liga des Verbands Bern/Jura reichte dies aber erstaunlicherweise nicht. Slaven Savic vom FC Muri-Gümlingen brachte es sogar auf 45 Tore, womit er den 3.-Liga-Rekord egalisierte. «Das war ein spannender Zweikampf», sagt Kocher, der sich gerne an dieses Duell erinnert. Auch, weil er mit Savic befreundet ist und sich beide beim selben Coiffeur die Haare schneiden lassen. Dieser ist äusserst fussballinteressiert und zog seine beiden Topskorer-Kunden jeweils auf, wenn einer ein paar Tore weniger als der andere auf dem Konto vorzuweisen hatte.

Kochers persönlicher Rekord an Toren in einem Spiel liegt bei sieben. Also so viele, wie andere Spieler in zwei Saisons nicht zusammen bekommen. Viel habe mit dem Selbstvertrauen zu tun, ist sich Kocher sicher, und nennt die abgedroschene Fussballweisheit, die halt doch etwas Wahres hat: «Wenn es mal anhängt, geht quasi jeder Schuss rein. Und dann gibt es Phasen, in denen der Ball einfach nichts ins Tor will.» Wichtig sei in diesem Zusammenhang, vertane Chancen sofort zu vergessen, weil die Gedanken daran einem sonst vor dem nächsten Abschluss hindern würden. «Das musste ich lernen.»

Das Stürmergen im Blut
Das Toreschiessen liegt dem Inser schon seit Kindesalter. Zwar war er erst als Libero eingesetzt worden. Bald einmal rückte er aber ins Mittelfeld vor und landete schliesslich im Sturm. «Ich hatte schon immer einen Drang nach vorne. Auch wenn ich weiter hinten aufgestellt wurde, lief ich in den Angriff, um Tore zu schiessen.»

Seine Passion für den Fussball entdeckte Kocher früh. «Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass ich mit einem Fussball geboren wurde», sagt der Familienvater und lacht. In Ins in der Nähe des Fussballplatzes aufgewachsen, begann Kocher gegen einen Ball zu kicken, bevor er richtig laufen konnte. Später spielte er mit Kollegen tagelang. «Fussball war mein Ein und Alles.»

Diese Leidenschaft ist bis heute ungebrochen. Kocher weiss ausgiebig aus dem regionalen Fussball zu erzählen, kennt viele Akteure. «Fussball bereitet mir immer noch viel Freude. Das ist das einzige, was für mich zählt.» Wie andere Goalgetter wurde und wird auch er von anderen Vereinen mit einem offenen Portemonnaie umworben. Ambitionen, weiter oben zu spielen, hat Kocher jedoch nicht. «Mir gefällt es in Ins sehr gut. Das Team und der ganze Verein sind top aufgestellt.»

«Ich liebe diese Position»
Zudem hatte Kocher einst mit dem FC Bern in der interregionalen 2. Liga gespielt. Dann wechselte er aber freiwillig in die 2. Mannschaft (3. Liga), weil er das Heu mit dem damaligen Trainer nicht auf derselben Bühne hatte. Dieser stellte ihn als Flügel auf, woran der Vollblutstürmer keine Freude fand. Kein Wunder, er sagt: «Ich liebe die Position des Stürmers. Diese Challenge vor dem Torhüter oder der Zweikampf mit dem Verteidiger sind grossartig.» Dafür nimmt er auch die blauen Knöchel in Kauf, «das gehört halt dazu».

Heute spielt Kocher am liebsten mit einer hängenden Spitze. Ob er oder der andere Stürmer diese Position besetzt, sei ihm egal, «Hauptsache, wir stehen nicht auf derselben Höhe. Denn ich laufe gerne in die Schnittstellen. Dazu brauche ich Platz.»

Einen Platz in den Annalen des FCIns scheint Dominik Kocher jedenfalls wegen seiner vielen Tore gewiss. Daran können auch unachtsame Schiedsrichter nichts ändern.

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Zur Person

  • Name: Dominik Kocher
  • Alter: 31
  • Rückennummer: 9
  • Stationen Aktivfussball:  2004 - 2012: FC Bern, 2010 - heute: FC Ins
  • Beruf: Versicherungs- und   Vorsorgeberater
  • Wohnort: Ins
  • Zivilstand: verheiratet, drei, bald vier Kinder
  • Hobbys: Familie, Freunde, Wintersport bil