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2. Liga regional

Der grosse Zusammenschluss

Der FC Grünstern liegt dank des 1:0-Auswärtssiegs gegen Azzurri wieder über dem Strich. Die Italo-Bieler verpassen dafür den Sprung auf die Leaderposition. Drei Runden vor Schluss ist noch alles offen.

Der Befreiungsschlag: Torschütze Philippe Krüttli (3. von rechts) lässt sich von seinen Teamkollegen feiern. Bild: Matthias Käser

Moritz Bill

Spannender könnte die Ausgangslage drei Runden vor Saisonende kaum sein. Sowohl im Aufstiegsrennen wie auch im Abstiegskampf ist in den Partien am Wochenende alles andere als eine Vorentscheidung gefallen. Die teils unerwarteten Resultate führen zum grossen Zusammenschluss in der Tabelle. Der siebte und elfte Platz trennen gerade mal fünf Punkte. Und der sich vermeintlich auf zwei Mannschaften beschränkende Titelkampf hat sich auch wieder ausgedehnt. Denn die beiden siegreichen Seeländer Teams aus Nidau und Aarberg (siehe auch Texte unten) verkleinern den Rückstand auf Cornol und Azzurri. Die beiden Aufstiegskandidaten zeigten in ihren Spielen gegen Strichteams Nerven. Leader Cornol verlor gegen Schönbühl 1:2 und Azzurri verliess zuhause nach einem 0:1 gegen Grünstern den Rasen ohne Punkte.

Bei letzterem Rencontre sahen die Zuschauer auf der Champagne eine Defensivschlacht. Torszenen waren so selten wie Schnee im Mai. Gerade mal zwei richtige Torschüsse, und die jeweils darauffolgende Parade, gab es während den ersten 45 Minuten zu beklatschen. Rabbi Nsita für die Blauen und Mathurin Ndo Ze für die Grünen sorgten für die Lichtblicke in dieser offensiv tristen ersten Halbzeit.

 

«Katastrophale Offensive»
Das lag natürlich vor allem daran, dass beide Teams hinten saubere Arbeit verrichteten. Azzurri blockte Grünsterns hohe Bälle beinahe ausnahmslos ab. Auf der anderen Seite verriegelten die Ipsacher ihren Strafraum mit einem Schloss, dessen passender Schlüssel die Bieler während der ganzen Partie nie finden sollten. «Unsere Offensive war eine Katastrophe», sagte Azzurri-Trainer Roberto De Feo während der Matchanalyse, und wiederholte diese Aussage gleich mehrmals.

Die Erklärung dafür vermutete De Feo zwischen den Ohren seiner Spieler: eine Kopfsache. Mit der bereitgelegenen Chance zur Erklimmung des Leaderthrons sei man mental nicht zurechtgekommen. «Wir hatten Angst vor dem Gewinnen», sagte der Azzurri-Coach. Auch wenn das etwas gar philosophisch für Fussball klingen mag; ganz unrecht hatte er mit dieser Begründung nicht. Die Neuigkeit über Cornols Niederlage, die kurz vor dem Anpfiff auf der Champagne festgestanden hatte, machte im Zeitalter der mobilen Taschentelefone rasch die Runde. Dieses Wissen löste anscheinend mehr Hemmung als Antrieb aus.

 

Grünsterns Korrekturen
Auch im Lager der Ipsacher wusste man um den Ausgang dieser Partie, und den daraus resultierenden noch grösseren Siegesdruck, da Schönbühl ebenfalls um den Strich herumwandert. Doch im Gegensatz zu Azzurri konnte Grünstern scheinbar besser damit umgehen. Nach der Pause änderten die Gäste ihr offensives Konzept. Sie suchten den Weg vors gegnerische Tor nun in der Ebenheit anstatt in der Höhe und kreierten damit gleich mehrere vielversprechende Abschlussversuche. Dieser Angriffssturm – wenn man die Anzahl Offensivaktionen der ersten Halbzeit als Masseinheit bestimmt – flaute jedoch so plötzlich wieder ab, wie er aufgetaucht war. Da von den Hausherren nach vorne auch weiterhin nicht viel kam, herrschte auf dem Spielfeld nach einer gespielten Stunde quasi Stillstand – als ob der Match nur 60 Minuten dauern würde.

Zum Glück bewahrheite sich dann die alte Fussballweisheit, dass ein Tor dem Spiel gut tun würde. Nach Grünsterns 1:0 (siehe Infobox) war Azzurri gezwungen, für die Schlussviertelstunde die Defensive zu entblössen, was beidseitig für mehr Bewegung sorgte. Wirklich nahe kamen die Italo-Bieler dem Ausgleich aber nie.

 

«Nichts darauf einbilden»
«In der ersten Halbzeit hatten wir Mühe in den Zweikämpfen bekundet. Nach der Pause nahmen wir die Duelle besser an, was den Sieg nicht unverdient macht», sagte Timon Heuer. Der Grünstern-Captain bemerkte aber auch, dass in dieser ausgeglichenen Partie das Glück aufseiten seines Team war: «Für einmal. Wir haben in dieser Saison schon oft mit Pech verloren.» Heuer nennt die starke Moral innerhalb der Mannschaft als wichtigsten Grund, dass es in der Rückrunde besser läuft als zuvor. «In der Hinrunde verloren wir in Rückstand liegend oft den Kopf. Jetzt haben wir das besser im Griff und treten als Einheit auf. In dieser ausgeglichenen Liga ist das entscheidend.» Der Captain warnt, dass man sich auf diesen Sieg nichts einbilden dürfe, «es bleibt sehr eng. Jedes der verbleibenden Spiele ist wie ein Endspiel.» Kommt dazu, dass Grünstern schon morgen Abend im Berner Cup das Halbfinal-Derby gegen den FC Nidau bestreitet. «Klar sind wir mitten im Abstiegskampf. Aber das heisst nicht, dass wir diesen Match nicht ernst nehmen.»

Die Seeländer Zweitligisten duellieren sich im Cup und sind sowohl im Aufstiegsrennen wie auch im Abstiegskampf präsent. Wahrlich spannende Wochen im Regionalfussball stehen bevor.

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Die Szene

71 Minuten und ein paar Sekunden musste das Publikum warten, bis endlich das erste und einzige Tor Tatsache war. Dieses hatte sich angekündigt. Erst war Ndo Ze penaltyverdächtig im Strafraum zu Fall gekommen. Kurz darauf zwang Heuer mit einem Volley Azzurri-Goalie Florentino zu einer Glanzparade, ehe schliesslich der während der ersten Halbzeit für den verletzten De Almeida eingewechselte Krüttli den Nachschuss verwertete. Nichts für schwache Nerven. bil

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