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3. Liga

Grünsterns Etikettenschwindel

Weil sie die Gruppe wechseln wollte, tritt die erste Mannschaft der Ipsacher als Grünstern b an. «Das könnte sich letztlich als Eigentor erweisen», sagt Matthias Born, Trainer des nächsten Gegners.

Beim FC Grünstern wünscht man sich wieder 2.-Liga-Duelle – jedoch nicht zwingend bereits ab nächster Saison. Archivbild: Matthias Käser/Bieler Tagblatt

Michael Lehmann

Der Grünstern-Unterstützer ist verdutzt. Am vergangenen Samstag ist er nach Täuffelen gereist, um die erste Mannschaft der Ipsacher zu verfolgen. Als Stammbesucher merkt er aber sogleich: Da steht nicht das erste, sondern das zweite Team auf dem Feld. Hatte er sich vertan? Nein, auf dem Spielplan steht: Täuffelen - Grünstern a. Haben die etwa …? Schleunigst fährt er nach Ipsach zurück, wo die Partie von Grünstern b bereits begonnen hat. Und tatsächlich: Hier spielt die erste Mannschaft.

Beim FC Grünstern, der mit zwei Teams in der 3. Liga vertreten ist, hat man sich entschieden, die erste Mannschaft neu als Grünstern b auflaufen zu lassen. Ein kleiner Etikettenschwindel, dessen Grund offensichtlich scheint: Das Team wollte die Gruppe wechseln, weil es sich dort bessere Aufstiegschancen errechnet.

In der vergangenen Saison lagen die aufstiegswilligen Ipsacher nach der Hälfte aller Spiele auf dem zweiten Rang. Sie hatten allerdings fünf Punkte Rückstand auf das stark aufspielende Ins, das gleich nach dem coronabedingten Abbruch angekündigt hat, den Aufstieg in dieser Saison doch noch realisieren zu wollen. Auch gegen Verfolgerteams wie Täuffelen, Zollikofen oder Schüpfen hatte Grünstern seine liebe Mühe.

Mutmassung von Aegerten Brügg
Der Spielzug ist zwar regelkonform – Grünsten ist nicht der erste Klub, der die Möglichkeit des Gruppentausches nutzte –, hat aber natürlich auch Diskussionen ausgelöst. «In Ipsach denkt man offenbar, dass unsere Gruppe die schwächere ist», sagt Matthias Born, Trainer des SC Aegerten Brügg. Das, so räumt er ein, sei womöglich sogar der Fall. «Trotzdem könnte sich der Entscheid letztlich als Eigentor erweisen. Denn nun ist jedes Team doppelt motiviert, dem FC Grünstern zu zeigen, dass man in unserer Gruppe nicht einfach so zum Sieg spazieren kann.»

Ein Vorgeschmack haben die Ipsacher am Samstag erhalten. Beim Heimspiel gegen Diessbach/Dotzigen taten sie sich lange schwer und gewannen letztlich nur dank eines Elfmetertors von Alexandre Mathez mit 1:0.

Born kündigt an, dass Grünstern auch gegen Teams wie Pieterlen, Büren oder Aurore gefordert werden dürfte. «Wir werden ebenfalls alles daran setzen, dass die Ipsacher ohne Punkte nach Hause reisen», sagt der Trainer. Zum Aufeinandertreffen zwischen Borns Aegerten Brügg und dem FC Grünstern kommt es am Sonntagvormittag (10 Uhr).

Verneinung von Grünstern
Pascal Arni, der auf diese Saison hin Grünsterns erste Mannschaft zusammen mit Ralph Moser übernommen hat, blickt Borns Ankündigung gelassen entgegen. «Es war klar, dass der Gruppenwechsel Reaktionen auslösen wird», sagt er. Damit könnten sein Team und er jedoch umgehen.

Dass der Entscheid wegen der Aufstiegsabsichten des Klubs gefällt worden sei, könne er indes nicht bestätigen, sagt Arni. «Die Wechselmöglichkeit wurde mit beiden Teams besprochen. Viele Spieler wünschten sich nach zwei Jahren einen frischen Wind, neue Gegner, neue Plätze.» Ihm persönlich läge es fern, die Gruppe als schwächer einzuschätzen. Zudem gäbe es vom Verein keine Weisung, unbedingt den Aufstieg zu realisieren. «Klar wollen wir vorne mitspielen und mittelfristig in die 2. Liga zurückkehren. Das muss aber nicht unbedingt bereits nach dieser Saison geschehen», sagt der Trainer.

Diese doch überraschende Aussage hängt mit einem Philosophie-Wandel des Vereins zusammen. «Man hat mich geholt, weil ich einer bin, der auf Junge setzt», erklärt Arni. Statt etablierte 2.-Liga-Spieler von Konkurrenten abzuwerben, will Grünstern den eigenen Junioren eine Chance bieten. So hat Arni gleich vier der fünf Spieler, die in dieser Saison nicht mehr bei den A-Junioren spielen können, in die erste Mannschaft integriert. Ein Entscheid, der angesichts der zuletzt starken Leistungen der Junioren, nicht abwegig erscheint. «So wollen wir die Identifikation mit dem Verein langfristig sichern», sagt Arni.

Das dürfte auch dem Grünstern-Unterstützer gefallen, der nun weiss, wo er hinfahren muss, um die erste Mannschaft spielen zu sehen.

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Werden die Startsiege auswärts bestätigt?
Vier der fünf Zweitligisten aus dem Seeland sind mit einem Sieg in die neue Saison gestartet. Einzig Lyss musste sich gegen Besa geschlagen geben. Für das Team von David Meister folgt morgen bereits das nächste Derby: Um 17.30 Uhr wird das Duell gegen Azzurri auf dem Grien angepfiffen.

Ebenfalls morgen im Einsatz steht Aarberg, das sich nach dem 6:0-Sieg gegen Breitenrain Tabellenführer nennen darf. Kirchberg dürfte gegen Marco Aebischers Mannschaft jedoch mehr Widerstand leisten als die Stadtberner, die tags darauf Nidau empfangen.

Besa reist derweil in den Jura, wo es zum Duell mit dem ebenfalls siegreich gestarteten Ajoie-Monterri kommt.

Bei sämtlichen Spielansetzungen im Regionalfussball ist derzeit ein Fragezeichen anzufügen. Wegen Coronafällen sind zuletzt mehrere Partien verschoben worden.

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