Sie sind hier

Abo

2. Liga regional

Mehr Chancen, weniger Kaltblütigkeit

Der SV Lyss und US Boncourt haben sich am Samstag 1:1 unentschieden getrennt. Der Seeländer Aufsteiger zeigte zwar Fortschritte, sündigte aber er im Abschluss.

Start nach Mass: René Brack (1. Lyss-Spieler von links) bringt den SV Lyss in der 13. Minute per Kopf 1:0 in Führung. copyright: Patrick Weyeneth/BT

Moritz Bill

Nach dem Schlusspfiff machte sich rund um den SV Lyss vor allem eines breit: Zwiespältigkeit. So eben hatte der Seeländer Traditionsverein, der nächstes Jahr das 100-jährige Bestehen feiert, sein erstes 2.-Liga-Heimspiel seit 804 Tagen beendet – mit einem 1:1-Unentschieden gegen Boncourt. Einerseits zeigte man sich erfreut über den ersten Punktgewinn nach dem Wiederaufstieg. Andererseits haderte man, weil mehr drin gelegen wäre.
Die Rückkehr auf die grösste Bühne des regionalen Fussballs war eine Woche zuvor mit der 0:4-Niederlage in Courtételle gründlich missraten. In Anbetracht dessen war der Auftritt am Samstagabend eine «deutliche Leistungssteigerung», wie David Meister festhielt. Zudem gefiel dem Lyss-Trainer der «grosse Einsatz» seines Personals auf dem Spielfeld. Jedoch hätte es sich selbst um den Sieg gebracht, sagte Meister. «In ein paar Situationen müssen wir cleverer agieren.»

Im Stile eines Türstehers
Vor allem wegen einer Szene konnte der SV Lyss die Früchte seiner Arbeit nicht ernten. Einige Zuschauer hatten bereits den Weg von der Tribüne hinab zum Bratwurststand in Angriff genommen, als der Schiedsrichter anstatt zur Pause zu pfeifen auf den Elfmeterpunkt zeigte – und das völlig zu Recht. Der Lysser Innenverteidiger Patrick Wanner hatte den Strafraum im Stile eines Türstehers bewacht und den nicht erwünschten Gast in Form seines Gegenspielers hinausgeschubst. Anstatt mit einer 1:0-Führung liefen die Seeländer mit einem Remis in Richtung Garderobe, nachdem Boncourt-Captain Jim Bottelli den Penalty kaltblütig verwertet hatte.
Doch trotz dieses Gegentreffers hätten die Gastgeber in Vorsprung liegend in die Pause gehen müssen. Neben der defensiven Anfälligkeit war die unzureichende Chancenauswertung das entscheidendere Manko. Nach einer halben Stunde war Luca Loperfido aus einer Top-Position an Boncourt-Goalie Yoan Duval gescheitert, der ein paar Minuten später auch Marco Fischers Sololauf stoppte. Die Gäste aus dem Grenzort zu Frankreich zeigten im Angriff hingegen einen bescheidenen Auftritt. Nach dem Seitenwechsel kamen sie mit einer Ausnahme kurz vor Schluss zu keinen Tormöglichkeiten. Dafür nahm auf der anderen Seite das Klagen über die ausgelassenen Chancen auf und neben dem Feld zu (siehe auch Infobox links). Allein der wirblige Flügel Nishath Sathananthan hätte drei Tore erzielen müssen.

Erst auffällig, dann ausgelaugt
Selbstredend war der Lysser Coach damit unzufrieden, er sah aber auch das Positive. Im Auftaktmatch hatten sich die Lysser kaum Abschlussmöglichkeiten erspielt. «Jetzt müssen wir sie halt einfach noch verwerten.» Somit blieb René Brack der einzige Torschütze im Team des Aufsteigers. Der defensive Mittelfeldspieler hatte nach einem Eckball eingeköpft (13.) und zeigte auch sonst eine starke Partie. Seine Zuspiele führten mehrmals zu gefährlichen Aktionen vor dem gegnerischen Tor. Eine Viertelstunde vor Schluss war die Luft bei Brack jedoch so gut wie draussen. Die letzten beiden Saisons hatte er als Trainer des FC Pieterlen geamtet und die Fussballschuhe nur noch sporadisch geschnürt. «Mir fehlen noch der Spielrhythmus und die Schnellkraft. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich das bald bessern wird», sagte der 32-Jährige.
Weiter geht es für den SV Lyss am Samstag in Develier. Sofern die Seeländer ihren Fortschritt fortsetzen können, liegt im Jura sicherlich etwas drin. Falls nicht, werden die verschenkten zwei Punkte gegen Boncourt umso mehr schmerzen.

************************************

Die Szene
Das Geächze des Lysser Publikums über ausgelassene Torchancen der Kategorie «hundertprozentige» erreicht in der 52. Minute einen bis dahin nicht erreichten Spitzenpegel.
René Brack bringt den Ball von rechts flankend in den Fünf-Meter-Raum, wo zwei Lysser unerschrocken in Richtung Ball hechten.
Zuerst verpasst Luca Loperfido, was alleine für Lärm auf der Tribüne sorgt.
Doch eine halbe Sekunde später wird es noch lauter: Nishath Sathananthans Fussspitze verfehlt den Ball nur um eine Grasshalmbreite.
Und so rollt der Ball anstatt ins naheliegende Netz unberührt ins weitentfernte Seitenaus. bil

Nachrichten zu Regionalfussball »