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2. Liga regional

Wie junge Rennfahrer

Der FC Azzurri bleibt auch im zweiten Spiel nach dem Umbruch unbesiegt. Beim 2:2 gegen die US Boncourt zeigt das junge Team Potenzial, aber auch eine Problematik.

Torwart Pablo Molina ist einer der wenigen Routiniers des neuen FC Azzurri. Seine Vorderleute Gianluca Lopez (Nummer 22), Enea Merico (16) und Zana Eliassi (4) sind alle 17-jährig und damit gerade mal halb so alt wie er. copyright: Daniel Mueller/BT
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Moritz Bill

«Pas du tout!» Auf die Frage, ob sie denn nicht doch ein bisschen enttäuscht seien, dass ihr Team, der FC Azzurri, trotz Chancenplus nur einen Punkt aus dem Match gegen die bescheiden aufgetretene US Boncourt mitnimmt, antwortet das neue Trainergespann gleichzeitig und gleich energisch. Keineswegs, «weil wir der Mannschaft überhaupt keinen Druck auferlegen», sagt Fabio De Riccardis. Überhaupt nicht, «weil die Spieler sich amüsieren und Fortschritte erzielen sollen, das Resultat ist sekundär», sagt Giuseppe Romano. Aber, und darin sind sich die beiden Trainer ebenfalls einig, die Spieler seien sicher enttäuscht.

Wer verstehen will, weshalb die Coaches nach dem gestrigen 2:2 viel Lob und keine Kritik äussern, muss um die turbulenten Wochen wissen, die der Klub hinter sich hat. Interne Querelen gipfelten in einem Exodus sondergleichen: Nicht weniger als 18 Spieler folgten dem entlassenen Trainer Anderson Kor (das BT berichtete). Gegen Boncourt stehen noch zwei «Ehemalige» in der Startelf, den Rest bilden A-Junioren im Alter von 17 bis 19 Jahren und der Neuzugang im Tor, Pablo Molina (34).

Er trauert den vergebenen Tormöglichkeiten zwar nach, und ärgert sich ein wenig über die Effizienz der Jurassier (ein Penalty, ein Konter). Doch auch Molina findet viele lobende Worte für seine jungen Teamkameraden. «Sie hören auf uns Routiniers, sind motiviert und lernen schnell. Heute war schon deutlich weniger Nervosität im Spiel als letztes Mal.»

Die fehlende Erfahrung ist …
Eine Woche zuvor war der Neo-FC-Azzurri erstmals angetreten und holte in Develier sogleich drei Punkte. Dass es nicht zum zweiten Vollerfolg reicht, lässt sich vor allem mit der fehlenden Erfahrung erklären. Die vielen Zweitliga-Grünschnäbel erinnern an Nachwuchs-Rennfahrer: Sie haben das Zeugs, um ganz oben aufs Podest zu fahren. Doch fehlt es ihnen noch an Cleverness und Abgeklärtheit, um die Führung ins Ziel zu bringen. Das treffendste Beispiel: Nachdem Vicky Dadem die Blauen endlich zum vermeintlichen Sieg schiesst (siehe Box), gehen ein paar Minuten später in der Abwehr gleich zwei Jurassier komplett vergessen. Oder: In der Startphase spielt Sergio Makengo perfekt in die Tiefe auf David Pilloud, worauf dieser unter lautem Beifall des Publikums zu schnell den Abschluss sucht, anstatt sich den Ball besser zurechtzulegen. Es ist nicht die einzige Chance, die der 19-Jährige auslässt. Er zeigt dabei mit seinem Antritt und seiner Durchschlagskraft aber eben auch Potenzial auf; er ist quasi der neue Scott Mbemba, auf dessen Position er nun spielt.  

… ein Versprechen für die Zukunft
Ohnehin, dass die junge Equipe gegen ein erfahreneres Team wie Boncourt nicht nur mithält, sondern phasenweise dominiert, dürfte daran liegen, dass der Schritt vom Junioren- in den Aktivfussball intern ein nicht allzu grosser ist. Der Verein praktiziert ein einheitliches Spielsystem, das den Spielern von klein auf eingeimpft wird. «Sie verfügen alle über die Basis», sagt De Riccardis, «wir hoffen, dass sie die Zukunft der ersten Mannschaft bilden werden.» Und Molina, früher unter anderem Goalie des FC Biel in der Challenge League, meint: «In diesem jungen Alter schon Erfahrung in der 2. Liga sammeln zu können, ist für die weitere Entwicklung viel Wert.»

Zwei Spiele, vier Punkte – darauf lässt sich jedenfalls aufbauen. Jedoch trafen die Italobieler nach dem Umbruch noch nicht auf wirkliche Gradmesser. Dessen sind sich die Trainer bewusst. Am Samstag ist man beim Aufstiegsanwärter Besa zu Gast. Dabei gehe es vor allem darum, weiter an Erfahrung zuzulegen. Punkte erwartet niemand, «pas du tout!»

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Die Szene
Gross ist der Jubel nach Azzurris 2:1. Einerseits, weil der Treffer in der 86. Minute einer Erlösung nach ausgelassenen Chancen gleichkommt (unter anderem ein Pfostenschuss kurz zuvor). Andererseits, weil dem Tor eine glanzvolle Einzelleistung vorausgeht. Makengo schüttelt auf der rechten Seite nicht weniger als drei Gegenspieler ab, und der Captain tut dies mit einer wahnsinnigen Coolness. Dann passt er in die Mitte, wo Pilloud nur den Torhüter trifft, der Abpraller landet bei Dadem, der nur noch einzuschieben braucht. Weniger Stationen gehen dem ersten Tor voraus: Der Eckball des eingewechselten Caracciolo wird länger und länger und wird von Boncourts Gurba ins eigene Tor abgelenkt.   bil

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