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Namensvetter

Wenn Grenchen an der Sense und der Lütschine liegt

Der Ortsname Grenchen leitet sich vom lateinischen Begriff «Granica» für Scheune ab. Weil es quer durch das Land vielerorts Scheunen gibt, trägt diesen Namen nicht nur die Solothurner Uhrenstadt.

Im Gantrischgebiet gibt es einen weiteren Grenchenberg. Die Alp in der Nähe von Sangernboden liegt auf einer Höhe von 1546 Metern über Meer. flü

Hanspeter Flückiger

Grenchen ist nicht gleich Grenchen. Primär denkt man bei Grenchen an die im Kanton Solothurn gelegene 16 000-Seelenstadt. Doch diese hat einige Namensvettern.

Die Bewohner des zur Gemeinde Bösingen gehörenden Weilers Grenchen freuten sich kürzlich, dass mit dem Schreibenden jemand freiwillig in die nur wenige Häuser zählende Siedlung kam. Sonst sind es oft nur Verirrte, welche – vor allem nachts – durch das Navigationsgerät des Autos an die Sense statt die Aare (irre)geleitet werden.

Grenchen ist einer von über 20 Guts- und Bauernweilern, aus denen die Gemeinde Bösingen zusammengepuzzelt ist. Erst in den letzten gut 30 Jahren hat sich um das alte Dorf Bösingen eine eigentliche Dorfsiedlung mit neuen Wohn- und Industriequartieren entwickelt, erzählt der ortskundige Begleiter Markus Vonlanthen. Das Zentrum von Grenchen bildet ein Wegkreuz vor dem Dorfweiher. Von dort aus dauert es in alle Himmelsrichtungen auch zu Fuss nur wenige Minuten, bis man die Siedlungsgrenzen erreicht hat.

Der Weiler gehörte früher den Familien Hayo. Zum einen den «Fähnders». Sie trugen diesen Zunamen, weil Humbert (1743-1820) Landesfähnrich war. Andere Hayos wurden, weil diese den Salzhandel betrieben, die Salzmanns genannt. 1792 zog einer der Salzmanns, Joseph Hayo, nach Litzisdorf, einen der weiteren Weiler in Bösingen. Dessen Sohn Joseph Bartholomäus wurde später Staatsrat.

 

Grenchenberg in Guggisberg

Das nächste Grenchen ist nicht weit von Bösingen entfernt. Etwas mehr als zehn Kilometer entfernt, trägt in der Gemeinde St. Antoni eine Strasse den Namen Grenchen. Sie liegt nicht weit entfernt vom Weg auf den Grenchenberg. Nicht den auf den Jurahöhen, sondern im Gantrischgebiet. Die Alp liegt auf einer Höhe von 1546 Metern in der Nähe von Sangernboden, auf dem Gemeindegebiet von Guggisberg. Ohne zum Wandern geeignete Ausrüstung ist ein Aufstieg nicht ratsam.

Nicht nur, weil die Alp 200 Meter höher liegt als der Obergrenchenberg, auf den man über eine geteerte Strasse mit dem Bus hochfahren kann. Hier heisst es an der vom Gürbetal nach Fribourg führenden Strasse bei der Haltestelle Hengstsense aussteigen und die Bergschuhe schnüren. Eine Stunde braucht man schon, um die drei Kilometer und gut 300 Höhenmeter zu überwinden. Wer mit dem Privatfahrzeug kommt, kann bis zum Fahrverbot noch etwas weiter fahren, tut einem nicht geländegängigen Auto aber keinen Dienst.

Mehr oder weniger lang zu tippeln lohnt sich aber. Mit dem Hirtenpaar, Hund, Kühen, Rindern und Ziegen bevölkern während des Sommers über 250 Bewohner die Alp. 100 Tage bleiben sie hier, bevor anfangs September wieder die Alpabfahrt ansteht. Ein gutes halbes Dutzend Gebäude bilden mit Wohnhaus, Ställen und Unterständen eine kleine Siedlung.

Oberhalb der Alp liegt die Grenchengalm. Dieser auf 1885 Metern gelegene Pass ist Teil der Stockhornkette und verbindet das diesseitige Tal der Hengstsense mit dem Simmental. Laut Michel Corpataux von der lokalen Sektion des Schweizerischen Alpenclubs ist die Alp Grenchenberg im Sommer ein beliebtes Wanderziel. Im Winter ist sie ein Mekka für Hunderte von Skitourengängern, welche die umliegenden Gipfel von Alpiglemäre, Widdersgrind oder Schibe besteigen.

 

Grenchenstrasse im Oberland

Als nächstes stellt sich dem Ortsplanleser die Frage, wieso es in Wilderswil, im Berner Oberland, am Fuss der Schynigen Platte, eine Grenchenstrasse gibt. Es ist nicht, weil diese, wie in Arch oder Biel, in Richtung Grenchen führt. Oder besser gesagt, nicht mehr. Das am südlichen Dorfrand von Wilderswil gelegene Grenchenfeld zeugt davon, dass es dort einmal eine Siedlung gab, welche den Namen Grenchen trug.

Ueli Vögeli, Burgerrat von Wilderswil und Flurnamenkundler, ist mit der Geschichte der Dorfschaft Grenchen vertraut. Dokumentiert ist, dass Grenchen, zusammen mit Wilderswil und Mülinen, erst dem Edelgeschlecht der von Rothenfluhs gehörte. 1334 ging es in den Besitz des Klosters Interlaken über. Als sogenannte Gotteshausleute (Untertanen und/oder Leibeigene des Klosters) erhoben sich die Grenchner mit ihren Leidensgenossen aus dem ganzen Lütschental 1349 gegen das Kloster. Ohne Erfolg. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, die Leute hart gebüsst und zusätzlich gegenüber Bern heerfolgepflichtig (Pflicht, den Lehnsherrn im Kriegsfall militärisch zu unterstützen).

Wann und warum Grenchen unterging, ist nicht bekannt. Am Wahrscheinlichsten durch ein Hochwasser, begrenzen doch Lütschine und Saxetbach das Grenchenfeld. Heute stehen auf dem Grenchenfeld noch zehn Wohnhäuser, ein Gewerbe- und fünf Bauernbetriebe.

 

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Gränichen und Granges

Der Name der im unteren Wynental vor den Toren Aaraus gelegenen Gemeinde Gränichen leitet sich vom Begriff «Granica» für Kornspeicher/Scheune, später auch Meierei/Bauernhof ab. Das heute verwendete Gemeindewappen stellt einen dreimal schräglinks geteilten Schild in den Farben gelb und blau dar.

Bei dessen Gestaltung scheint den Gränichern das Wappen der Herren von Grenchen Pate gestanden zu haben. Die Chronik «Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten, Landen und Völckeren Chronick wirdiger Thaaten Beschreybung» von 1548 überliefert deren Wappen – schräg rechts geteilt – in den Farben Silber und Blau.

Während Walther Merz 1913 zu den Gemeindewappen des Kantons Aargau schreibt, im Wappenbuch des Staatsarchives Bern werde das Wappen der von Grenchen schrägrechts geteilt in den Farben rot und gelb wiedergegeben.

Grenchen heisst in französischer Sprache Granges. Dazu nennt das Historische Lexikon der Schweiz sechs Orte, welche diesen Begriff im Ortsnamen tragen: Granges/VS, Granges-près-Marnand/VD und im Kanton Fribourg Granges (Veveyse), Granges-de-Vesin, Granges-la-Battiaz und Granges-Paccot. flü

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