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Filmkritik

"Dune": Die Wüste bebt

Denis Villeneuve schafft mit der Neuverfilmung des Science-Fiction-Epos von Frank Herbert ein audiovisuelles Kino-Prunkstück. Die Handlung kommt dabei auch etwas besser weg als bei David Lynch vor 37 Jahren.

Paul Atreides (Timothée Chalamet) hat die Zukunft einer ganzen Galaxie in seinen Händen. 

von Roger Duft

Unverfilmbar – dieser Ausdruck wurde bereits für einige literarische Werke der Vergangenheit verwendet. In einigen Fällen ging eine Kinoadaption dann auch tatsächlich schief. Aus Sicht des Schreibenden griff etwa Steven Spielberg sowohl bei «War of The Worlds» wie auch «Minority Report» eher daneben.

Aber es kann auch gut gehen, wie etwa Jean-Jaques Annaud 1986 mit der Verfilmung von Umberto Ecos historischem Krimi-Wälzer «Der Name der Rose» bewies. Und auch Peter Jackson musste sich im Vorfeld oft anhören, dass sein Vorhaben, «The Lord of The Rings» von J. R. R. Tolkien auf die Leinwand zu bringen, zum Scheitern verurteilt sei. Die Erfolgsgeschichte der Trilogie, die anschliessend noch in drei «Hobbit»-Filmen weitergezogen wurde, spricht für sich.

Unverfilmbar sei auch «Dune», wurde oft gesagt. Die Romanreihe von Frank Herbert mit ihren ausladenden Welten und der ausufernden Charakterzeichnung all seiner komplexen Figuren galt als zu sperrig, zu wortlastig und zu sehr in der Gedankenwelt angesiedelt, die sich schlecht visuell umsetzen lässt. Schlicht nicht geeignet für das Kino.

Der chilenische Regisseur Alejandro Jodorowsky («El topo», «The Holy Mountain») versuchte es Mitte der 70er-Jahre als Erster vergeblich. Niemand geringerer als Salvador Dalì hätte eine Hauptrolle spielen, die Kultband Pink Floyd die Filmmusik beisteuern sollen. Das Projekt kam nie zustande. Immerhin: Ein Dokumentarfilm gibt Aufschluss darüber, woran Jodorowsky am Ende gescheitert ist: An allzu unterschiedlichen Vorstellungen in Hollywood, wie so etwas denn auszusehen hätte, um erfolgreich zu sein.

David Lynch hatte da schon mehr Glück. Der Regisseur hatte mit Filmen wie «The Elephant Man» oder «Eraserhead» bereits zwei beachtliche Werke geschaffen. Mit «Dune» versuchte sich Lynch nun an einem grossen, effekt-geladenen Weltraum-Epos. Und visuell kann der Film, obwohl er für Lynch, wenn man seine anderen Werke kennt, eigentlich viel zu gross und pompös ist, durchaus punkten.

Seinen Hang zur Exzentrik liess er in der Ausgestaltung einiger Charaktere ebenfalls durchblicken. Inhaltlich blieb seine Interpretation aber zu chaotisch, unausgegoren und am Ende zu simplifizierend, um als gelungene Verfilmung gelten zu dürfen. Da blieb einfach zu vieles zwischen den Zeilen liegen.

Nach einer TV-Miniserie, deren Erwähnung hier nur der Vollständigkeit halber erfolgen soll, nun also ein weiterer Anlauf, diesmal durch Denis Villeneuve. Mit «Arrival» und unlängst «Blade Runner 2049» bewies der kanadische Filmemacher eindrücklich, dass er das Genre des gross angelegten, bildgewaltigen Science-Fiction-Epos im Blut hat.

Das ist dann auch bereits von Beginn weg deutlich zu sehen – und zu hören. Wer den Film in einem Imax-Kino geniesst, könnte zwar vom immer wieder wechselnden Bildformat am Anfang vielleicht etwas irritiert sein, denn nicht alle Szenen wurden im Imax-Format gedreht. Aber schon bald geniesst man diese riesigen Planeten-Landschaften, Ausstattung, Kostüme und Stimmungen einfach nur noch.

Es sind eindrückliche, opulente Bilder, die lange im Gedächtnis bleiben und, wie einige Personen nach der Weltpremiere beim Filmfestival Venedig in den Sozialen Medien schrieben: Es ist tatsächlich so etwas wie ein Blick in die cineastische Zukunft des Blockbuster-Kinos.

Die Filmmusik von Hans Zimmer, die brummenden, donnernden Geräusche von Raumgleitern, Waffen und anderen Utensilien, tragen entscheidend zum audiovisuellen Gesamterlebnis bei. Und wenn dann die berühmten Sandwürmer zum ersten Mal in Erscheinung treten, erbebt nicht nur die Sandwüste auf der Leinwand, sondern, dank der hervorragenden Soundanlage, auch der Kinosaal.

Villeneuve muss sich vielleicht die Kritik gefallen lassen, dass sein Film etwas gar glattgebügelt daherkommt. Die Bilder sind oft fast klinisch sauber und ästhetisch, und wo Lynch mit seiner Exzentrik da und dort Farbtupfer setzte, verlässt sich Villeneuve lieber auf schnörkellose Gradlinigkeit bei fast all seinen Figuren und die ausgebleichte, stimmige Atmosphäre seines Werks.

Doch nun muss sie zweifelsohne kommen, die Frage, ob dem Beginn dieser umfassenden Saga diesmal eine adäquate Adaption spendiert wurde.

Die Geschichte erzählt vom jungen Paul Atreides (Timothée Chalamet, «Call Me By Your Name»), der mit seiner adligen Familie auf den Wüstenplaneten Arrakis reist, der die einzige Quelle des Spice ist, der wichtigsten und mächtigsten Substanz im ganzen Universum. Mehrere Planeten wollen die Herrschaft über das Spice, und es ist an Paul und seiner Gefolgschaft, mit Geschick, Politik, aber auch Kampfeslust und Mut dafür zu sorgen, dass das Spice, und damit die Zukunft einer ganzen Galaxie, nicht in die falschen Hände fällt.

Die Drehbuchautoren haben sich für eine etwas andere Variante der Erzählung entschieden. Ein Hinweis dafür ist der Titel. Da steht nämlich ganz klein «Part One» (Teil eins). Und so wird im vorliegenden Werk nicht die Geschichte des ganzen ersten Buchs erzählt.

Dies gibt der Handlung mehr Raum, sich zu entfalten und die Charaktere und ihre Bezüge sowie die Welten in denen sie sich bewegen, besser einzuführen. Am Ende ergibt dies zwar auch keine nur annähernd so tiefgründige Story wie im Buch, aber man verfolgt die Geschehnisse mit Spannung und wer den Kopf ein wenig bei der Sache hat, hat auch keine Mühe, der Handlung zu folgen.

Weniger ist offenbar bei «Dune» tatsächlich mehr, wie dieser Film beweist. Klar, es wird viele Stimmen geben, die das Buch immer noch um Planetenwelten besser finden werden, aber das ist wahrlich nichts Neues und darf kein Abstrich sein. Chalamet, der hier auf den Spuren von Kyle MacLachlan wandelt, der die Rolle des Paul 1984 spielte, macht seine Sache mindestens genau so gut, wenn auch nicht speziell herausragend.

Es sind vor allem die anderen Darstellerinnen und Darsteller, von Rebecca Ferguson über Stellan Skarsgård, Oscar Isaac und Charlotte Rampling bis hin zu Jason Momoa oder zur im ersten Teil noch etwas zu wenig zur Geltung kommenden Zendaya, die dank ihren spannenden Rollen das Ensemble erst so richtig hochkarätig machen.

Man darf gespannt sein, ob der Film die Erwartungen erfüllt, damit die Fortsetzung, auf die man sich nach dem Genuss dieses Werks durchaus freuen darf, ebenfalls entstehen kann. Verdient wäre es, denn Denis Villeneuve hat gezeigt, dass «Dune» vieles ist – aber nicht unverfilmbar.

Info: In den Kinos Apollo, Rex 1 und Bluecinema; auch in Grenchen und Lyss.

Die Bewertungen der BT-Filmkritikerinnen und BT-Filmkritiker:
Roger Duft **** (von 5 Sternen)

Mario Schnell *** (von 5 Sternen)
Dominic Schmid *** (von 5 Sternen)

 

Stichwörter: Filmkritik

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