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Filmkritik

"French Exit": Ohne Geld kein Leben

Michelle Pfeiffer spielt in der Rolle einer Frau, die ohne ihr Geld nicht mehr leben will, gross auf. Der Film hat starke Momente, ist im Ganzen aber zu lang und zäh geraten.

Stilvoll in den Abgrund: Francis (Michelle Pfeiffer), Malcolm (Lucas Hedges) und die Katze.

von Roger Duft

Es ist eine Binsenweisheit, dass Geld alleine nicht glücklich macht. Dass es aber auch umgekehrt sein kann, muss Francis (Michelle Pfeiffer), früher eine von Manhattans schillerndsten Figuren, bemerken, als ihr geerbtes Vermögen plötzlich zur Neige geht. Durch Verkäufe von Schmuck und Kunst kann sich Francis einen Notgroschen zusammenlegen und beschliesst kurzerhand, mit ihrem Sohn Malcolm (Lucas Hedges, «Manchester By The Sea», «Ben Is Back») und ihrer pechschwarzen Katze nach Paris zu ziehen. Malcolm muss dafür sogar seine Verlobte Susan (Imogen Poots) in New York zurücklassen, weil er es bis jetzt nicht geschafft hat, der Mutter sein Eheversprechen beizubringen.

«Mein Plan war, zu sterben, bevor das Geld ausgeht», sagt Francis einmal. Da das Schicksal sie in dieser Hinsicht im Stich gelassen hat, will sie ihren Abgang von der Bühne des Lebens nun selber in die Hand nehmen. Ist der Zaster aufgebraucht, will sich Francis das Leben nehmen. Bis es aber so weit ist, erleben Francis, Malcolm und einige weitere Zeitgenossen, die ins Leben der beiden treten, einige mehr oder weniger komische Eskapaden inmitten der Stadt der Liebe.

«French Exit» steht im Englischen für einen unauffälligen, oft spontanen Abgang ohne grosse Vorwarnung. Von daher passt der Titel perfekt auf die plötzliche Entscheidung der Protagonistin, sich aus dem Staub zu machen, bevor die früheren reichen «Freunde» Wind von ihrer finanziellen Misere bekommen. Der stilvoll bebilderte Film von Azazel Jacobs findet einige ziemlich witzige und nicht selten recht skurrile Momente in der Leidensgeschichte von Francis, die dem Publikum ein paar herzhafte Lacher entlocken dürften.

Das Ensemble ist bis in die kleinsten Nebenrollen hervorragend besetzt, aber es ist zweifelsohne Michelle Pfeiffer, die hier in Erinnerung bleiben wird. Sie gibt Francis als unterkühlte, vom Reichtum bestimmte Dame, der vom Pleitegeier die Lebensgrundlage entzogen wird. Ihr nuanciertes Spiel trägt viel zum Unterhaltungswert dieses Werks bei, das ansonsten leider nicht allzu viel zu bieten hat.

Das Drehbuch zu «French Exit» wurde von Patrick DeWitt nach dessen gleichnamigem Roman gleich selbst verfasst, was auf den ersten Blick als Glücksgriff empfunden werden kann. Allerdings wird bei der Betrachtung der Kino-Adaption rasch klar, dass ein Buchautor noch kein versierter Drehbuch-Verfasser sein muss. Vieles, ja zu vieles ist da zwischen den Zeilen liegen geblieben. So plätschert die Handlung oft arg schleppend vor sich hin und hangelt sich, manchmal schon fast ein bisschen flehend, von einem sehenswerten Moment zum nächsten. Die gesellschaftskritische Note in dem Stoff um eine Frau, die ihren Wert vordergründig über den schnöden Mammon definiert, schimmert zwar durch, ist aber in ihrer Ausgestaltung zu wenig ausgefeilt.

Und wenn die Geschichte da und dort dann sogar in übernatürliche Gefilde abdriftet, so mag das zwar im Moment recht gut funktionieren, ja sogar unterhalten. Am Ende lassen diese Szenen aber ein diffuses Gefühl zurück, was denn genau der Zweck dieser Ausflüchte gewesen sein soll in dieser sonst so realitätsbezogenen Handlung. Und wäre der Film 20 Minuten kürzer, hätte er an Inhalt wohl nicht viel eingebüsst, an Straffheit und Tempo aber definitiv gewonnen.

Und so bleibt die Erkenntnis, dass Michelle Pfeiffer – und da sind sich viele Kritikerinnen und Kritiker einig – hier zweifelsohne eine der besten Rollen ihrer Karriere spielt. Damit gelingt es ihr, zusammen mit ein paar starken Partnerinnen und Partnern an ihrer Seite, einen mittelmässigen Film immerhin leicht über den Durchschnitt zu heben.
Ansonsten ist «French Exit» selber aber nur knapp an der – zumindest sprichwörtlichen – Pleite vorbei geschrammt.

Info: Im Kino Lido 1, Biel. Nur 20.15 Uhr.

Die Bewertungen der BT-Filmkritikerinnen und BT-Filmkritiker:
Sven Weber *** (von 5 Sternen)
Roger Duft ** (von 5 Sternen)

Simon Dick ** (von 5 Sternen)
Mario Schnell ** (von 5 Sternen)

Stefan Rohrbach ** (von 5 Sternen)
 

Stichwörter: Filmkritik

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