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Volk soll erneut über Jura befinden

Der Berner Justizdirektor Christoph Neuhaus unterstützt eine erneute Abstimmung über die Jurafrage. Danach soll aber 30 Jahre auf Volksentscheide verzichtet werden.

Joel Weibel
Christoph Neuhaus (SVP) ist Mitglied der Juradelegation des Berner Regierungsrats. Zusammen mit seinen Amtskollegen Bernhard Pulver (Die Grünen) und Philippe Perrenoud (SP) verfolgt er die politische Entwicklung im Jura aus nächster Nähe. Der ehemalige SVP-Sekretär verfügt über ein starkes Netzwerk und gilt als basisnah.

Die Arbeit der Interjurassischen Versammlung (IJV) steht dabei besonders im Fokus von Neuhaus. Kürzlich gab der Politiker bekannt, dass die Berner Regierung den Jurassiern ein schönes Geschenk mache, indem sie als Ersatz für den scheidenden Präsidenten der IJV, Serge Sierro, abermals einen Nichtberner und Nichtjurassier als neuen Präsidenten akzeptiere. «Die Exekutive des Kantons Jura steht nämlich dieses Jahr im Wahlkampf», scherzt der Regierungsrat.

Nun hat Bern also wieder klein beigegeben, wobei Neuhaus allerdings betont, dass es sich um einen Entscheid der Tripartite-Kommission handle, um den Fortschritt der Juragespräche nicht zu beeinträchtigen. «Das letzte Wort ist nicht gesprochen», sagt Neuhaus. «Die IJV braucht jetzt eine auswärtige Persönlichkeit, die das Juraprojekt voll mitträgt.»

Meinung nicht geändert
Im Übrigen hat der Berner Regierungsrat seine Meinung zur Jurafrage nicht geändert: Von den beiden Varianten, die von der IJV vorgestellt wurden, unterstützt das Gremium den «Status quo plus» und äussert sich nach wie vor gegen ein neues Kantonsgebilde mit sechs Grossgemeinden.

Dennoch hat die Berner Kantonsregierung stets beteuert, dass sie am Ende der Beurteilung des Bernjurassischen Rats (BJR) folgen würde. Oder gilt das nur für die Durchführung einer möglichen Abstimmung?

Neuhaus unterstreicht jedenfalls die wichtige Rolle des BJR: «Man muss anerkennen, dass dieser Rat für die Belange des Berner Juras zuständig ist. Seine Akteure arbeiten am Puls der Region und nehmen die Stimmung in der Bevölkerung unmittelbar wahr. Deshalb ist der BJR am besten geeignet, der Regierung Lösungswege aufzuzeigen.»

«Entscheid akzeptieren»
Was ist nun mit der Abstimmung? «Wir bereiten derzeit Entscheide vor, die in den nächsten Monaten und Jahren fällig werden. Dabei betrachtet der Regierungsrat die Jurafrage nicht ohne die Stellung der Stadt Biel. Persönlich hätte ich nichts gegen eine Volksabstimmung über die Zukunft der Juraregion. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger müssen entscheiden, ob sie eine solche Befragung wünschen und über was sie abstimmen wollen.» Er würde den Entscheid der Bernjurassier in jedem Fall akzeptieren, denn schliesslich sei er Demokrat, erklärt der Berner Justizdirektor weiter.

Die Kantonsregierung hat sich wie gesagt ihre Meinung gemacht. Sie unterstützt den «Status quo plus». «Die Wahl dieser Variante erfolgte im Rat einstimmig», sagt Neuhaus. Aber was wäre, wenn sich der BJR plötzlich für die Schaffung eines neuen Kantons mit sechs Gemeinden stark machen würde? Die Möglichkeit einer solchen Wende bringt den Justizdirektor nicht aus der Fassung: «Vergessen wir nicht, dass am Ende das Volk entscheiden wird.»

Damit bestätigt Neuhaus zumindest indirekt, dass er mit einer Abstimmung rechnet: «Einige drängen schon jetzt an die Urnen, aber ich weiss ganz genau, wie die Bernjurassier entscheiden werden», gibt sich der Regierungsrat zuversichtlich.

Klare Bedingungen
Auch wenn er die Idee einer Jura-Abstimmung begrüsst, knüpft Neuhaus ein solches Plebiszit an eine klare Bedingung: Nach der Abstimmung soll ein Moratorium von 30 Jahren gelten. Eine Generation soll heranwachsen, bevor ein weiterer Abstimmungsgang über die Zukunft der Juraregion befinden kann.

Biel verlangt einen Beobachterstatus innerhalb der IJV. Zum Sonderfall der Seelandmetropole äussert er sich bedeckt. Schliesslich hatte er anlässlich der Fussball-Europameisterschaft 2008 als Kommunikationschef des Bundes mit den Medien zu tun. «Die betroffenen Personen werden sich äussern. Ich finde aber, dass die Zukunft der vielen Tausend Bielerinnen und Bieler ein wichtiges Anliegen bleiben sollte. Daher ist die Jurafrage mit Biel verwoben.»

Biels Rolle in der Jurafrage
Der Gemeinderat von Biel setzt alles daran, die Zweisprachigkeit Biels zu garantieren. Dies schreibt die Bieler Exekutive als Antwort auf eine Interpellation von Stadtrat Cédric Némitz (PSR). Némitz hatte nach der Rolle Biels im Jurabogen gefragt und wollte wissen, wie sich Biel zur Idee eines Kantons Arc Jurassien stellt, der aus den Kantonen Jura, Neuenburg und dem Berner Jura sowie Biel bestehen könnte.

Der Gemeinderat hält dazu ausdrücklich fest, dass Biel «Teil eines zweisprachigen Kantons sein muss», wie auch Stadtpräsident Hans Stöckli auf Nachfrage festhält. Da der Kanton Arc Jurassien vorwiegend frankophon angedacht ist, «dürfte die Gewährleistung der Zweisprachigkeit einen der Hauptknackpunkte für die Integration Biels darstellen», wie es in der Antwort auf die Interpellation heisst. Deswegen und auch wegen eines möglichen vergrösserten Kantons Jura möchte Stöckli verfassungsmässig festhalten, «dass bei jedem Ausgang der Abstimmung die vitalen Interessen der zweisprachigen Region Biel berücksichtigt werden.» Für die Ruhe in der Jurafrage hält Stöckli zudem ein Moratorium für berechtigt.

Stichwörter: Biel & Region