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Massnahmenkatalog

Fachstelle Integration hat an Bedeutung gewonnen

Gestern stellte Sozial- und Sicherheitsdirektor Beat Feurer zusammen mit der Integrationsdelegierten Tamara Iskra 21 Massnahmen vor, welche der Integration von Migranten förderlich sein sollen. Weil wenig Geld zur Verfügung stand, kam die Kreativität zum Tragen.

Gemeinderat Beat Feurer und Integrationsdelegierte Tamara Iskra. copyright:retoprobst/bielertagblatt

von Lino Schaeren
Die Delegierte der Stadt Biel für Integration, Tamara Iskra, hat gestern zusammen mit Sozial- und Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP) 21 Massnahmen präsentiert, die der Integration von Migrantinnen und Migranten dienlich sein sollen. Die Massnahmen basieren auf den Stossrichtungen des Integrationskonzepts, welches der Bieler Gemeinderat bereits im Juni 2015 verabschiedet hat.
Die nun präsentierten Massnahmen hat die Exekutive im Januar genehmigt, allerdings waren Iskra bis im vergangenen Monat die Hände gebunden, da bis zur Genehmigung des Budgets 2106 im zweiten Anlauf durch die Bieler Stimmberechtigten die finanzielle Grundlage fehlte.
Gestern wirkte Iskra erleichtert. Jetzt hat sie grünes Licht für jene 21 Massnahmen, die der Gemeinderat aus den 74 ihm vorgelegten priorisierte. Bis in zwei Jahren, so Iskra, sollen alle in die Wege geleitet, im besten Fall bereits umgesetzt sein.
 

Nicht nur neue Projekte
Das Bieler Integrationskonzept basiert analog zu den Integrationsprogrammen von Bund und Kanton auf den drei Handlungsfeldern Information und Beratung, Bildung und Arbeit sowie Verständigung und gesellschaftliche Integration und soll diese ergänzen (das BT berichtete). So hat der Gemeinderat denn auch die verabschiedeten Massnahmen entsprechend den drei Kategorien zugeordnet.
 Priorität geniesst nun etwa, dass die Informationen, welche neuzuziehenden Migrantinnen und Migranten im Erstgespräch mitgegeben werden, neu aufbereitet werden. «Wir wollen das nötige Wissen in neuer, einfacherer Form weitergeben», sagte Iskra gestern. «Menschen mit Migrationshintergrund sollen dadurch befähigt werden, unsere Gesetze und unsere Rahmenbedingungen zu verstehen und zu akzeptieren», ergänzte Feurer.
Eine der grössten Herausforderungen sei tatsächlich, die Migrantinnen und Migranten überhaupt zu erreichen. Schriftliche Unterlagen, etwa Merkblätter, auszuhändigen, mache wenig Sinn, sagte Iskra. Man müsse die Neuzuzüger und jene, die in Biel nicht integriert sind, mit konkreten Angeboten angehen.
Dabei sollen in Zukunft vermehrt «Schlüsselpersonen» dienlich sein. Die «Schlüsselpersonen» sind Migranten, welche ausgebildet werden, um in ihren jeweiligen Gesellschaften in Biel die Integration zu fördern. «Die Migranten sind bessere Sprachrohre, als wenn die Behörde anklopft», glaubt Feurer. Tatsächlich ist die Idee, die im Massnahmenkatalog oberste Priorität geniesst, nicht neu.
Beim Projekt «Femmes Tische» ist die Zielsetzung dieselbe. Das Programm gibt es seit zehn Jahren, jährlich werden 20 Migrantinnen in Kommunikationstechnik und in Themen wie Schulsystem oder Sozialversicherungen ausgebildet. Sie organisieren dann Runde Tische und geben das Wissen an andere Migrantinnen weiter. «Mit ‹Femmes Tische› erreichen wir aber noch zu wenige Personen», begründet Iskra, dass das Angebot nun ausgebaut werden soll. Künftig werden nicht mehr nur Frauen als «Schlüsselpersonen Integration» ausgebildet.
 

Stadträte sollen einspringen
Einen neuen Weg geht Iskra künftig, wenn es darum geht, Migrantinnen und Migranten beim Einstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Mitarbeiter der Stadtverwaltung und die Bieler Stadträte sollen als Mentoren ihre Erfahrung und ihr Netzwerk zur Verfügung stellen. Und das ehrenamtlich. Zumindest die Parlamentarier wurden darüber noch nicht inKenntnis gesetzt. «Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Politiker diesem Vorschlag ablehnend gegenüberstehen», so die Integrationsdelegierte. Schliesslich seien es eben jene Politiker, die auf Sparmassnahmen pochten.
Für die Integrationsprojekte stehen Iskra jährlich 50 000 Franken an Projektgeldern zur Verfügung. Sie stand also vor der Herausforderung, nicht nur Projekte, die sich schnell umsetzen lassen aufzugleisen, sondern auch solche, die nicht viel kosten. Voraussetzung war deshalb, dass nur bereits bestehende Strukturen infrage kamen. Für die Umsetzung der Massnahmen wird Iskra künftig Verstärkung durch eine Fachmitarbeiterin erhalten. Die Fachstelle Integration, sie hat an Bedeutung gewonnen.
 

Kaum Sanktionsmöglichkeiten
Die 21 vom Gemeinderat verabschiedeten Massnahmen haben vor allem eines gemein: Sie setzen die Bereitschaft der Migrantinnen und Migranten zur Integration in die hiesige Gesellschaft voraus. Das «Fordern» von «Fördern und Fordern», das im Integrationskonzept auftaucht, beschränkt sich also darauf, dass sich die Betroffenen für die entsprechenden Programme interessieren müssen. Ist dies nicht der Fall, gibt es kaum Sanktionsmöglichkeiten. «Dazu fehlt uns im Kanton Bern schlicht die Rechtsgrundlage», sagte Thomas Michel, Leiter der Abteilung Soziales der Stadt Biel.
Zwar kann über die Sozialhilfe und den Aufenthaltsstatus ein gewisser Druck auf Ausländerinnen und Ausländer ausgeübt werden, die nicht integrationswillig sind. Doch ist längst nicht die ganze ausländische Bevölkerung (der Anteil liegt bei rund 31 Prozent) in Biel von der Sozialhilfe abhängig.
Dass Sanktionsmöglichkeiten zu weiten Teilen fehlen, beurteilt Iskra als nicht weiter schlimm. Die allermeisten Migrantinnen und Migranten würden mit grossem Interesse reagieren, wenn man sie erst einmal habe erreichen können. Und die Erreichbarkeit glaubt sie mit denMassnahmen verbessern zu können. Einen ersten Erfolg kann sie verbuchen: Das Kindersprachhaus findet Anklang. Hier lernen ausländische Kinder vor dem Eingeschultwerden entweder Deutsch oder Französisch. Der Gemeinderat verabschiedete das Kindersprachhaus bereits im vergangenen Dezember als vorgezogene Massnahme.

Kommentare

Liberty

Zahlen tut ja einmal mehr der Bürger und Steuerzahler.


Biennensis

Weiter so - es kommt gut an!


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