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Abu Ramadan

Am helllichten Tage übersetzt

Die «Weltwoche» schlägt sich im Streit um die richtige Übersetzung auf die Seite Abu Ramadans. Allerdings nimmt sie es selber nicht so genau, wenn es um Nidau geht.

Symbolbild: bt/a

«In den Mund gelegt»: So betitelte die «Weltwoche» einen gestern publizierten Text, der von der Kontroverse um die Worte des Nidauer Hasspredigers Abu Ramadan handelt. Die «explosiven Wortlaut-Zitate» seien «konstruiert, wenn nicht erfunden», schreibt die Wochenzeitung an die Adresse von Kurt Pelda, der die Geschichte letzte Woche in «Tages-Anzeiger» und «Bund» publizierte. Nachdem sich Abu Ramadan dort selber verteidigen konnte, erhält er nun zumindest in der Übersetzungskontroverse Schützenhilfe von unerwarteter Seite. «Recherchen von Philipp Gut und Michael Baumann» zeigten laut «Weltwoche», dass er das Wort «zerstören» oder «vernichten» im erwähnten Zusammenhang gar nie gebraucht habe. Ob diese «Recherchen» mehr beinhalteten als die Lektüre der im Text erwähnten Stellungnahme des Islamischen Zentralrats, wird allerdings nicht klar.

Kurt Pelda und Thomas Knellwolf konterten selbentags, dass drei Übersetzern unabhängig der Text der ganzen Predigt zur Verfügung gestanden habe und nicht nur die nun kritisierten Passagen. Angelpunkt sei das Verb «sich annehmen», so Pelda, und dieses könne im Kontext nur als etwas Negatives verstanden werden. Ein weiteres Gutachten eines arabischen Experten stützt diese Sicht, und auch Islamkennerin Saïda Keller-Messahli sagt im BT-Samstagsinterview, das morgen erscheint, mit der Wahl der Textstellen werde Abu Ramadans Weltsicht überaus klar.

Die «Weltwoche»-Kollegenschelte erstaunt insofern, als dass Chefredaktor und Verleger Roger Köppel letzte Woche in seinem Editorial («Der Bieler Sozialhilfe-Islamist und das gellende Schweigen der Linken») ein blumig-düsteres Bild der Zustände in Nidau zeichnete: «Die illegalen Migranten, meistens aus Afrika oder aus dem Osten, viele Muslime, schmeissen ihren Abfall aus den Fenstern auf die Strasse oder neben Spielplätze, die mittlerweile mit Zäunen und Bretterverschlägen hermetisch abgeriegelt werden müssen.» Mehr noch: Ein «Schweizer Anwohner» sei «auf einer Einbahnstrasse des Problemviertels von einem schwerbewaffneten Ausländer am helllichten Tag mit einem Gewehr unter Feuer genommen» worden. Der Schütze habe «nach seiner Verhaftung» lapidar erklärt, «er habe den Schweizer halt mit einem anderen verwechselt». Die Quellenlage ist jedoch unsicher: «Einer hat von einem gehört», schreibt Köppel zu Beginn des Abschnitts.

Doch jetzt zeigen Recherchen des «Bieler Tagblatts» (Durchforsten der Polizeimeldungen und eine Anfrage bei der Kantonspolizei): Der Vorfall hat sich höchstwahrscheinlich so nicht ereignet. In Nidau passiert im Lauf der Jahre zwar so einiges, eine Schiesserei samt anschliessender Verhaftung war allerdings nicht darunter. Die Kantonspolizei teilt abschliessend mit: «Nach umfangreichen Abklärungen kann ich Ihnen mitteilen, dass uns ein solcher Fall, wie beschrieben, nicht bekannt ist.» tg

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