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Mein Montag

«Am liebsten fahre ich die Drei-Seen-Route im Herbst»

Carole Mischler leitet die Malereiabteilung der BSG und absolviert die Ausbildung zur Schiffsführerin. Den Winter verbringt sie in der Werkstatt, den Sommer auf dem See – diese Kombination findet sie perfekt.

Carole Mischler auf der «Chasseral»: «Ich würde gerne wieder mehr fahren.» Yann Staffelbach
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Aufgezeichnet: Sarah Grandjean

Seit ich acht Jahre alt war, wusste ich, dass ich Malerin werden wollte. Alle aus meiner Familie haben einen handwerklichen Beruf, deshalb war für mich klar, dass ich nicht ins Büro gehen würde. Ich ging also schnuppern und der Job hat mir auf Anhieb gefallen. Ich komme ursprünglich aus Bonfol im Jura und habe die dreijährige Malerinnenlehre in Porrentruy gemacht. Mir gefällt es, aus alten Dingen neue zu machen, ihnen ein neues Leben zu geben.
Nach der Lehre wollte ich Deutsch lernen. Über Umwege bin ich in einem Restaurant in Aspi gelandet, wo ich zweieinhalb Jahre lang im Service gearbeitet habe. Wegen der unregelmässigen Arbeitszeiten habe ich dann wieder den Job gewechselt und in Biel bei einem Maler gearbeitet. Dabei habe ich gemerkt, dass mir der Kontakt zu den Menschen fehlte. Malerin ist ein sehr schöner Job, aber ich mochte eben auch das Servieren. Ich habe mir eine Kombination aus beidem gewünscht. Dann habe ich eine Stelle bei der Bielersee-Schifffahrts-Gesellschaft (BSG) ausgeschrieben gesehen. Sie suchten eine zweisprachige Malerin zwischen 25 und 35 Jahren – also genau mich. Es hat perfekt gepasst. Nun bin ich seit April 2017 hier.
Im Winter sind wir Maler, im Sommer sind wir unter Leuten. Von Oktober bis März arbeiten wir jeweils in der Werkstatt, die in Nidau neben dem Restaurant Péniche liegt. Dort ist das Material der Schreinerei und Malerei gelagert, das Schiff ist aber immer im Freien auf der Slipanlage. Letztes Jahr wurde ich zur Leiterin der Malereiabteilung befördert. Bei der BSG als Malerin zu arbeiten ist etwas anderes, als was man sich vielleicht vorstellt. Man kennt ja vor allem die Baumaler, die Fassaden und Wohnungen streichen, das habe ich während meiner Lehre auch gemacht.Bei der BSG ziehen wir pro Jahr zwei Schiffe mit der Slipanlage aus dem Wasser und machen einen neuen Farbaufbau. Jedes Schiff kommt alle vier Jahre dran, diesen Winter waren es die Rousseau und die Petersinsel. Wenn es regnet, arbeiten wir vor allem im Innern des Schiffs. Wenn wir mal unbedingt etwas fertig machen müssen, aber das Wetter überhaupt nicht passt, mieten wir ein Zelt. Unsere Hauptarbeit besteht darin, den Schiffskörper gegen Rost zu konservieren. Wir streichen vor allem jenen Teil des Schiffs neu, der unter Wasser liegt. Das meiste von dem, was wir machen, sehen die Leute gar nicht. Aber wir Maler haben Freude an unserer Arbeit. Wir wissen, das Schiff ist sicher, da es nirgendwo rostet. Hin und wieder machen wir auch aussen am Schiff etwas, es gibt immer etwas zu tun. Im Winter 2019 haben wir zum Beispiel die Siesta komplett neu gestrichen. Für die Innenräume sind vor allem die Schreiner zuständig.
Im Sommer arbeiten wir auf dem Schiff. Begonnen habe ich als Leichtmatrosin, danach wurde ich Matrosin. Als Stellvertreterin des Fahrers hat man etwas mehr Verantwortung denn als Leichtmatrosin. Inzwischen bin ich Anwärterin Schiffsführerin. Eigentlich hätte ich im März die Theorieprüfung machen sollen, doch wegen Corona ist alles etwas anders. Nun kann ich die Theorieprüfung erst im März des nächsten Jahres machen und im folgenden Sommer dann die praktische. Im Moment arbeite ich vor allem als Leichtmatrosin oder Matrosin. Hin und wieder steuere ich zusammen mit einem Ausbilder das Schiff, man kann sich das vorstellen wie in der Fahrschule. Allerdings kommt das nur selten vor, weil wir im Moment einen reduzierten Fahrplan haben. Seit Anfang April fahren wir an Wochenenden und an Feiertagen die Bielersee-Route. Ab Samstag machen wir dann auch die Aare- und die Drei-Seen-Route wieder. Am liebsten fahre ich die Drei-Seen-Route im Herbst. Ich mag es, wenn die Bäume kahl sind und die Blätter bunt. Aber die Aare-Route ist dann auch sehr schön. Und den Frühling mag ich auch, wenn alles wieder grün wird.
Ich kann nicht sagen, ob ich lieber in der Werkstatt oder lieber auf dem See bin. Ich mache einfach beides gerne. Im Frühling denke ich: Endlich wieder aufs Schiff. Und am Ende der Saison denke ich: Endlich wieder in die Werkstatt. Langweilig wird mir nie, es ist ein abwechslungsreicher Job und als Malerin hat man sowieso immer viel Arbeit.
Im Sommer kommt Freizeit normalerweise etwas kurz. Wenn wir voll fahren, haben wir nur einen Tag in der Woche frei. Dieses Jahr ist aber alles etwas anders, ich habe sonst nie so viel frei. Ich gehe sehr gerne laufen oder mit Freunden zum Grillieren an den See. Ich geniesse das, aber ich würde gerne wieder mehr fahren. Ich glaube, das geht allen bei der BSG so, denn wir mögen unseren Job sehr.
Ich finde die Situation auch für die Gäste schwierig. Wenn sie Ferien haben und gerne eine Schifffahrt unternehmen würden, ist das bis aufs Wochenende gar nicht möglich. Ich glaube, zum Teil schreckt sie auch die Maskenpflicht auf dem Schiff ab. Sie haben zwar Verständnis, aber es ist schon komisch, draussen an der frischen Luft eine Maske tragen zu müssen. Wir dürfen auf dem Schiff auch keine Take-Away-Angebote machen. Viele Gäste fragen uns, ob sie denn nicht mal einen Kaffee trinken können. Dass wir kein Essen verkaufen, verstehen sie. Aber ein Glas Wein oder eine Glace gehört für viele einfach dazu. Ich denke aber, wer wirklich aufs Schiff will, kommt trotzdem. Vorletztes Wochenende zum Beispiel hatten wir sehr viele Gäste. Das hat Spass gemacht, sie hatten Freude, wieder da zu sein. Und wir fahren schliesslich, um den Leuten eine Freude zu bereiten.

Stichwörter: Montag, BSG, Schiff

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