Sie sind hier

Abo

Budget 2019

Ausgeglichenes Budget – bei wachsenden Schulden

Die Stadt präsentiert das vierte ausgeglichene Budget in Serie. Um investieren zu können, muss aber erneut viel Fremdkapital her.

Frédéric Ryser, Leiter der Abteilung Finanzen, präsentierte erstmals ein Bieler Budget. copyright:linoschaeren/bielertagblatt

Lino Schaeren

Biel soll auch das Jahr 2019 in den schwarzen Zahlen abschliessen: Finanzdirektorin Silvia Steidle (PRR) hat gestern einen ausgeglichenen Voranschlag für das kommende Jahr präsentiert. Er sieht einen Gewinn von 300 000 Franken vor, allerdings nach der Entnahme von 2,8 Millionen aus der Spezialfinanzierung «Buchgewinne Liegenschaften im Finanzvermögen». Trotzdem zeigt sich Steidle zufrieden, es sei ein «gutes Budget», eines, das nicht aus der Reihe seiner Vorgänger tanze.

Tatsächlich ist es das vierte ausgeglichene Budget infolge, das die Finanzdirektorin präsentieren kann. Die Voranschläge 2017 und 2018 fanden beim Volk eine Zustimmung von über 80 Prozent und auch derenVorgängerin, das Budget 2016 mit einer Erhöhung der Steueranlage auf 1.63, wurde deutlich angenommen – allerdings erst im zweiten Anlauf. Da seither alle Budgets auf dem Voranschlag 2016 aufbauen und daher ohne grundlegende Anpassungen daherkommen, geht Steidle, wohl nicht zu Unrecht, davon aus, dass auch das städtische Budget 2019 einigermassen glatt durchkommen könnte.

 

«Kontrollieren die Schulden»
Dabei lässt sich aber nicht ausblenden, dass sich die finanzielle Situation der zweitgrössten Stadt im Kanton auch 2019 trotz eines budgetierten kleinen Gewinns nicht entspannen wird. Um die geplanten Investitionen von rund 40 Millionen Franken tätigen zu können, muss Biel erneut viel Fremdkapital aufnehmen. Das Budget sieht für das kommende Jahr lediglich liquide Mittel von sieben Millionen Franken vor, was zwar mehr ist als zuletzt, aber dennoch nur einem Selbstfinanzierungsgrad von 17 Prozent entspricht. Oder anders ausgedrückt: Der Stadt bleiben vom erzielten Ertrag Ende Jahr nur 1,8 Prozent für die geplanten Investitionen. Deshalb müssen erneut Drittmittel her, die dann zu einem guten Teil in den Schulraum gesteckt werden.

Die Schulden Biels werden deshalb bis Ende 2019 auf voraussichtlich 835 Millionen Franken anwachsen. Und das Fremdkapital wächst wegen des tiefen Selbstfinanzierungsgrads bei den Investitionen scheinbar unaufhaltsam, nach städtischen Prognosen sollten die Schulden bereits im Jahr 2021 die Marke von 900 Millionen übersteigen (siehe auch Grafik).

Frédéric Ryser, Leiter der Abteilung Finanzen, lässt sich dadurch nicht beunruhigen. «Wir versuchen, die Verschuldung zu kontrollieren», sagt er, was auch ganz gut gelinge. Nur maximal 25 Prozent der städtischen Darlehen seien kurzfristig, die restlichen mittel- und langfristig. Zwar könne man derzeit dank den Negativzinsen mit kurzfristigen Darlehen sogar Geld verdienen, die Stadt ändere ihre Praxis deswegen aber nicht, «wir spekulieren nicht, ge-hen kein Risiko ein», sagt Ryser.

Er hat seinen Posten an der Spitze der Finanzabteilung Biels erst im vergangenen Mai angetreten. Zuvor hatte er beim Energie Service Biel (ESB) die Finanzen unter sich. Auf die Notwendigkeit angesprochen, weitere Schulden anzuhäufen, sagt Ryser: «Es ist wie in der Privatindustrie – wer nicht investiert, der stirbt.»

Er kritisiert damit die Investitionspolitik der Stadt zwischen 2000 und 2008, als zu wenig investiert worden sei, weshalb nun der Investitionsstau überhaupt erst ausgebügelt werden müsse. Die derzeitige Verschuldung Biels von rund 800 Millionen sieht Ryser nicht zwingend als Damoklesschwert über der Stadt, ganz im Gegensatz zur Steuerpolitik von Bund und Kanton, die der Stadt die Mittel weiter kürzen würde. Man nutze derzeit einfach die niedrigen Fremdkapitalzinsen, um dringende Investitionen zu tätigen.

Laut Steidle steigen die städtischen Abschreibungen durch die zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital pro Jahr um eine bis zwei Millionen Franken. Gleichzeitig zahlt Biel auf seine Schulden derzeit durchschnittlich einen Zinssatz von nur 2,2 Prozent. Im Jahr 2018 wird die Stadt deshalb voraussichtlich 17,8 Millionen Zinsen bezahlen, was 3,5 Prozent der Einnahmen entspricht. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es bei 550 Millionen Franken Schulden noch 25,3 Millionen Schuldzinsen. Dies allerdings bei einem Zinssatz von damals 4,6 Prozent. Das verdeutlicht: Steigt der Zinssatz dereinst wieder konstant an, wird die Schuldenlast für Biel zum grossen Problem. Davon geht man bei der Stadt derzeit aber nicht aus. Bis 2021 sollen die Zinsen auf den städtischen Schulden nach Prognosen Biels sogar noch weiter sinken, auch wenn Ryser einräumt, «dass es danach wohl wieder etwas aufwärtsgehen wird».

 

Schuldenbremse gefordert
Steilde ist überzeugt: In zehn bis 15 Jahren wird Biel von der heutigen Investitionspolitik in Form von höheren Einnahmen profitieren. Biel investiere in die öffentliche Infrastruktur und werde dadurch attraktiver, mit dem Ziel, mehr potente Steuerzahler, Firmen und Investoren anzulocken. «Wir investieren, gehen gleichzeitig aber vorsichtig mit den vorhandenen Mitteln um», so die Bieler Finanzdirektorin.

Nicht einverstanden mit der städtischen Politik, Investitionen mit Drittmitteln zu finanzieren, sind die bürgerlichen Parteien. 2016 hatten Stadträte von GLP bis SVP eine Schuldenbremse verlangt, das damals noch bürgerlich dominierte Parlament hatte die entsprechende Motion gegen den Willen des Gemeinderats überwiesen.

Der Vorstoss sieht vor, einer Mehrverschuldung der Stadt ab dem Jahr 2019 mit einer Ausgabenbremse entgegenzuwirken. Seither ist die Forderung, die letztlich vom Stimmvolk abgesegnet werden müsste, hängig. Der Gemeinderat hat entschieden, das Thema im Zuge der laufenden Totalrevision der Stadtordnung zu behandeln. «Wir werden die Schuldenbremse in diesem Rahmen diskutieren», bekräftigte gestern denn auch Steidle. Das heisst: Eine Schuldenbremse im Sinne der Motionäre wird in Biel, wenn überhaupt, frühestens 2021 eingeführt.

 

**********************

 

Mehr Steuern und mehr Personal
Gemäss Budget steigen die Steuereinnahmen bei den natürlichen Personen auch 2019 – von 97,3 auf 99,3 Millionen Franken. Hingegen rechnet die Stadt bei den juristischen Personen mit einem Rückgang um vier Millionen. Weil aber bei der Liegenschafts- und der Grundstückgewinnsteuer eine Zunahme veranschlagt ist, resultiert dennoch ein budgetierter Mehrertrag im Vergleich zum Vorjahr. Biel bleibt aber stark abhängig von den natürlichen Personen, deren Anteil an den Gemeindesteuern gut 19 Prozent ausmachen.

Das Budget 2019 sieht auf der Stadtverwaltung von Biel eine Neuschaffung von Stellen vor, besonders bei den Zentralen Diensten. Zwar seien die meisten Stellen durch den Kanton gegenfinanziert, wie Finanzdirektorin Silvia Steidle (PRR) gestern betonte, trotzdem wächst der Personalaufwand 2019 um 1,8 Millionen Franken. lsg

Nachrichten zu Biel »