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Biel

Autos aus der Altstadt raus

In der Untergasse und der Schmiedengasse soll eine neue Begegnungszone entstehen. Vielleicht wird der Bereich sogar irgendwann autofrei. Die Stadt will die gesamte Altstadt besser nutzen und vermarkten.

Achtung Baustelle: Es wird in der Altstadt nicht nur gebaut, es ist auch eine Verkehrsänderung geplant. Nach der Sanierung der Kanalisation soll entschieden werden, wie die Oberfläche neu gestaltet wird. Copyright: Patrick Weyeneth/Bieler Tagblatt

von Patrick Furrer

Gibt es in der Bieler Altstadt bald eine autoberuhigte Zone für Flanierer und Nachtschwärmer? Gehören dort Konzerte, Beizenfeste und Märkte auf offener Strasse in absehbarer Zeit zum Alltag? Ein erster Schritt Richtung autofreie Vieille-Ville vielleicht sogar? Abwegig ist die Vorstellung jedenfalls nicht. Aktuell gibt es in Biel vier Begegnungszonen: Am Zentralplatz, an der Obergasse, an der Gartenstrasse und an der Nelkenstrasse haben Fussgänger gegenüber Fahrzeugen stets Vortritt und es darf nicht schneller als 20 Stundenkilometer gefahren werden. Eine nächste Begegnungszone könnte es in wenigen Jahren in der Altstadt geben. Im Bereich Untergasse-Schmiedengasse, wo derzeit Werk- und Kanalisationsleitungen ersetzt werden, sieht der Gemeinderat eine entsprechende Umgestaltung vor.

«Eine Begegnungszone wäre aus unserer Sicht die beste Variante für die künftige Nutzung der Untergasse und Schmiedengasse», sagt Karin Christen von der Bauleitung Tiefbauamt Biel. Christen spricht von einer Variante, weil die tatsächliche Neugestaltung noch offen ist. Das bestätigt auch Vize-Stadtschreiber Julien Steiner. Es sei «noch ganz offen, ob in Zukunft eine Begegnungszone, eine 30-Tempozone, eine autofreie Zone oder wie jetzt eine Durchfahrtstrasse mit Parkplätzen eingerichtet wird.» Sicher ist, dass die Trottoirs durch eine sogenannte Nivellierung entfernt werden sollen. Das wurde im Rahmen des Zwei-Millionen-Kredits für die Leitungsarbeiten so entschieden.

Neues Pflaster erst 2017

Karin Christen glaubt, dass ein erster planerischer Entscheid über die Oberflächengestaltung noch dieses Jahr fallen wird. Allerdings hätte dann auch die Politik noch ein Wörtchen mitzureden. Zuerst müssen nun die Leitungsarbeiten abgeschlossen werden, die momentan die Passierbarkeit der Untergasse stark beeinträchtigen.

Danach wird die Baugrube zugemacht, der Boden aber nur provisorisch instand gestellt, bis klar ist, wie die Oberflächengestaltung ausgeführt wird. Das heisst auch: Pflastersteine werden vorerst keine mehr eingesetzt. Zwar werden diese Steine bei Arbeiten stets aufbewahrt, damit man sie später wieder einsetzen könnte. Ob dies im konkreten Fall auch passieren wird, ist gemäss Projektleiterin Christen aber ebenfalls offen. Die Pflästerung soll frühestens 2017 geschehen.

Generelle Überprüfung

Momentan wird die gesamte Altstadt auf ihre künftige Nutzung hin überprüft. Im Oktober 2014 hat der Gemeinderat die Beratungsfachstelle Netzwerk Altstadt mit Sitz in Bern beauftragt, erstens eine Analyse der beiden Gassen zu realisieren und zweitens eine Nutzungsstrategie zu entwickeln. Die Arbeiten zur Analyse haben bereits begonnen. Die zweite Phase beginnt im Mai.

Im Rahmen der Erarbeitung der Nutzungsstrategie wird das Netzwerk Altstadt gemäss Steiner mit mehreren Kreisen und Interessierten (Altstadtleist, Vereine, Hausbesitzer, Geschäftsführer und weitere) Kontakt aufnehmen und diese in die Projektarbeiten einbinden. Grundsätzlich geht es darum, das Leben der Altstadt sicherzustellen und einen Zerfall oder Bedeutungsverlust abzuwehren. Der Verein Netzwerk Altstadt schreibt auf seiner Website zur Ausgangslage in den Altstädten der Schweiz: «Die historischen Zentren der kleineren und mittleren Städte erleben einen grundlegenden Strukturwandel. Der Wegfall der Geschäftsnutzung und damit oft der Einbruch der wirtschaftlichen Grundlage der Liegenschaften stellt Private und öffentliche Hand vor massive Probleme.» Die einhergehende Destabilisierung bringe Gefahren von Wertzerfall und sozialen Spannungen mit sich. Es habe sich gezeigt, dass ein aktives Vorgehen seitens der öffentlichen Hand einer Laissez-faire-Politik vorzuziehen ist.

Kommentare

Boezinger

Ich habe eine für den Privatverkehr offene Altstadt persönlich erlebt und brauche daher nicht zu spekulieren. Sie pulsierte damals, war voller Leben und attraktiv sowohl für Geschäfte, Handwerker und Besucher. Kein Vergleich mit dem Status quo. Nur gut, dass dem Bahnhofplatz dasselbe Schicksal erspart geblieben ist…


mstuedel

Der Titel ist mal wieder reisserisch gewählt... Ich finde den Ansatz von netzwerk-altstadt.ch, bei den Wohnungen in den Obergeschossen anzusetzen und die Altstadt zuerst einmal als Wohnraum attraktiver zu machen, einleuchtend. Eine belebte Altstadt ist automatisch auch attraktiver für Geschäfte, Restaurants, Cafés. Die Frage, welches Verkehrsregime dazu am besten geeignet ist (MIV- frei, verkehrsberuhigt oder wie bisher) ist letztlich sekundär.


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