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Innovationspark

Biel macht Nägel mit Köpfen

Biel macht weiter vorwärts, um Standort des Swiss Innovation Parks zu werden: Innocampus hat die Arbeit aufgenommen. Das BT sprach mit dem Verwaltungsratspräsidenten.

Thomas Gfeller, Verwaltungsratspräsident der Innocampus AG: «Wir arbeiten in Netzwerken.» Olivier Gresset

Peter Staub

Der Wettbewerb um die Standorte des Swiss Innovation Parks kommt in die heisse Phase: Bis Ende März müssen die Kantone ihre Kandidaturen bei der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz melden. Mit dem geplanten Campus Technik der Berner Fachhochschule hat Biel bereits bisher über ein starkes Argument verfügt.

Nun kommt ein zweiter «grosser strategischer Vorteil» hinzu. So sieht es zumindest Thomas Gfeller, Verwaltungsratspräsident der Innocampus AG, die für das Management des Innovationsparks in Biel verantwortlich sein wird. Sie sei die Software des künftigen Innovationsparks, sagt Gfeller.

An der Firma sind die Stadt Biel, der Kanton Bern und die Berner Fachhochschulen zu je zwölf Prozent beteiligt. Die Mehrheit der Aktien dagegen sind in der Hand von Firmen und Privatpersonen. Während andere Standortbewerber praktisch ausschliesslich inhaltlich für ihre Region argumentieren, haben die Bieler mit der Inbetriebnahme des Betreiberunternehmens bereits Nägel mit Köpfen gemacht.

Innocampus bezieht in diesen Tagen die ersten Geschäftsräume und beginnt aktiv zwischen Industrie und Forschung zu vermitteln. Bereits haben sich erste Start-Up-Unternehmen eingemietet. Das BT hat mit Thomas Gfeller über den Start von Innocampus gesprochen.   

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«Wir sind die Software»

Die Firma Innocampus AG bezieht zurzeit ihre ersten Geschäftsräume in Biel. In der Umgebung des geplanten Campus Technik der Berner Fachhochschule (BFH). Und unmittelbar neben dem Gelände, auf dem ein Teil des Schweizerischen Innovationsparkes realisiert werden soll.

Innocampus ist ein privates Unternehmen, an dem die Stadt Biel, der Kanton Bern und die BFH beteiligt sind (siehe Infobox). Das BT hat mit dem Präsidenten des Verwaltungsrates der Innocampus AG und Delegierten für Wirtschaft der Stadt Biel, Thomas Gfeller, gesprochen.

Herr Gfeller, Innocampus will Unternehmen und Forschung verbinden. Was heisst das konkret?
Thomas Gfeller: Unternehmen und Forschungspartner sollen die Ressourcen für Innovationen teilen können, denn diese sind teuer. Wir haben in unserer Wirtschaftsregion viele KMU (kleine und mittlere Unternehmen, die Red.), die nicht die Möglichkeit haben, diese Ressourcen allein zu beschaffen, die aber hart im Wind des internationalen Wettbewerbes stehen.

Solchen Unternehmen, etwa aus der Medizinal- oder Präzisionstechnik, wollen wir eine Plattform bieten, damit sie sich die Ressourcen teilen und günstiger Innovationen realisieren können.

In Ihrem Namen steckt «Campus».
Die Tatsache, dass es einen Campus der Fachhochschule in Biel geben wird, ist eine der grossen Stärken unserer Firma und der Kandidatur des Kantons Bern für einen Standort des Swiss Innovation Parks in Biel. Die BFH ist für die Industrie interessant.

Weil sie sämtliche technischen Disziplinen konzentriert, wird sie für die Industrie zugänglicher sein. Wir wollen als Firma räumlich sehr nahe am Campus dran sein. Damit wir buchstäblich über die Strasse Ressourcen austauschen können.  

Innocampus bietet neben Raum und Maschinen auch Dienstleistungen wie Coaching oder Scouting an. Was verstehen Sie darunter?
Unser Geschäftsmodell beruht darauf, dass wir Innovationsprojekte «hosten», also beherbergen: Wir stellen Raum am Rande des Campus zur Verfügung. In diesem Gebäude treffen sich Forschungspartner und Industrie. Hier wird es Labors geben, werden Projektteams arbeiten, werden Prototypen hergestellt. Das Scouting dient dazu, passende Projekte zu akquirieren.

Sie bieten also echte Produktionsstätten an?   
Nicht für die Serienproduktion. Wir bieten technisches Equipment für Tests oder Prototypenherstellung an. Das Modell funktioniert wie bei der CTS. Dort gehört das Kongresshaus oder das Strandbad der Stadt Biel, wird aber von einem Unternehmen betrieben. Innocampus ist quasi die CTS des Innovationsparks. Der Kanton ist federführend für die Erstellung des Gebäudes. Wir stellen die Leute an. Und die Maschinen, die wir zur Verfügung stellen, gehören Innocampus.

Wir haben aber auch die Mission, rauszugehen, um in der Industrie neue Projekte anzuregen. Unsere Leute werden die Technologietrends verfolgen, die Konkurrenz beobachten und Vorschläge machen, wo man forschen soll. Gleichzeitig werden sie aktiv auf die Industrie zugehen, um ihnen Projekte und die entsprechende Unterstützung vorzuschlagen. Wir haben ein fast missionarisches Verständnis, den Innovationsgedanken in der Wirtschaft voranzutreiben.

Sie sind also ein Scharnier zwischen Forschung und Industrie?
Genau. Es gibt zwei Gründe, warum hier ein grosses Potenzial freiliegt. Erstens: Viele Firmen sind zu klein, um so viel zu investieren, wie nötig wäre. Zweitens sind viele Unternehmen nicht gewohnt, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten. Bei der Entwicklung neuer Technologien stossen sie an Grenzen.

Dort setzen wir ein. Nicht nur, in dem wir vermitteln, sondern in dem wir eine Plattform bieten, wo sie kurzfristig testen können.

Und wie verdient Innocampus Geld? Sind Sie an den Projekten beteiligt?
Wir finanzieren einen Teil unserer Dienstleistungen damit, dass wir die Liegenschaft günstig erhalten, sie aber zu Marktpreisen verrechnen. Das gilt sowohl für das aktuelle Provisorium als auch für das geplante eigene Gebäude, das durch den Status als Standort des Swiss Innovation Parks eine Anschubfinanzierung erhalten soll.

Sie haben bereits Mieter mit über einem Dutzend Mitarbeiter gefunden. Was sind das für Unternehmen?
Unser Start ist besser gelaufen, als wir uns das erträumt haben. Noch bevor die Bewerbung für den Innovationspark läuft, machen wir in unserem Gebäude bereits Licht. Damit sind wir weiter als die Mitbewerber. Einige der Mieter sind Start-Up-Unternehmen, die an neuen Technologien arbeiten.

Haben Sie bereits Leute angestellt?
Momentan ist nur der Geschäftsführer fest angestellt. Wir arbeiten in Netzwerken, das heisst, wir holen uns die notwendigen menschlichen Kompetenzen in den Firmen unserer Aktionäre. Zudem ist einer unserer Mieter die Basecamp for Hightech AG. Das ist eine Innovationsberatungsfirma des Kantons Bern. Vor Ort ist auch die Wissens- und Technologietransferstelle der BFH.

Haben Sie schon alle Aktien verkauft?
Nein, wir haben noch reservierte Aktien. Dafür haben wir mehrere Interessenten aus der Privatwirtschaft. Das Aktionariat wird laufend aufgestockt.  

Wie wird man bei Ihnen Aktionär?
Wir suchen keine breite Streuung, sondern sind an strategischen Partnern interessiert. Alle unsere Aktionäre haben mindestens 10 000 Franken investiert.  

Bis Ende März müssen die Kantone Projekte für den Swiss Innovation Park eingeben. Wie ist Innocampus beteiligt?
Der Kanton hat den Lead. Er bietet die Hardware, also die Gebäude und die Finanzierung. Wir sind die Software. Natürlich sind wir darauf angewiesen, dass die Kandidatur erfolgreich ist. Wir werden die Firma zwar auch betreiben, falls der Zuschlag als Swiss Innovation Park nicht kommt, aber dann wesentlich kleiner.

Aber als «Software» ist Innocampus ein Teil der Kandidatur?
Ganz klar. Das ist unser grosser strategischer Vorteil gegenüber den anderen Bewerbern, die sich ausschliesslich über inhaltliche Themen positionieren. Das macht der Kanton Bern natürlich auch, aber mit Innocampus haben wir ein industriell relevantes Geschäftsmodell, das für Firmen der Privatwirtschaft einen Mehrwert anbietet. Und wir haben den Vorteil, dass wir schon aktiv sind und namhafte Unternehmen im Aktionariat haben. Der zweite Vorteil von Biel ist der Campus der BFH.

Wann fällt der Entscheid, wo die Innovationsparks errichtet werden?
Ein Vorentscheid wird die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz im Sommer fällen. Dann ist der Bundesrat dran. Er wird 2016 entscheiden.  

Der Innovationspark soll auch auf «Future Mobility» ausgerichtet sein.
«Future Mobility» beantwortet die Frage, wie wir uns künftig bewegen werden, vor allem elektrisch. Das ist ein Forschungsschwerpunkt der BFH. In dieser Frage hat sie eine Schlüsselkompetenz und ein einzigartiges Know-how. Vor allem in den Bereichen der Energiespeicherung und des Antriebs.
 

Infobox
Privatunternehmen mit staatlicher Beteiligung
• Der Kanton Bern, die Stadt Biel und die Berner Fachhochschule halten je zwölf Prozent der Aktien der Innocampus AG. Der grösste Teil wird von privaten Aktionären gehalten.
• Der Verwaltungsrat besteht aus Marcel Aeschlimann (Creaholic AG), Herbert Binggeli (BFH), Denis Grisel (Kanton Bern), Thomas Gfeller (Stadt Biel) und Felix Kunz (Sokutek AG).
• Geschäftsführer und Delegierter des Verwaltungsrates ist Felix Kunz.
• Zurzeit besteht das Aktionariat aus 18 Organisationen, Firmen und Privatpersonen.

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