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Wochenkommentar

Bleibt laut!

Es waren aufschlussreiche 16 Tage, die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen».

Andrea Butorin, Stv. Ressortleiterin Region
  • Dossier

Das BT hat zum Anlass dieser internationalen Kampagne an jedem Erscheinungstag über das Thema berichtet, das so viele Facetten aufweist: Von der rohen Gewalt, ausgeübt durch Drohen, Schlagen, Quälen, Vergewaltigen, Beschneiden, über stete Beleidigungen, die ausschliesslich auf das Frausein zielen, bis zur ungleichen Behandlung von Frauen; von oben herab, belächelnd, ob im Alltag, im Sport, in der Wirtschaft, in der Politik.

Apropos Politik: Mitten in der 16-Tage-Kampagne wird bekannt, dass ein Walliser CVP-Nationalrat seine Ex-Geliebte über längere Zeit gestalkt und sie betrunken dermassen belästigt haben soll, dass sie die Polizei rief. Unter Alkoholeinfluss werde sein sexueller Drang unkontrollierbar, sagten Parteikolleginnen und Journalistinnen über ihn. Was klingt, als wäre die Rede von einem Tier und nicht von einem erwachsenen Mann.

Was dann geschah, ist leider sinnbildlich. In einem Video sagte er: «Es war ein schrecklicher Tag für mich, ich leide enorm.» Reue? Fehlanzeige. Bedauern gegenüber dem Opfer? Fehlanzeige. Rücktritt? Fehlanzeige. Er entschuldigt sich zwar halbbatzig, verharmlost aber auch, positioniert sich selbst als Opfer und gibt allein dem Alkohol die Schuld, von dem er sich in einer Therapie lossagen will. Gemäss aktuellem Stand hat er das Amt als CVP-Vizepräsident zwar abgegeben, Nationalrat will er aber bleiben. Er hofft also, nach einem halbherzigen «mea culpa» in Ruhe weiter sein lukratives Amt ausführen zu können.

Entgegen aller Erwartungen hat sich Yannick Buttet nicht aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Er gibt Interviews und zeigte sich sogar im Nationalrat. Ein anderer dagegen ist vorerst untergetaucht: Hollywood-Produzent Harvey Weinstein, mit dem der Walliser Politiker keinesfalls verglichen werden will. Wie wird sich Hollywood verhalten, wenn dieser nach getaner Busse und der angekündigten Therapie seiner Sexssucht zurückkehrt?

Wird sich jetzt, im Jahr 2017, endlich irgendetwas verändern? Dass Frauen und Männer verschieden sein dürfen, ohne einander zu diskriminieren? Auch nicht beim Lohn? Dass man miteinander flirten darf, die Grenzen aber nicht überschreitet?
Die zahlreichen Kampagnen der letzten Jahre, vom #Aufschrei über #meToo bis zu den 16 Tagen gegen Gewalt an Frauen haben gezeigt: Noch läuft nicht alles so, wie es müsste, im Jahr 2017.

Deshalb der Appell an die Männer: Nehmt die Frauen ernst. Hört zu. Fragt nach, wenn ihr merkt, dass ein Spruch von Euch nicht ankommt oder dass sich eine Frau bedroht fühlt. Greift ein, wenn Eure Freunde Müll reden oder eine Frau schlecht behandeln. Setzt Euch ein für die Anliegen der Frauen.

Und Frauen: Wehrt Euch. Jederzeit. Zeigt Euch solidarisch. Bleibt laut!

E-Mail: abutorin@bielertagblatt.ch
 

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