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Brügg

In Brügg wird nun regelmässig gespuckt

Die Schülerinnen und Schüler der Schule Brügg müssen wöchentlich 60 Sekunden mit einer Kochsalzlösung spülen. Danach wird gespuckt. Zehn Minuten dauerte der erste Corona-Massentest gestern Morgen. Künftig soll es noch schneller gehen.

Der blaue Trichter hilft Kindern dabei, das Röhrchen beim Spucken zu treffen. Bild: HAF

Hannah Frei

Um 9 Uhr klingelt es. Englischlehrer und Co-Schulleiter Marc Bilat sagt: «Wir machen fünf Minuten Pause. Bitte die Fenster aufmachen. Und denkt daran: Ihr dürft weder trinken noch essen, auch keinen Kaugummi in den Mund nehmen.» Die Kinder der 6. Klasse der Schule Brügg wissen, was nach dieser Pause auf sie zukommt: Der wöchentliche Massentest steht an. Gestern wurde er zum ersten Mal durchgeführt.

Wer von ihnen beim Coronatest mitmacht, ist anhand des Zettels auf ihren Pulten erkennbar. Rot gehört zur Gruppe eins, gelb zur Gruppe zwei, wer keinen Zettel hat, wird nicht getestet. Klassenlehrerin Gabi Zaino hebt den Beutel mit den Tests in die Luft. Jeder und jede erhalte ein eigenes Set. «Ihr nehmt das kleine Fläschchen mit der Salzwasserlösung und gurgelt 60 Sekunden», sagt Zaino. «Igitt», rufen die Kinder. «Ist das nicht giftig?», fragt eines von ihnen. Zaino gibt Entwarnung. Sie verteilt die Säckchen, die Kinder öffnen das Fläschchen. «Auf drei. Eins, zwei, drei.» Und die Kinder spülen – während sie sich leicht verwundert und angewidert Blicke zuwerfen. Ausspucken, Behälter schliessen, einsammeln. Zehn Minuten später ist alles vorbei. Künftig werde dies noch schneller gehen, sobald sich die Kinder daran gewöhnt haben, so Bilat.

 

83 Prozent machten mit

Auch bei den Vorbereitungen habe sich der Aufwand für die Klassenlehrer in Grenzen gehalten, sagt Zaino. Es sei primär darum gegangen, zu informieren, die Schülerinnen und Schüler im Klassenzimmer und die Eltern per Brief. Hier konnte Zaino auf das Schreiben des Kantons zurückgreifen. Sie habe den Kindern und Eltern zwar angeboten, bei Fragen jederzeit anrufen zu können, aber davon habe niemand Gebrauch gemacht. Von den 342 Kindern und Jugendlichen an der Schule Brügg machen 285 bei den Tests mit. Das sind 83 Prozent. «Keine schlechte Bilanz», sagt Bilat. Auch wenn man bedenke, dass sich unter den restlichen 17 Prozent Schülerinnen und Schüler befinden, die vor Kurzem eine Coronainfektion hatten und deshalb für drei Monate nicht an den Tests teilnehmen können.

Keines der Kinder habe den Tests von sich aus verweigert, so Zaino. «Sie sind es sich gewohnt, sich laufend anzupassen und die Massnahmen mitzutragen.» Bei der Einführung der Masken sei der Aufruhr grösser gewesen. In Bezug auf die Tests wollten die Kinder laut Zaino lediglich wissen, ob dafür ein Hals-Nasen-Abstich nötig ist oder nicht. Wäre dies der Fall gewesen, wären die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler bestimmt anders ausgefallen, so Bilat. Da wäre die Akzeptanz weitaus geringer gewesen, ist er überzeugt. «Ich muss aber auch sagen: Die Schülerinnen und Schüler gehen seit Beginn der Pandemie sehr gut mit der Situation um und sind völlig unkompliziert», so Bilat.

 

Kaum Kritik von Lehrkräften

Auch die Lehrpersonen haben sich laut Zaino im letzten Jahr daran gewöhnt, flexibel reagieren zu müssen und auf alles vorbereitet zu sein. Aus dem Lehrerkollegium sei keine Kritik an den Massentests geäussert worden. «Wir haben uns jedoch gefragt, ob es nicht schon fast ein wenig zu spät ist für die Einführung der Tests», so Zaino. Die Ansteckungszahlen sinken, es wird im Akkord geimpft. Auch Zaino und Bilat haben ihre erste Impfung erhalten.

Angst davor, dass die Klassen aufgrund der Tests nun öfter in Quarantäne müssen, haben die beiden nicht. Auf Fernunterricht umzustellen sei mittlerweile kein Problem mehr, sagt Bilat. Für die Kinder und Jugendlichen habe man bereits jetzt genügend Übungen parat, um sie im Notfall einen ganzen Schultag lang zuhause zu beschäftigen. Und da jeweils am Donnerstag getestet wird, sei die Chance gross, dass die betroffene Klasse bei einem positiven Ergebnis lediglich einen Tag in Quarantäne müsse (siehe Zweittext).

Bilat sieht die Tests als kleinen Puzzlestein in der Bekämpfung der Pandemie. Positiv sei jedoch, dass dadurch ausserschulische Aktivitäten wieder leichter durchführbar seien. In der 6. Klasse steht bald die Landschulwoche an. «Wir tun alles, um den Schülerinnen und Schülern die Durchführung zu ermöglichen», sagt Bilat. Denn diese Erlebnisse fehlten den Kindern im vergangenen Jahr. «All das, woran man sich auch später im Leben noch gerne erinnert.»

 

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So laufen die Massentests ab

Getestet wird mittels Speichelprobe. Dazu spülen die Kinder und Jugendlichen während 60 Sekunden mit einer Kochsalzlösung und spucken diese in ein Röhrchen. Die Proben werden in zwei Gruppen gesammelt und zu einem Pool zusammengefasst. So kann das Testergebnis keinem Kind zugeordnet werden, lediglich der Gruppe. Die Teilnahme ist freiwillig und wird während der Unterrichtszeit durchgeführt.

Wird in einem der Pools ein positives Ergebnis festgestellt, muss die betroffene Pool-Gruppe in Quarantäne und die gesamte Klasse stellt auf Fernunterricht um. Die Schülerinnen und Schüler aus der betroffenen Pool-Gruppe müssen entweder am selben oder am nächsten Tag erneut einen Corona-Speicheltest machen, diesmal aber nicht mehr anonymisiert.

Wer negativ getestet wird, darf wieder am Präsenzunterricht teilnehmen. Wer positiv ist, bleibt in Quarantäne.

Von den 256 Gemeinden im Kanton Bern machen 219 bei den Tests mit. Das heisst, dass 95 Prozent der Schulkinder Zugang zu freiwilligen Tests haben. Geklappt hat es diese Woche jedoch noch nicht bei allen: Manchen Schulen wurde das Testmaterial nicht fristgerecht geliefert, beispielsweise einer Schule in der Gemeinde Köniz sowie in Arch, wie «Telebielingue» und SRF vermeldeten. haf

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