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Brügg

Das Spital hat gute Chancen

Am 25. April entscheidet die Stimmbevölkerung von Brügg über einen Planungskredit für den Neubau des Spitalzentrums. Trotz einigen Gegenstimmen stellen sich der Gemeinderat und alle Parteien hinter das Vorhaben.

Die Freiluft-Ausstellung zum Spitalneubau hat in Brügg für reges Interesse gesorgt. Peter Samuel Jaggi

von Carmen Stalder

In elf Tagen stellen die Brüggerinnen und Brügger die Weichen für das Spitalzentrum Biel: Am 25. April entscheiden sie über einen Kredit von 1,55 Millionen Franken für die Planung des Neubaus. Bei einem Ja wird die Umsiedlung vom Bieler Beaumont ins Brüggmoos konkret. Bei einem Nein muss das Spitalzentrum Biel (SZB) seine Pläne neu aufgleisen.

Die Bevölkerung konnte in den vergangenen Monaten bei der Mehrzweckanlage Erlen eine Ausstellung mit Infotafeln besuchen oder sich für eine persönliche Führung anmelden. Die geplante Umsiedlung des Spitals ist in Brügg seit eineinhalb Jahren ein emotionales Thema. Entsprechend spricht Gemeindepräsident Marc Meichtry (Brügg for you) von einem «riesigen Interesse»: Es hätten gegen 50 Führungen mit jeweils fünf bis zehn Teilnehmenden stattgefunden.

Dabei sind Meichtry einige kritische Voten zu Ohren gekommen. Insbesondere der zusätzliche Verkehr und der Helikopterlärm beunruhigen die Dorfbewohnenden. Der Gemeindepräsident ist froh um die Einwände – nur wenn diese geäussert würden, könnten sie in der Planung berücksichtigt werden. Er verspricht, bei einem Ja eine Helikopter-Testlandung zu organisieren. «Ich möchte selbst erleben, wie es tönt, wenn er in der Nacht bei uns landet.»


Willkommene Investitionen

Für Meichtry und seine Ratskollegen, die das Vorhaben einstimmig empfehlen, bedeutet das Spital vor allem eine grosse Chance. Aus dem Kredit erwachsen der Gemeinde keine Kosten: Die 1,55 Millionen Franken würden bei einem Ja von der SZB AG an Brügg überwiesen. Meichtry verspricht sich vom Projekt eine Aufwärtsspirale für die Gemeinde. Parallel zum Neubau sollen 30 Millionen Franken in die Umgebung investiert werden, bezahlt durch das SZB sowie eidgenössische, kantonale und regionale Förderprogramme.

Insbesondere diese Aufwertung sorgt bei den Brügger Parteien für Zustimmung. «Die Ufer-Renaturierung und die neue Velobrücke sind massive Pluspunkte, die Brügg alleine nicht stemmen könnte», sagt Albert Trafelet, Präsident der lokalen SP. Wer sich eingehend mit dem Projekt befasse, müsse fast Ja stimmen, findet er. Die Gegner sieht er in der Minderheit.

Bei den anderen Parteien klingt es ähnlich: Brügg for you (B4y), die Ortsvereinigung und die lokale EVP und SVP stellen sich allesamt hinter das Spital. Zwar gibt es durchaus noch offene Fragen, doch die Vorteile scheinen bei allen befragten Parteien zu überwiegen. «Es gibt Leute, die suchen das Haar in der Suppe, auch wenn der Koch eine Glatze hat», meint B4y-Präsident Hanspeter Möri zu den Kommentaren in Leserbriefen und den sozialen Medien. Für ihn steht fest: Beim Spital kann die Gemeinde viel mehr Einfluss nehmen, als wenn sich auf dem Areal verschiedene Firmen ansiedeln würden – gerade auch bei der Verkehrsplanung.


Wunsch nach deutlichem Ja

Thomas von Burg, Verwaltungsratspräsident des Bieler Spitalzentrums, zeigt sich grundsätzlich optimistisch, betont aber auch, dass das Abstimmungsresultat schlecht voraussehbar sei. Er setzt auf den Goodwill der Bevölkerung: Das Spitalzentrum bringe krisensichere Arbeitsplätze in die Gemeinde, diese profitiere von Investitionen in die Umgebungsgestaltung und erhalte eine überregionale Ausstrahlung. Von Burg hofft auf eine möglichst hohe Stimmbeteiligung. «Ich möchte diese Abstimmung klar gewinnen. Mit 51 Prozent Ja-Stimmen wäre ich nicht zufrieden.»

Die kritischen Voten hat der Verwaltungsratspräsident durchaus mitbekommen. Bedenken bezüglich des Fluglärms könne er nachvollziehen. Er gibt aber zu bedenken, dass die Helikopter schon heute über Brügg fliegen, und wenn sie dereinst im Industriequartier landen würden, hörte man davon im Dorfzentrum nicht viel. Ausserdem zeigen die Erfahrungswerte, dass das Spital durchschnittlich nur einmal pro Woche angeflogen wird; nachts sogar weniger als einmal pro Monat.

Dass der zusätzliche Verkehr manche Brügger besorgt, kann von Burg ebenfalls verstehen. Doch das Spitalzentrum hätte ein Kontingent von täglich 2800 Fahrten – im Vergleich zu 12'000 Fahrten beim nahe gelegenen Einkaufszentrum Centre Brügg eine überschaubare Zahl. Er verweist darauf, dass sich das Areal im Industriegebiet befindet. Grün würde das eingezonte Bauland langfristig sowieso nicht bleiben, ausserdem würden viele einzelne Unternehmen vergleichsweise mehr Verkehr und auch mehr Emissionen generieren.


Es droht ein Leistungsabbau

Bei all den optimistischen Einschätzungen bleibt die Möglichkeit, dass das Projekt an der Urne versenkt wird. Für das SZB wäre dies ein herber Schlag. Als weiterer geeigneter Standort wurde stets das Bözingenfeld in Biel gehandelt. Allerdings ist das Gebiet dort eine Fruchtfolgefläche und noch nicht eingezont, was das Vorhaben um Jahre verzögern würde. «Im Bözingenfeld könnte ein neues Spital nicht vor 2035 eröffnet werden», so von Burg.

In diesem Fall müsste man weiter ins sanierungsbedürftige und schlecht erschlossene Spital im Beaumont investieren. Von Burg wählt drastische Worte: «Da das Spitalzentrum am jetzigen Standort nicht effizient betrieben werden kann, wäre ein Verbleib wohl mit einem Leistungsabbau verbunden.» Für den Verwaltungsratspräsidenten ist klar: Brügg bietet mit Abstand den besten Standort für das neue Spitalzentrum – die zirka 20 weiteren geprüften Möglichkeiten befänden sich dagegen «weit abgeschlagen» auf den hinteren Rängen.

Doch auch bei einem Ja in eineinhalb Wochen ist das Projekt noch nicht definitiv abgesegnet. Voraussichtlich 2023 soll die Stimmbevölkerung über die Zonenplanänderung befinden. Läuft alles glatt, werden 2024 die ersten Bagger auffahren. Nach vierjähriger Bauzeit soll das Spital 2028 den Betrieb aufnehmen.

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