Sie sind hier

Abo

Session

«Dass es einer Lösung für 
die Verkehrsproblematik bedarf, ist unbestritten»

Für Mathias Müller ist klar: Der geplante Westast ist für Biel und die Region die bessere Lösung als der Alternativvorschlag. Trotzdem hat er dem Faktencheck zugestimmt. Manuela Kocher sieht das gleich und wünscht sich, dass Müller öfters ihre Meinung teilt.

Manuela Kocher ist Pflegefachfrau und sitzt seit Anfang Juni für die SP im Grossen Rat. Kocher lebt mit ihrer Familie in Worben, wo sie als Vizegemeindepräsidentin waltet. Sie ist zudem Präsidentin von Autismus Bern.
  • Dossier

Mathias Müller, letzter Montag

An: Manuela Kocher

Liebe Manuela

Als Erstes gratuliere ich Dir zur Wahl in den Grossen Rat. Bereits während Deiner ersten Parlamentswoche als Grossrätin darfst Du Dich mit einem für unsere Region enorm bedeutenden Thema befassen, mit der A5-Westumfahrung. Dass es für die Stadt Biel und die Region eine wirkungsvolle Lösung für die seit Jahren andauernde Verkehrsproblematik bedarf, ist unumstritten. Aus verkehrstechnischer und städtebaulicher Sicht ist das vorliegende offizielle Ausführungsprojekt meines Erachtens die zielführendste Lösung. Der Westast mit den geplanten fünf Anschlüssen wird eine markante Verkehrsentlastung und somit eine ebenso markante Verbesserung der Lebensqualität für über 150 000 Einwohnerinnen und Einwohner in der Gesamtregion Biel bringen.

Vor rund einem halben Jahr wurde von einem Bürgerkomitee mit viel publizistischem Aufwand ein neuer Vorschlag ins Spiel gebracht. Da die neue Forderung «Westast – so besser!» mit verlockenden Aussagen wirbt, muss diese Variante zwingend einem seriösen Faktencheck unterzogen werden. Es muss klar sein, ob es sich beim Alternativvorschlag um eine verkehrstechnisch überhaupt sinnvolle und auch machbare Lösung handelt, oder ob es um blosse Augenwischerei geht, womöglich mit dem Ziel der Zeitverzögerung. In diesem Sinne hoffe ich, dass auch Du den entsprechenden Vorstoss, den zahlreiche Parlamentarier unter Federführung von Grossrat Peter Moser (FDP) eingegeben haben, unterstützen wirst. Liebe Grüsse, Mathias

Manuela Kocher, Montag
An: Mathias Müller

Lieber Mathias

Besten Dank für Deine Gratulation zur Wahl!

Auch ich gratuliere Dir herzlich und wünsche Dir weiterhin viel Freude im Amt als Grossrat.

Nun liegen meine ersten Stunden als vereidigte Grossrätin bereits hinter mir und meine Kinder waren sehr gespannt auf meine ersten Eindrücke aus dem Rat. Sie wollten wissen, wie Vereidigungen ablaufen und was wir heute alles gemacht haben.

Dass wir «nur» Wahlen durchgeführt und Wahlzettel ausgefüllt haben, sowie einen unserer Grossräte verabschiedet haben, fanden sie dann doch etwas langweilig.

Ich habe heute einiges gelernt über die «ungeschriebenen Gesetze» im Rat, die aber bei Wahlen durchaus eine wichtige Rolle spielen und berücksichtig sein wollen. Viel spannender wird dann sicher die von Dir erwähnte Debatte zur Motion von Peter Moser sein, worin es um eine vertiefte Prüfung des Alternativvorschlags «Westast – so besser!» geht. Wie Du erwähnt hast, hat sich ein Bürgerkomitee gebildet, das mit dem offiziellen Ausführungsprojekt des A5-Westasts nicht einverstanden ist und eine alternative Lösung ausgearbeitet hat.

Gemäss Motion sollte der Regierungsrat diesen Alternativvorschlag einem Faktencheck unterziehen und die Resultate der Öffentlichkeit präsentieren.

Die nun vorliegende Antwort des Regierungsrats geht nun leider nicht so weit, dass die unter Punkt b formulierten Prüfkriterien berücksichtigt wurden – also keine bauliche und technische Machbarkeit abgeklärt wurde und die Auswirkungen auf die Kosten, die Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft nicht erfolgt ist.

Ich bin der Meinung, dass wir einen seriösen Faktencheck, wie dies die Motion fordert, brauchen. Die alternative Lösung ist bezüglich Stand der Ausarbeitung auf einem ganz anderen Niveau als das offizielle Projekt, und daher ist ein Vergleich in dieser Form nicht gegeben. Aus meiner Sicht braucht es den nächsten Schritt und die Forderung unter Punkt 2 der Motion muss unbedingt erfüllt werden.

Jetzt freue ich mich auf den morgigen Tag, der mit der Verkündung der Resultate der Kommissionswahlen beginnen wird, bevor wir dann inhaltlich in die Geschäfte einsteigen werden.

Ich wünsche Dir einen schönen Abend und grüsse lieb, Manuela

Mathias Müller, Mittwoch
An: Manuela Kocher

Liebe Manuela

Ich gehe mit Dir bezüglich dem zweiten Punkt des Vorstosses einig: Es ist sehr wichtig, dass neben der seriösen Überprüfung des neuen Vorschlages auch das Resultat aus diesem Faktencheck in der Folge durch den Regierungsrat in angemessener Form kommuniziert wird. Durch den enormen Medienwirbel, welche die Gegner des offiziellen Projektes im November veranstaltet haben, ist das Bedürfnis nach Klarheit in der Bevölkerung noch einmal angestiegen.

Die Fachleute des Tiefbauamtes und des Astra versichern bereits heute, dass der Alternativvorschlag eine viel geringere verkehrliche Entlastung der heute vom Verkehr stark betroffenen Quartiere brächte als das offizielle Ausführungsprojekt. In der regierungsrätlichen Antwort auf den Vorstoss steht dann auch, dass die angegebene Entlastungswirkung des «Westast – so besser!»-Vorschlages nicht plausibel sei. Insbesondere auf der Ländtestrasse und auf der Bernstrasse werde das Verkehrsaufkommen wegen der fehlenden, zentrumsnahen neuen Autobahnanschlüsse Seevorstadt und Bienne Centre weiterhin enorm gross sein.

Offene Fragen bestehen zudem im Bereich der Sicherheit. So beruht der Alternativvorschlag zum Beispiel auf einem nicht behindertengerechten Fluchtwegkonzept. Grosse Fragezeichen gibt es auch bei der Kostengenauigkeit. Zwar hat das «Westast – so besser!»-Komitee ihre im November präsentierte Kostenschätzung in der Zwischenzeit deutlich nach oben korrigiert, aber auch diese Zahlen haben gerade mal eine Genauigkeit von +/-30 Prozent.

Sollte der Grosse Rat der Regierung den Auftrag zu einem «Faktencheck» erteilen, werden die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit erhalten, sich eine echte, auf Fakten basierte Meinung zu bilden. Im Wissen darum, dass wir diesbezüglich gleich denken, bin ich zuversichtlich, dass dies auch eine Mehrheit im Parlament tut.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Spass im Gross Rat und hoffe, dass wir auch bei anderen Themen manchmal ähnlicher Meinung sind. Liebe Grüsse, Mathias

Manuela Kocher, Donnerstag

An: Mathias Müller

Lieber Mathias

Bei der heutigen Debatte waren viele der gleichen Meinung – es braucht den Faktencheck. Dies hatte sich bereits im Vorfeld abgezeichnet. Dennoch war die Debatte ausführlich und lang ausgefallen. Nun ist es klar und der Regierungsrat wurde beauftragt, die Alternativvariante gemäss der Motion einem Faktencheck zu unterziehen und der Öffentlichkeit die Resultate zu präsentieren.

Dies finde ich gut, denn die Personen, die sich für die Erarbeitung der Alternativvariante eingesetzt haben, haben viel Engagement gezeigt und Arbeit investiert. Sie verdienen eine seriöse Prüfung des Projekts.

Die breite Unterstützung der Motion aus den verschiedenen politischen Lagern heraus lässt den Eindruck entstehen, dass die Intention für die Prüfung aus ähnlichen Gründen entstand.

Dass dem aber nicht so ist, haben wir aus den verschiedenen Voten zum Alternativprojekt gehört:

• Alt-Regierungsrätin Egger wurde zitiert, als sie im Jahre 2010 zum Generellen Projekt (GP) sagte: «Heute würde man die Strasse ganz anders bauen».

• Wir haben erfahren, dass das GP gegen mehrere Gesetze verstösst, unter anderem gegen den Umweltschutz, und dass Klage vom Heimatschutz eingereicht wurde.

• Einige Grossräte stellen das GP bezüglich seiner Dimension in Frage. Die grossen Einschnitte in die Landschaft würden sich negativ auf die Lebensqualität auswirken und ein Sprecher hat es auf den Punkt gebracht. Sinngemäss meinte er: «Halten wir einen Moment inne und überdenken nochmals das Vorhaben, bevor wir beginnen, denn wir bauen eine Strasse, die für unsere Kinder und Kindeskinder ist».

Diese Voten weisen auf Mängel im GP hin und wecken Zweifel, ob dies die richtige Lösung für die Verkehrsprobleme in Biel und Umgebung ist. Klar ist, es braucht die Umfahrung – nur wie viele Auf- und Abfahrten braucht es? Wo soll die Strasse verlaufen? Wieviel Land rund um den Bahnhof und am Strandboden soll man verbauen? Gibt es andere Möglichkeiten, die Stadt vom Verkehr zu entlasten, ohne so viel Land zu überbauen, Häuser niederzureissen und Bäume zu fällen? Entspricht das GP noch heutigen Erkenntnissen der Verkehrsplanung? Dazu erwarten wir Antworten.

Die Alternativvariante zu prüfen bedeutet, das Projekt weiterzuentwickeln, um einen besseren Ausarbeitungsgrad zu erhalten und so die Basis für eine Vergleichbarkeit mit dem Generellen Projekt herzustellen. Erst dann wird klar sein, wie die Wirkung der beiden Varianten ist. Ich bin gespannt auf die Resultate!

Danke für Deine Wünsche und ja, es würde mich freuen, wenn wir öfter ähnlicher Meinung wären – um den Kanton aktiv vorwärts zu bringen. An Gelegenheiten wird es nicht mangeln! Schönen Abend und lieben Gruss, Manuela

Nachrichten zu Biel »