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Biel

Der Willkür vorbeugen

Die Bieler Stadtverwaltung will ihr Image als Lehrbetrieb pflegen und auf dem Arbeitsmarkt attraktiv bleiben. Mit der gestern präsentierten Berufsbildungsstrategie wird die gleiche Ausgangslage für alle Lernenden geschaffen.

Stadtpräsident Erich Fehr (rechts) und David Imhof, Leiter Personalentwicklung, wollen allen Lernenden den gleichen Support ermöglichen. Bild: Frank Nordmann

Lino Schaeren

Die Stadt Biel gehört zu den grössten Arbeitgebern der Region und bietet Ausbildungsplätze in den unterschiedlichsten Berufen: Jährlich werden 160 junge Menschen durch die Stadtverwaltung im Rahmen der Berufsbildung betreut. Die Lehrgänge und Praktikumsangebote sind vielseitig, die Stadt beschäftigt etwa Lernende in der Gärtnerei, in der Pflege, im kaufmännischen Bereich, in der Küche oder in der Autowerkstatt. Bis vor Kurzem gab es für die unterschiedlichen städtischen Lehrbetriebe allerdings keine gemeinsame Berufsbildungsstrategie. Gestern stellte nun Stadtpräsident Erich Fehr (SP) die Strategie 2017 – 2020 vor, die von Fachkräften in der Stadtverwaltung erarbeitet und schliesslich im vergangenen Januar vom Bieler Gemeinderat verabschiedet wurde. Seit März befindet sich die Berufsbildungsstrategie in der Umsetzung.

Die Strategie sieht die Umsetzung von Zielen in acht Kategorien vor (siehe auch Infobox), sie soll Leitlinie sein und die gleiche Ausgangslage für alle in die Ausbildung involvierten Personen schaffen. «Alle sollen den gleichen Support erhalten», sagt Fehr. Das Strategiepapier sieht etwa vor, dass die Bieler Stadtverwaltung die Integration junger Menschen, die am Ende ihrer Ausbildung stehen, in die Verwaltung fördert, um so ihren künftigen Bedarf an qualifiziertem Personal zu decken und ihren Kompetenz-Pool zu stärken.

Dass dies bereits heute umgesetzt wird, bestätigt Fehr, es werde jedoch nicht in allen Bereichen gleich gehandhabt. Er sagt, das Festschreiben in der Strategie sei in diesem Punkt auch historisch bedingt: Früher sei es normal gewesen, dass Lehrlinge nach ihrer Ausbildung den Betrieb verlassen mussten. Heute sei dies zwar nicht mehr der Fall, es werde aber von einigen Ausbildnern nach wie vor so gehandhabt. Die Strategie sorge dafür, dass künftig nicht mehr von Abteilung zu Abteilung nach Belieben vorgegangen werde. Mit dem Papier soll also auch der Willkür vorgebeugt werden.

In der Einleitung zur Berufsbildungsstrategie hält die Stadt fest, dass sie als ausbildende Arbeitgeberin mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert sei, «insbesondere im Hinblick auf die Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, der Zweisprachigkeit und die Chancengleichheit (Zugang zur Bildung)». Daher müsse sie ein sinnvolles Gleichgewicht herstellen «zwischen ihrer Aufgabe als soziale Arbeitgeberin und ihrem Bestreben, eine hochwertige Leistung zu erbringen».

 

«Wir geben Gegensteuer»

So setzt die Strategie im Bereich der Zweisprachigkeit voraus, dass die Stadt dafür sorgt, dass die französischsprechende Bevölkerung in der Berufsbildung angemessen vertreten ist. Gemessen wird dies daran, ob der Anteil französischsprachiger Auszubildender den Anteil der Französischsprechenden in der Bieler Bevölkerung repräsentiert. Dies sei derzeit der Fall, sagt Fehr, sei in der nahen Vergangenheit aber nicht immer so gewesen. «Zu Recht wird geklagt, dass es in Biel zu wenige Ausbildungsplätze für Französischsprachige gebe. Wir schauen, dass wir Gegensteuer geben können», sagt Fehr. Das sieht dann so aus: Von den 34 Lernenden und den 60 Praktikanten, die am 1. August bei der Stadt Biel neu ins Berufsleben eingetreten sind, sind 40 Prozent französischsprachig.

David Imhof, Leiter Personal- und Organisationsentwicklung bei der Stadt Biel, macht darauf aufmerksam, dass die Französischsprachigen gegenüber den Deutschsprachigen bereits beim Einreichen der Bewerbungsunterlagen für einen Ausbildungsplatz im Nachteil seien. Dies, da die Bewerbungen der Französischsprachigen qualitativ signifikant schlechter seien. Hier, so Imhof, könne man aber direkt bei den Schulen ansetzen, damit ein korrektes Bewerben besser trainiert werde. Heute sei eine Schulung, wie man sich bewirbt, offenbar in der Grundschule in französischsprachigen Schulklassen nicht überall gegeben.

 

Lohngleichheit garantieren

In der Berufsbildungsstrategie wird der mögliche Ansatz zur Lösung dieses Problems so formuliert: «Mit den Schulen und Institutionen werden eine Kommunikationsstrategie sowie spezifische Formen der Zusammenarbeit erarbeitet, um den französischsprechenden Lernenden den Zugang zum Ausbildungsprogramm der Stadt Biel zu erleichtern.» Als Indikator für das Erreichen des Ziels soll der Anteil an erfolgreichen Bewerbungen französischsprechender Personen dienen.

Das Papier soll aber nicht nur gleich lange Spiesse schaffen für alle, die bei der Stadt Biel mit der Berufsbildung zu tun haben. Die Strategie sieht auch vor, dass die Stadtverwaltung ihr Image als Lehrbetrieb pflegt und auf dem Arbeitsmarkt aktiv bleibt. So will die Stadt ihr Angebot im Bereich der höheren Berufsbildung für Personen mit Fachhochschul- und Hochschulabschluss weiterentwickeln. Aber auch ihre Präsenz bei Abgängern der obligatorischen Schule will die Stadt stärken und so das Interesse für den Service Public wecken.
Zudem soll eine Lohnpolitik verfolgt werden, die den Marktbedingungen sowie den Entwicklungen auf regionaler und nationaler Ebene entspricht und die Lohngleichheit garantiert. Alle Massnahmen, die in der Berufsbildungsstrategie festgeschrieben sind, sollen laut Fehr bis Ende 2020 umgesetzt sein.

 

Die Schwerpunkte

Die Berufsbildungsstrategie der Stadt Biel ist in acht «Schwerpunkte und strategische Ziele» unterteilt:

  • Entwicklung des Bildungsangebots und nachhaltige Stärkung seiner Attraktivität
  • Intensivierung des Marketings für Berufsbildung
  • Attraktive, moderne und qualitativ hochwertige Anstellungsbedingungen
  • Berufliche Nachwuchsförderung
  • Stärkung der Rolle der Stadt als regionale Akteurin im Bereich der Berufsbildung
  • Integrationsförderung und Nutzung des Diversitätspotenzials
  • Optimierung der Struktur, der Organisation und der Arbeitsprozesse mit Bezug zur Berufsbildung
  • Sicherstellung eines Qualitäts- und Leistungsniveaus lsg

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