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„Krawattenzwang“

Die Daten, die gar nicht so geheim sind

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, Chefredaktor „Bieler Tagblatt“, wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Die Daten, die gar nicht so geheim sind.

Bernhard Rentsch: Krawattenzwang
  • Dossier

Zu Beginn ein «flacher» Corona-Witz unter Machos. Der eine zum andern: «Läuft bei mir: Ich war in drei Bars – und jede Kellnerin wollte von mir Namen und Telefonnummer haben.» Man kann nun lachen oder nicht. Das Thema Datenschutz und den eigenen Umgang damit spricht der Satz dennoch an.

Die Tatsache, dass wir in der aktuellen Situation scheinbar von Adressenjägern umzingelt sind und immer wieder der Ruf nach Schutz der persönlichen Daten laut wird, ist Konsequenz und Folge der teilweise wiedererlangten «Freiheit». Und auch richtig.

Muss sich nicht jede und jeder von uns, die/der in irgendeiner Form auf den sozialen Medien präsent ist, bewusst sein, dass man da mit den persönlichen Daten in vielen Fällen mehr als fahrlässig umgeht? Sieht man sich nämlich auf irgendeiner Plattform Föteli einer Traum-Feriendestination an, folgen schon bald darauf scheinbar für mich persönlich vergünstigte und angepasste Reisevorschläge. Toll, wie die merken, was ich will ... Das gleiche passiert, wenn ich einen Grill, ein Velo oder Ersatzteile für die Kaffeemaschine suche. Prompt wird mir geholfen.

Das Vertuschen der persönlichen Spuren wird komplett verunmöglicht, wenn man regelmässig sein Handy im Einsatz hat. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Und wer hat schon kein solches Ding mehr in der Hand? In vielen Haushalten gibt es schon gar keinen Festnetzanschluss mehr. 079 ersetzt immer mehr 032. Dass Telefone früher an der Wand hingen und der Hörer stets mit dem Hauptgerät verbunden war, ist eine bereits recht historische Anekdote und vielen jüngeren Menschen unbekannt. Telefonkabinen gibt es höchstens noch im umgenutzten Stil als Bibliothek oder als Mini-Unterstand. Sogar als Büroraum und somit als spezielles Homeoffice soll die kleine Zelle umgebaut worden sein. «Dank» dem mobilen Gerät werden unsere Spuren einfach nachvollziehbar – im Wissen, dass dies niemanden interessiert, kann einem das aber ziemlich Wurst sein.

Zurück zum Hinterlassen von Namen und Telefonnummern bei Besuch von Restaurants. Es soll Verweigerer geben. Erinnern wir uns doch aber an Vor-Corona: Bei jeder telefonischen Reservation haben wir Name und Telefonnummer angegeben. Und niemand hat ein Theater daraus gemacht. Ich meine: Ein bisschen mehr Gelassenheit tut uns gut auf dem Weg «zurück». Es gibt genügend Herausforderungen, die uns mehr als gewünscht fordern.


brentsch@bielertagblatt.ch

Twitter: @BernhardRentsch

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