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Fiskus

«Die Städte werden abgestraft»

Falls die Unternehmenssteuer-Reform III kommt, zeichnet Urs Stauffer, Bieler Steuerverwalter, ein düsteres Szenario. Nicht nur für Biel.

Steuerverwalter Urs Stauffer hat seine Bedenken zur Unternehmenssteuerreform III. bt/a

Der Gewerkschaftsbund Biel-Lyss-Seeland hat gestern ins Kongresshaus zu einem Informationsabend zur Unternehmenssteuerreform III eingeladen. Referent war Urs Stauffer, Bieler Steuerverwalter und Vorstandsmitglied der Steuerkonferenz der Städte. Ein Beispiel unter vielen, das Stauffer gestern aufgezeigt hat: Neu könnten Patente und Lizenzen gleichermassen privilegiert besteuert werden. Patentgesuche sollen selbst dann privilegiert besteuert werden, wenn sie zurückgezogen werden. Dem Fiskus bleiben dann nur noch ein paar Fränkli.

Gleichzeitig entsteht eine Negativspirale bei den Gewinnsteuersätzen, die die Kantone festlegen. Der Kanton Waadt will den Satz von 22.79 Prozent auf 13.79 Prozent senken. Dies zwingt andere Kantone dazu, nachzuziehen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Würde Zürich den Gewinnsteuersatz auf 15 Prozent senken, würde der Steuerertrag um 80 bis 90 Millionen Franken sinken. Für Städte wie Biel (minus 15 Millionen) und Bern (minus 35 Millionen), erwartet Stauffer happige Steuerausfälle.

Werkstandorte wie Biel, seien auf den direkten und indirekten Finanzausgleich angewiesen, sagt Stauffer. Dies auch deshalb, weil die Löhne der Industriearbeiter tiefer sind als jene der Versicherungs- und Finanzbranche, was zu weniger Steuereinnahmen bei den natürlichen Personen führt.

«Doch der Kanton Bern, wurde gestern bekannt, erhält vom Bund nur 35,3 Millionen Franken als Kompensation für die Steuerausfälle durch die Unternehmensreform II», sagt Stauffer. Dies reiche nicht einmal, um die Ausfälle von Biel und Bern zu kompensieren.

Das Steuersubstrat der Schweiz werde um 1,2 bis 1,4 Milliarden sinken, so Stauffer: «Mit katastrophalen Auswirkungen – abgestraft werden die Städte.» Der Service Public müsste massiv abgebaut werden, Personen mit mittleren und tiefen Einkommen wären von den unumgänglichen Steuererhöhungen stark betroffen. Aber auch die Gebergemeinden müssten die Steuern erhöhen, weil sie höhere Ausgleichszahlungen berappen müssten. LT

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Kommentar von Lotti Teuscher

Ein Steuerausfall von 15 Millionen Franken – diese Zahl wird von Bieler Stadtvertretern seit Monaten kolportiert. 15 Millionen wären für die Stadt, die mit roten Zahlen kämpft, in der Tat ein happiger Verlust. Doch diese Zahl ist nicht in Stein gemeisselt, sie basiert auf Annahmen. Denn noch steht nicht fest, wie die Unternehmerreform dereinst ausgestaltet wird. Dass Vertreter von Städten die Reform bekämpfen, ist dennoch verständlich: Mit Mindereinnahmen werden sie auf jeden Fall rechnen müssen. Auf der anderen Seite steht die Schweizer Exportwirtschaft, die unter immer geringeren Margen ächzt. Ihr würde es helfen, wenn sie weniger Steuern bezahlen müsste. Und schliesslich geht es um den Erhalt von Arbeitsplätzen: Wenn die Steuern für zugezogene Konzerne auf das höhere Niveau von Schweizer Unternehmen angehoben würden, würde wohl mancher Konzernchef überlegen, die Schweiz zu verlassen. Es gibt somit drei Interessensgruppen, was nach einem gut schweizerischen Kompromiss verlangt.

E-Mail: lteuscher@bielertagblatt.ch

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