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Biel

Drogenhändler muss noch vier Jahre absitzen

Der 40-jährige Nigerianer, der in Biel und Nidau über drei Kilogramm Kokain verkauft hat, ist vom Regionalgericht Berner Jura-Seeland zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft werden ihm angerechnet.

Das Kokain, das der Nigerianer in der Schweiz verkaufte, wurde von Drogenkurierinnen ins Land gebracht. Illustration: Tiphaine Allemann

von Carmen Stalder

Mindestens 3,7 Kilogramm Kokain hat der Nigerianer Ajani Okoye* mithilfe von Drogenkurierinnen in die Schweiz eingeführt und unter anderem in Biel und Nidau verkauft (siehe BTvon gestern). Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland hat ihn gestern wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Ausländergesetz sowie Geldwäscherei zu fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ausserdem muss der 40-Jährige die Verfahrenskosten von rund 33800 Franken übernehmen.

Das Kollegialgericht in Fünferbesetzung blieb mit dem Urteil nahe an der Forderung der Staatsanwaltschaft: Staatsanwältin Silvia Hänzi hatte in der Hauptverhandlung vom Dienstag sechs Jahre Gefängnis gefordert. Der Verteidiger Stefan Rolli dagegen hatte eine Strafe von neun Monaten bedingt als gerechtfertigt angesehen. Die eineinhalb Jahre, die Okoye bereits in Untersuchungshaft sitzt, werden ihm angerechnet. Die effektive Zeit, die er im Gefängnis absitzen muss, beträgt also drei Jahre.

Der Angeklagte nahm das Urteil regungslos hin – so wie er auch die restliche Verhandlung über sich ergehen liess. Was wohl auch daran liegt, dass der Nigerianer, der nur Englisch und das nigerianische Igbo spricht, dem auf Deutsch verlesenen Urteil nicht folgen konnte. Erst am Schluss der gestrigen Ausführungen erklärte ihm sein Verteidiger das ausgesprochene Strafmass auf Englisch.


Er ist sich der Brisanz bewusst

Gerichtspräsident Markus Gross hielt in der Urteilsbegründung die Überzeugung des Gerichts fest, dass Okoye zwischen Anfang 2015 und Ende Juni 2016 aktives Mitglied einer Drogenbande gewesen sei. Dafür gebe es eine ganze Reihe von Anhaltspunkten. So konnte die Polizei bei der Verhaftung des Mannes sein Handy beschlagnahmen, auf dem sich gemäss Gross «aufschlussreiche Chats», «offenkundige Geldüberweisungsinformationen» und «nachvollziehbare Drogenabrechnungen» befanden.

In einer Nachricht habe es etwa geheissen «I will go now and collect it», auf Deutsch «ich gehe es jetzt abholen». Der Chatpartner des Nigerianers sei der Polizei als Kokainhändler bekannt. «Der Beschuldigte stand in einem regen Austausch mit Leuten, die wir hier im Gerichtssaal bereits gut kennen», sagte Gross.

Das Gericht ist überzeugt, dass sich der Beschuldigte der Brisanz der gefundenen Konversationen bewusst ist. Aus diesem Grund habe er im Verlauf der Befragungen plötzlich behauptet, weder über ein Facebook-Konto noch über Internetzugang auf dem Handy zu verfügen. Dieser Aussage schenkte das Gericht jedoch keinen Glauben – verfügte Okoye doch über die nötigen Passwörter.

Grundsätzlich seien die Erklärungen des Angeklagten wenig glaubhaft und ohne Konstanz, führte Gross aus. So habe er während der Hafteröffnung ausgesagt, dass er von einem ihm unbekannten Albaner Drogen im Wert von 5000 Franken auf Kommission übernommen habe. «Das ist nicht logisch, dass einem auf der Gasse eine völlig unbekannte Person Drogen in diesem Wert übergibt, sagte der Gerichtspräsident.


«Das ist unglaubhaft»

An der gestrigen Urteilsverkündung kam auch noch einmal das wechselhafte Aussageverhalten des Beschuldigten zur Sprache. Mal habe er bestätigt, dass er mit Kokain Geld verdient habe, dann habe er dies wieder abgestritten. Mal habe er eine Drogenkurierin auf einem Foto als solche erkannt, dann wieder war sie ihm gänzlich unbekannt. Einmal stammte das in seiner Wohnung gefundene Kokain von einem Albaner, später von einem Beniner.

Ähnlich sieht es bei der mutmasslich ersten Drogenübergabe aus, an der Okoye beteiligt war. Zuerst gab er zu Protokoll, damals 50 Gramm Kokain erhalten zu haben. Später wurden daraus 70 Gramm, danach 100 Gramm – und am Schluss gar nichts mehr. «Das ist unglaubhaft, dass man so etwas nicht mehr weiss», konstatierte Gross.

Gemäss dem Gericht hatte Okoye innerhalb der Drogenbande, die das Kokain von Spanien in die Schweiz geschmuggelt hat, keine dominante Stellung inne. Dennoch habe er mitreden können, etwa wenn es darum ging, das Kokain weiter zu verteilen. Daneben war er dafür zuständig, das Geld aus dem Drogenhandel einzuziehen sowie eine Wohnung für die Drogenkurierinnen zur Verfügung zu stellen. «Seine Beweggründe waren eindeutig finanziell und egoistisch», so Gross.

Strafmildernde Umstände liess der Gerichtspräsident keine gelten – gerade auch, weil der Angeklagte weder geständig war noch auch nur «einen Funken Reue und Einsicht» zeigte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb von zehn Tagen hat der Nigerianer die Möglichkeit, Berufung einzulegen und damit das erstinstanzliche Urteil weiterzuziehen.

* Name von der Redaktion geändert

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