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Nidau

Ein herber Schlag für die FDP

Die FDP hat ihre Dominanz im Nidauer Gemeinderat eingebüsst: Statt mit drei ist sie künftig nur noch mit zwei Sitzen vertreten. «Das ist für uns eine riesige Klatsche», sagt FDP-Vizepräsident Ralph Lehmann. Neu an der Spitze ist die SP, die einen dritten Sitz ergattern konnte. Die EVP zieht mit Philippe Messerli gänzlich neu in die Regierung ein.

Fünf der sieben Gemeinderäte Nidaus: (v.l.) Philippe Messerli (EVP), Marc Eyer (SP), Sandra Hess (FDP), Roland Lutz (SVP) und Martin Fuhrer (FDP). Kurt Schwab und Sandra Friedli (beide SP) fehlen ferienbedingt. Matthias Käser
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von Carmen Stalder


Vor dem Nidauer Rathaus versammelt sich eine grössere Menschenmenge. Es ist 15.30 Uhr, um diese Zeit sollten die Resultate zu den Wahlen bekannt gegeben werden. Doch die Türe ist verschlossen. Verstohlen wandern die Blicke auf die Uhr oder das Handydisplay. Mit etwas Verspätung werden die Politiker doch noch eingelassen. Als Stadtschreiber Stephan Ochsenbein das Sitzungszimmer betritt, wird es ruhig. Die Spannung ist spürbar. Er blättert durch seine Papiere. Dann beginnt er, die Resultate vorzulesen.


Die FDP erlebt eine Schlappe

Kurz zusammengefasst gibt es beim Gemeinderat eine Verliererin und zwei Gewinnerinnen. Die FDP verliert einen Sitz. Statt mit drei ist sie künftig nur noch mit zwei Politikern in der Regierung vertreten. Es ist dies neben der Stadtpräsidentin Sandra Hess, die in stiller Wahl wiedergewählt worden ist, der bisherige Martin Fuhrer. Die FDP hat es also nicht geschafft, den frei werdenden Sitz von Dominik Weibel zu verteidigen. Ein Vorhaben, das die Partei um jeden Preis erreichen wollte. So sagte denn auch Fuhrer im Vorfeld der Wahlen: «Es ist ausgeschlossen, dass wir nur mit zwei Gemeinderäten vertreten sind.»

Doch genau dieser Gau ist eingetroffen. «Das ist für uns eine riesige Klatsche», sagt FDP-Vizepräsident Ralph Lehmann enttäuscht. «Damit hätten wir niemals gerechnet.» Für Lehmann ist klar:Susanne Schneiter Marti hätte es in den Gemeinderat schaffen müssen. Als Stadträtin hätte sie das nötige Rüstzeug für dieses Amt mitgebracht, ist er sich sicher.

Für den Sitzverlust sieht Lehmann mehrere Gründe. Erstens sei Weibel als Zugpferd der FDP nicht mehr zur Wiederwahl angetreten. Zweitens gab es beim Stadtpräsidium keinen Wahlkampf:«Das hätte uns geholfen, Wähler zu mobilisieren.» Und drittens habe sich die FDP bei den Projekten Agglolac und Westast als klare Befürworterin positioniert – beides Vorhaben, die in der Bevölkerung derzeit auf Kritik stossen.


Die SP ist neu die stärkste Partei

Zu den beiden Gewinnerinnen in der Gemeinderatswahl gehört die SP: Sie konnte sich einen dritten Sitz ergattern. Damit hat sie nicht nur den Sitz des abtretenden Christian Bachmann erfolgreich verteidigt, sondern darüber hinaus zugelegt. Neben dem bisherigen Marc Eyer nehmen in der kommenden Legislatur Kurt Schwab und Sandra Friedli, beide bereits im Stadtrat vertreten, im siebenköpfigen Gremium Platz. Neu ist die SP damit im Gemeinderat die am stärksten vertretene Kraft.

«Das ist sensationell», sagt Eyer strahlend. Die SP hat zwar im Vorfeld der Wahlen bekannt gegeben, dass sie einen dritten Sitz erkämpfen möchte. Wirklich damit gerechnet hat man aber nicht. «Das Ergebnis ist schon überraschend», sagt Eyer. Seine Partei habe davon profitiert, dass die Grünen ihren Gemeinderatssitz kampflos abgegeben haben. Diese stellten nämlich für den abtretenden Florian Hitz keinen neuen Kandidaten zur Wahl. «Wir haben Stimmen von den Grünen erhalten», sagt Eyer. Dazu kommen noch weitere überparteiliche Stimmen, was er als besonders schönes Zeichen sieht.

Doch wie erklärt sich Eyer den Erfolg? Die SP sei in der vergangenen Legislatur sehr präsent gewesen. Es habe regelmässig Aktionen gegeben, von Unterschriftensammeln bis zum Verteilen von Dreikönigskuchen. Auch die Kita-Initiative für ein familienfreundliches Nidau, welche die Partei letzte Woche eingereicht hat, habe einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg geleistet. «Die SP zeigt sich im Stedtli und das hat sich gelohnt», so Eyer. Wie die neugewählten Schwab und Friedli zu ihrem Einzug in die Regierung stehen, konnte gestern nicht in Erfahrung gebracht werden – die beiden verweilen bereits in den Herbstferien.


Die EVP zieht in die Regierung ein

Die zweite Gewinnerin bei der Gemeinderatswahl ist die EVP. Die Kleinpartei konnte sich einen Sitz in der Regierung sichern und hat damit ihr Wahlziel erfüllt. «Die Freude bei uns ist riesengross», zeigte sich der gewählte Philippe Messerli nach Bekanntgabe des Resultats erleichtert. Es ist lange her, seit die EVP in Nidau zum letzten Mal im Gemeinderat vertreten war: nämlich von 1998 bis 2001.

Den Erfolg habe man einerseits der Listenverbindung mit dem PRR und andererseits der Unterstützung seitens der Grünen zu verdanken. «Alleine hätten wir das nicht geschafft», sagt Messerli. Nun habe sich gezeigt, dass man mit gebündelten Kräften viel erreichen könne – und zwar auch als Kleinpartei. Glück für die EVP, Pech für den PRR:Den angestrebten Gemeinderatssitz für Hanna Jenni haben die Welschfreisinnigen nicht ergattert.

Messerli sitzt seit rekordverdächtigen 23 Jahren in Nidauer Stadtrat. Er sei im Stedtli bekannt dafür, dass er nicht polarisiere, sondern sachorientierte Mittepolitik betreibe. Diese Eigenschaft habe ihm wohl zum Wahlsieg verholfen, so Messerli. Auch im Gemeinderat will er seine Positionierung beibehalten. Damit wird er wohl öfters das Zünglein an der Waage spielen, ist er doch damit das Bindeglied zwischen je drei Links- und Rechtspolitikern.


Ähnlich tiefe Stimmbeteiligung

Im Gemeinderat haben sich also gleich wie im Stadtrat (siehe Text unten) die Kräfteverhältnisse verändert. Von den jetzigen vier bürgerlichen Vertretern bleiben nur noch drei übrig. Neben den beiden FDP-Politikern ist dies Roland Lutz von der SVP, der seinen Sitz sichern konnte. Welche politische Seite im Gemeinderat dominiert, hängt nun also tatsächlich von Philippe Messerli ab. Obwohl: Man ist sich einig, dass die Parteizugehörigkeit im Gemeinderat eine kleinere Rolle spielt, als dies im Stadtrat der Fall ist.

Die Stimmbeteiligung bei der Gemeinderatswahl lag bei knapp 35 Prozent und ist damit ähnlich wie vor vier Jahren (knapp 34 Prozent).

Stichwörter: Wahlen Nidau

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