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Biel

Gut aussehen, wenns schlecht geht

An einem Beauty-Workshop lernen krebsbetroffene Frauen, wie sie sich trotz verändertem Aussehen schön fühlen können. Das sorgt bei den Teilnehmerinnen in Biel für neuen Mut.

Die Kursteilnehmerinnen erhalten im Workshop Tipps, die sie zu Hause umsetzen können. Barbara Héritier
  • Dossier

von Carmen Stalder

In der Schweiz erkranken jährlich über 40'000 Menschen an Krebs. Es gibt kaum jemand, der in seinem Leben nicht in irgendeiner Form mit der Krankheit konfrontiert wird – sei es als Betroffener oder als Angehörige. Krebs stellt das Leben auf den Kopf und ist sowohl körperlich als auch emotional eine schwere Belastung. Während der Krankheit und der Behandlung verändert sich das Aussehen: Haarausfall, der Verlust von Augenbrauen und Wimpern sowie Hautveränderungen greifen das Selbstvertrauen an.

Genau hier setzt das Angebot von «Look Good Feel Better» an. Die 1989 in den USA gegründete  Stiftung ist weltweit in 26 Ländern und in der Schweiz seit 2006 vertreten. Sie organisiert kostenlose Workshops für krebsbetroffene Frauen, Jugendliche und Männer. Dabei lernen die Teilnehmenden, wie sie mit den sichtbaren Folgen ihrer Therapie besser umgehen können. Sie erhalten Informationen zur Hautpflege sowie Schminktipps und tauschen untereinander Erfahrungen aus. Die Workshops sollen sowohl das Selbstvertrauen als auch die Lebensfreude der Teilnehmenden stärken.

Freiwilliges Engagement
Ein solcher Workshop hat kürzlich im Spitalzentrum Biel stattgefunden, geleitet von den beiden Kosmetikexpertinnen Ines Buffa und Monique Mannai. Sie gehören zu den über 100 freiwilligen Helferinnen, die in der Schweiz jährlich rund 1000 Teilnehmende zu den Workshops empfangen. An diesem Nachmittag werden vier Frauen erwartet. Für sie liegen jeweils ein Spiegel, Kosmetiktücher und ein Necessaire mit Pflege- und Schminkprodukten bereit. Beim Auspacken ist das Eis bereits gebrochen – die Freude über die vielen Fläschchen, Tiegel und Paletten ist gross.

Bevor der Kurs startet, machen die Frauen ein Vorher-Foto – sie sollen am Ende sehen, was ein wenig Farbe im Gesicht bewirken kann. Danach führen die beiden Leiterinnen Schritt für Schritt durchs Programm. Ein besonderes Augenmerk müsse auf den Sonnenschutz gelegt werden, betonen sie. Denn aufgrund der starken Medikamente sei die Haut sehr empfindlich. Eine Teilnehmerin meint trocken: «Sonst bekommen wir noch ein Melanom, zu alldem, was wir sonst schon durchmachen.» Tatsächlich ist es eine Menge, was Krebspatientinnen durchmachen müssen. Umso wichtiger sei es, sich etwas Gutes zu tun, so Mannai: «Das haben sie alle verdient.»

Willkommene Komplimente
Normalerweise helfen sie und ihre Kollegin den Frauen beim Schminken. Coronabedingt fällt dies aktuell aus. Doch auch so werden die Teilnehmerinnen begleitet und es wird ihnen gezeigt, wie sie die Produkte zu Hause alleine anwenden können. Bei den vier Frauen sind bald erste Resultate zu erkennen: Die Foundation lässt die Haut ebenmässig erstrahlen, der Concealer versteckt die Schatten unter den Augen, der Eyeliner verstärkt den Blick und simuliert die Wimpern. «Wow, siehst du gut aus», sagt die eine zu ihrer Sitznachbarin.

Ein gepflegtes Äusseres könne durchaus helfen, die Moral aufzustellen, sagt Ines Buffa. Sie empfiehlt den Frauen deshalb, sich manchmal auch zu Hause zu schminken – ganz einfach, um sich besser zu fühlen. Auch die Teilnehmerinnen, zuerst eine eher zurückhaltende Gruppe, tauen langsam auf. Hier noch etwas Rouge, da noch etwas Mascara und nicht zu vergessen ein paar Komplimente für die anderen Schicksalsgenossinen.

Monique Mannai erzählt von Workshops, in denen Frauen ihre Perücken abnehmen und in entspannter Atmosphäre miteinander plaudern. Manchmal würden sie anschliessend gemeinsam einen Kaffee trinken gehen und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Aufgrund der Pandemie sind die Teilnehmenden jedoch vorsichtiger geworden.

Letzter Schritt ist das Auftragen von Rouge und Lippenstift. Das mache einen grossen Unterschied, sind sich die Frauen nach einem prüfenden Blick in ihre Spiegel einig. Die Nachher-Fotos halten die gelungenen Verwandlungen fest. Sie wolle sich nicht zu fest einschränken lassen von ihrer Krankheit, sagt eine Teilnehmerin zum Abschluss. «Wenn es einem schlecht geht, möchte man doch wenigstens gut aussehen», sagt sie mit einem Lächeln.

Info: Weitere Infos sowie das laufende Kursangebot finden Sie unter www.lgfb.ch

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