Sie sind hier

Abo

Wochenkommentar

Jetzt muss der Beweis erbracht werden

Der Wochenkommentar von Lino Schaeren zu den Bieler Wohnbaugenossenschaften.

Fritz Freuler übergibt die Initiativen für bezahlbare Wohnungen. psj/a

Die Stellung der Bieler Wohnbaugenossenschaften wird durch das Reglement über die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus gestärkt, das der Stadtrat am Mittwoch genehmigt hat. Ein wichtiges Zeichen. Dass der gemeinnützige Wohnungsbau gefördert werden soll, heisst allerdings noch nicht, dass dieser eine goldene Zukunft hat. Die Politik ist lediglich der Forderung der beiden Gemeindeinitiativen nachgekommen und hat gute Voraussetzungen geschaffen. Ob die Ziele erreicht werden, liegt nun aber in erster Linie in den Händen der gemeinnützigen Wohnbauträger.

Diese werden in den kommenden Jahrzehnten beweisen müssen, wie potent sie sind. Wollen sie die eigene Vorgabe von einem 20-Prozent-Anteil gemeinnütziger Wohnungen in der Stadt Biel bis 2035 umsetzen, müssen sie jährlich im Schnitt 75 neue Wohnungen bauen. Sanierungen kommen hinzu. Der finanzielle Aufwand, den die Wohnbaugenossenschaften bestrebt sind zu betreiben, ist also enorm. Kommt hinzu, dass die Herausforderungen nicht nur bei der Finanzierung liegen. Zwar sind seitens der Stadt gute Bedingungen zugesichert, was die Abgabe von Grundstücken im Baurecht betrifft. Doch ohne überzeugendes Projekt, kein Zuschlag. Das gilt auch für das Gurzelen-Areal, auf dem bei der vorgesehenen Überbauung laut Reglement die Hälfte der Bruttogeschossfläche an gemeinnützige Wohnbauträger abgegeben wird.

Eben bei diesem Projekt erhalten die Bieler Wohnbaugenossenschaften die Möglichkeit, sich zu beweisen. Sieben von ihnen haben sich zu einer Investorengemeinschaft zusammengeschlossen und zudem einen schweizweit tätigen gemeinnützigen Wohnbauträger als Partner gewonnen. Es herrscht Aufbruchstimmung, es wird der gemeinnützige Wohnungsbau der Zukunft geplant.

Bevor die nahe Zukunft gestaltet wird, müssen jedoch die Versäumnisse der nahen Vergangenheit bereinigt werden. Wichtig ist nicht nur, dass sich nach dem Gemeinderat auch das Parlament zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus in Biel bekannt hat, sondern auch, dass nun – endlich – die auslaufenden Baurechtsverträge zwischen Stadt und Genossenschaften verlängert werden. Dies wird mit dem neuen Reglement ermöglicht, dank klaren Richtlinien ist die Gleichbehandlung gewährleistet.

Betroffen sind viele Verträge. Es sind rund 40, die bis Ende des Jahres erneuert werden müssen. Einige laufen Ende Dezember aus, andere sind bereits ausgelaufen und wurden provisorisch verlängert. Weitere 20 werden Ende 2018 fällig. Nicht wenige der Baurechtsverträge hatten eine Laufdauer von 60 Jahren, da erstaunt es doch, dass es nicht frühzeitig gelang, neue Grundsätze zu definieren, um Verträge mit angepasstem Baurechtszins aushandeln zu können. Erst 2013 wurde mit dem Unterzeichnen einer Charta ein entscheidender Schritt getan, nun, nach dem das Parlament das Reglement genehmigt hat, bleibt ein halbes Jahr für die Umsetzung. Zeitdruck, den sich die Stadt in erster Linie selber auferlegt hat.

E-Mail: lschaeren@bielertagblatt.ch

Nachrichten zu Biel »