Sie sind hier

Abo

Biel

Josef und Maria aus Orangenschalen

Der Künstler Andres Stirnemann hat im Lindequartier in Biel ein ungewöhnliches Adventsfenster gestaltet. Die Figuren hinter dem Fenster sind ständig in Bewegung. Für seine Installation hat der Künstler nachhaltige Materialien verwendet.

Bild: zvg

Wer an der Wohnung von Andres Stirne-mann am Hohlenweg 20 vorbeigeht, sieht ein bunt beleuchtetes Fenster, hinter dem dunkle Figuren vorbeischweben. Es könnten Engel sein, Geister oder Fantasiegestalten. Das Bild wechselt ständig, die Figuren schweben aus dem Bild und tauchen wieder auf. Manche Passanten wundern sich wohl, wie das Adventsfenster im Lindequartier funktioniert. Genau das will Stirnemann damit erreichen. Bei einem kleinen Adventsapéro konnten die Leute die Installation von innen anschauen. So entstand ein Austausch zwischen den Bewohnern im Quartier.

 

Himmel aus 4000 Jahren

Stirnemann setzt sich in seiner Arbeit mit Licht und Schatten auseinander. Er projiziert vom hinteren Teil seines Ateliers Ausschnitte von gemalten Himmeln direkt auf das Fenster. Die Malereien stammen zum Beispiel von Van Gogh, Segantini und Sonia Delaunay und ziehen sich durch 4000 Jahre Kunstgeschichte. Teilweise sind Sterne, Wolken oder eine Sonne zu erkennen, teilweise nur Farben zu sehen.

Zwischen dem Beamer und dem Fenster hängt ein Mobile aus Naturmaterialien und Abfall. Viele Leute seien erstaunt gewesen, wie gross das Mobile ist, sagt Stirnemann. Die Grösse hat einen praktischen Grund: Nur so werden die Schatten, die das Mobile auf das Fenster wirft, scharf. Dreimal hat der Künstler die Installation gemacht, bis sie funktioniert hat.

Auf zwei Seiten des Mobiles steht je ein kleiner Ventilator, der dieses in Bewegung bringt. Da ist eine Figur aus Orangenschalen, die Josef mit Maria sein könnte. Eine andere erinnert an einen Hirsch. Das Geweih besteht aus einem Ast mit Knospen, der aus dem Garten des Nachbarn des Künstlers stammt. Der Ast trocknete erst vollständig, während die Installation bereits fertig war, erzählt der Künstler. Dadurch wurde er täglich leichter. Stirnemann musste aus diesem Grund an mehreren Tagen das Gewicht des fragilen Mobiles ausgleichen.

Eine Krippe, bestehend aus einem Biokörbchen für Früchte, schwebt vorbei. Daraus recken sich kleine Äste. Früher haben Kinder in der Adventszeit jeden Tag einen Strohhalm in eine Krippe gelegt, erzählt Stirnemann. So, wie Kinder heutzutage täglich ein Adventskalendertörchen öffnen.

 

Adventsfenster aus Abfällen

Weiter hängen an dem Mobile symbolische Gebilde für das Herz Jesu, für die Kreuzigung und die Auferstehung. Stirnemann war es wichtig, für sein Adventsfenster mit Resten, Abfällen und Organischem zu arbeiten und so einen Kontrast zu setzen zum Konsumwahn gerade während der Weihnachtszeit. «Ich könnte stundenlang erzählen», sagt der Künstler und lacht.

Andres Stirnemann ist seit drei Jahren pensioniert. Er hat an der Hochschule der Künste Zürich studiert und später dort doziert. «Ich habe immer Kunst gemacht», sagt er. sg

Nachrichten zu Biel »