Sie sind hier

Abo

Biel

Kioske — eine lieb gewonnene Gewohnheit

In den 2000er-Jahren begann auch in Biel das Kiosksterben. Die Kioske verschwanden aus den Quartieren. Dafür entstanden zahlreiche Döner-Take-Aways.

Das Kiosk-Sterben setzte in den 2000er-Jahren ein. Anstelle des früheren Kiosks des Bieler Originals Antonio Cataldo steht heute in der Provisorium-Bar der Töggelikasten. Bilder: Mémreg/Matthias Käser
  • Dossier

Sabine Kronenberg

Wann sind eigentlich die Kioske aus unserem Alltag verschwunden? Das waren noch Zeiten, als man an «seinem» Kiosk «das Übliche» bestellte und bei einer netten Plauderei der Verkäuferin beim Rollen des Wochenmagazins zuschaute. Man kannte sich, wohnte nebenan. Kioske waren eine lieb gewonnene Gewohnheit. Riesengewinne hatten sich mit den Kiosken nie machen lassen – dafür ist die Differenz zwischen dem Einkaufs- und Verkaufspreis, die Marge, seit jeher zu gering. Die Marge ist seither zudem immer kleiner geworden.

Lange Zeit waren noch Zigaretten einer der meistverkauften Artikel am Kiosk und sorgten mit den Tabaksteuern für satte Gewinne, die inzwischen von den Herstellern nicht mehr weitergegeben werden. Später ist dann ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Kioske neuen Entwicklungen gewichen: der Verkauf am Wochenende.

 

Kioske in Bedrängnis
Mit Aufkommen der flexibleren Öffnungszeiten von Tankstellen und den Geschäften im Bahnhof Biel kamen Kioske weiter in Bedrängnis. In den 2000er-Jahren begann in Biel damit wie allerorts das «Kiosk-Sterben». Die Kioske verschwanden aus den Quartieren, wo stattdessen die Döner-Take-aways wie Pilze aus dem Boden schossen.

Überhaupt haben die Take-away-Möglichkeiten die Kioske noch zusätzlich in Bedrängnis gebracht. Den kleinen Snack für zwischendurch holt man sich heute an der Saftbar «zum Mitnehmen». Das war nicht immer so. Viele Bielerinnen und Bieler erinnern sich noch an den Kiosk am See, nicht weit des See-Gymnasiums. Hier holten sich Generationen von Schülerinnen und Schülern ihren Znüni. Als dieses Kioskhäuschen Ende der 80er-Jahre dem Abbruch preisgegeben wurde, kam es zu Aufruhr und Initiativen, um dies zu verhindern. Einer der letzten Kioske ausserhalb des Bahnhofareals, das noch bis 2013 bestand, war der Kiosk im Gebäude am Guisan-Platz, in dem sich das Pickwick-Pub und heute das Provisorium – ein «Provisorium» seit Mai 2009 – befindet. Dort, wo heute im Provisorium der Töggeli-Kasten steht, hatte das Bieler Original und italienisch-schweizerische Doppelbürger Antonio Cataldo mit seiner Frau 38 Jahre lang den Kiosk betrieben. Cataldo, Wahlbieler seit seinem 25. Lebensjahr, war seit Jahrzehnten in Biel mit seinem Taxi unterwegs und verkaufte fast vier Jahrzehnte lang von frühmorgens bis abends im Kiosk Kaugummis, Zeitungen und Zigaretten und nebenher Rennvelos. Einen passenden Spruch gab’s für jeden Kunden gratis dazu.

 

Umtriebiger Unternehmer
Der umtriebige Unternehmer war auch acht Jahre lang im Bieler Stadtrat aktiv und fiel immer wieder mit italienischem Temperament und entsprechend emotionalen Wortmeldungen auf. Politisiert wurde Cataldo bereits in seiner Kindheit, war er doch während des Italienfeldzugs der Alliierten im Zweiten Weltkrieg ein Kleinkind. Das prägte ihn und machte ihn zeitlebens zu einem Vertreter bodenständiger Anliegen wie etwa einem Wasserpark in der Art des Alpamare, sein Gegenentwurf zum Agglolac-Projekt.

Über sein politisches Ansinnen war er am Kiosk und im Taxi immer für einen Schwatz zu haben. Er sah sich denn auch als eine Art Volkstribun. Zuletzt versuchte er noch in mehreren Anläufen, den damaligen Stadtpräsidenten Hans Stöckli abzulösen. Seine Kandidaturen gaben in Biel immer einiges zu reden — an den Erfolg glaubte indes niemand, ungeachtet der lokalen Bekanntheit Cataldos mit seinem breitkrempigen Hut und den bunten Hemden sowie der Sympathie, die ihm die Bielerinnen und Bieler grundsätzlich entgegenbrachten.

Es blieb denn auch bei den Versuchen, Stöckli zu stürzen. Ein wichtiger Bieler ist er allemal: Als er 2013 den Kiosk am Guisan-Platz aufgab, ging eine Ära zu Ende.

Nachrichten zu Biel »