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Biel

Rückweisungsantrag bleibt chancenlos

Der Stadtrat hat gestern einen Kredit über rund vier Millionen Franken für die Neugestaltung der Stämpfli-Strasse gesprochen. Ein Rückweisungsantrag der Ratsrechten wurde harsch kritisiert und klar abgelehnt.

Jakob-Stämpfli-Strasse: Die Visualisierung zeigt, wie sie in einigen Jahren aussehen wird. zvg
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Lino Schaeren

Der Bieler Stadtrat hat gestern einen Kredit über 4,15 Millionen Franken für die Neugestaltung der Jakob-Stämpfli-Strasse genehmigt. Ein Rückweisungsantrag der Fraktion SVP/Die Eidgenossen wurde harsch kritisiert und deutlich abgeschmettert. Das Projekt sieht einen Strassenabschnitt vor, der dank 80 Bäumen Allee-Charakter aufweist, mit breitem Trottoir im Süden und im Norden sowie Velostreifen auf der Fahrbahn (das BT berichtete).

Sowohl die Geschäftsprüfungskommission (GPK), als auch die Fraktionssprecher äusserten sich grundsätzlich positiv zum Neugestaltungsprojekt. So sagte etwa Christoph Grupp (Grüne), dass sich mit den Bauten, die derzeit entlang der Stämpfli-Strasse entstehen und noch entstehen werden, ein wichtiger neuer Stadtteil entwickle und die Bewohner eine entsprechend aufgewertete Strasse verdient hätten. «Dieses Quartier wird zur neuen Visitenkarte.»

Und Max Wiher (GLP) sagte, dass sich seine Fraktion grossmehrheitlich über die zusätzlichen Bäume, die gepflanzt werden sollen, freue. Er kritisierte allerdings, dass der Velostreifen bei den Fussgänger-Schutzinseln unterbrochen werden, was «gefährlich» sei und man sich deshalb für die Zukunft Verbesserungen erhoffe.

«Wichtigste Ost-West-Achse»

Tatsächlich fanden in der Diskussion etliche Parlamentarier kritische Worte zur Lösung mit den Velostreifen auf der neu zu gestaltenden Jakob-Stämpfli-Strasse. So monierte Friedrich Thomke (BVP), dass man besser einen separaten Velostreifen auf einem etwas breiteren Trottoir hätte planen sollen, die Velofahrer auf der Strasse seien die schlechtmöglichste Lösung.

Dennis Briechle (GLP) sagte, dass die Stämpfli-Strasse die wichtigste Ost-West-Achse des Veloverkehrs der Stadt Biel und Teil des nationalen Velonetzes sei. Die geplanten Velostreifen seien ein Stückwerk, so Briechle, aufgemalt, wo sie gerade passen würden. «Wo, wenn nicht hier, bestünde die Chance, vorwärtszumachen mit der Förderung des Veloverkehrs?», fragte er. Briechle lehnte das Erneuerungsprojekt als «eine fantasielose Versiegelung des Bodens», als ein «28 Meter breites Teerband durch die Stadt» ab.

Auch Markus Habegger (SVP) war mit den geplanten Velostreifen nicht zufrieden. Er sagte, dass die Velofahrer missbraucht würden, «um den motorisierten Individualverkehr langsamer zu machen». Für die Velofahrer und deren Sicherheit werde nicht viel mehr gemacht, als auf einem Abschnitt der Strasse Linien aufzumalen. Trotz der Kritik stimmten schliesslich 43 Parlamentarier bei 6 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen dem Kredit zu, der dem fakultativen Referendum unterliegt.

Die Kritik der Baudirektion

Ebenso deutlich, wie das Gesamtprojekt gutgeheissen wurde, hat der Stadtrat einen Rückweisungsantrag der Fraktion SVP/Die Eidgenossen abgelehnt. Dieser zielte in seinem Ursprung eigentlich auf eine «Entflechtung des Verkehrs», die Ratsrechte forderte einen separaten Velostreifen auf dem Trottoir, Busbuchten bei den Haltestellen und deutlich weniger Bäume. Die Auflage der Verkehrsentflechtung zog die Fraktion allerdings noch vor der Sitzung wieder zurück, man sei überzeugt worden, «dass dies aus rechtlichen und finanziellen Gründen nicht sinnvoll wäre», wie Joel Haueter (SVP) sagte.

Baudirektorin Barbara Schwickert (Grüne) bedankte sich bei jenen Stadträten, die an der Informationsveranstaltung teilgenommen hatten. «Das ist für mich eine seriöse Arbeit, solche Leute sind exekutivtauglich, weil sie sich mit der Sache auseinandersetzen und versuchen, Lösungen zu finden», sagte sie – und kritisierte damit eigentlich die Fraktion SVP/Eidgenossen. Denn, so Schwickert, kein Fraktionsmitglied habe an der Begehung vor Ort teilgenommen oder vor dem Einreichen des Rückweisungsantrags kritische Fragen gestellt.

Deutlichere Worte fand Christian Löffel (EVP), der sagte, aus Spargründen auf Bäume zu verzichten, fände er «bireweich». Er sei auch für das Sparen, aber nur da, wo es auch Sinn mache. An der Begehung sei zudem überzeugend dargelegt worden, wieso Busbuchten bei den Halstestellen nicht möglich seien. Dies, da die Haltestellen behindertengerecht mit höheren Randsteinen gebaut werden müssten. Niklaus Baltzer (SP) hielt zudem fest, dass man bei einem guten Gesamtpaket nicht unnötig an Schrauben drehen sollte. Das Parlament lehnte den Rückweisungsantrag mit grosser Mehrheit ab.

Drittmittel zugesichert

Die Bauarbeiten im 500 Meter langen Abschnitt der Stämpfli-Strasse zwischen Falkenstrasse und Grünweg sollen im kommenden Jahr beginnen und 2019 abgeschlossen werden. Das Projekt wird an die Hand genommen, da die Strasse durch ein Gebiet im Stadtzentrum führt, das sich im Umbruch befindet.

Südlich der Strasse baut die Swatch Group, ebenfalls im Rohbau und ebenfalls im Süden der Jakob-Stämpfli-Strasse befindet sich die private Wohnüberbauung «Jardin du Paradis». Die Neugestaltung der Schüssinsel soll im kommenden Sommer abgeschlossen sein. Zudem steht im Norden in den nächsten Jahren die Überbauung Gurzelen und die Erweiterung der Schule Champagne an.

Obwohl der Stadtrat gestern einem Kredit über rund vier Millionen Franken genehmigt hat, wird die Stadt Biel nicht die ganzen Kosten tragen müssen. Da die neuen Bauten südlich der Stämpfli-Strasse durch das Trottoir für Fussgänger neu erschlossen werden, erhebt die Stadt bei der Previs und der Swatch Group Grundeigentümerbeiträge von insgesamt 800 000 Franken – wobei die Swatch Group ihren Beitrag mit dem Landkauf auf dem ehemaligen Gygax-Areal bereits geleistet hat. Zudem hat der Kanton 1,5 Millionen Franken aus dem Agglomerationsprogramm zugesichert. Knapp 60 Prozent der Kosten für die Erneuerung der Stämpfli-Strasse werden also durch Drittmittel finanziert.

Kommentare

mstuedel

@Georges: Schauen Sie das Projekt etwas genauer an: Der Kreuzplatz wird durch die Öffnung gegen die Schnyder - Villa erweitert, begrünt und verkehrsberuhigt, die heute äusserst unwohnliche Madretschstrasse erhält zudem auf der Nordseite eine Baumreihe, wie die Skizze oben rechts auf der 2. Seite hier zeigt: http://www.bielertagblatt.ch/sites/bielertagblatt.ch/files/4e/27/4e27adaf0fcc1fab1571705d60df3bbb.pdf Natürlich ist dies noch nicht die grosse Aufwertung für ganz Madretsch, da gebe ich Ihnen Recht, aber immerhin könnte damit, zusammen mit der erwarteten Reduktion des Verkehrs, welche Sie ansprechen, so etwas wie ein Platz und Quartierzentrum entstehen, anstelle eines blossen Verkehrsknotens. Dies hat Madretsch dringend nötig. Madretsch wird jedoch nie ein Quartier für Gutbetuchte werden, wie kommen Sie auf diese Idee? Dies kann auch nicht das Ziel sein; es gibt dafür genügend Quartiere, die dazu viel bessere Voraussetzungem mitbringen. Mit Schritten wie diesem lässt sich die Lebensqualität für die Quartierbewohner aber etwas verbessern.


Georges

@mstuedel Ich vermute Sie wohnen nicht in Biel und sicher nicht in Madretsch. Meinen Sie es ernst, dass ein 14-stöckiger Turm und ein Paar Läden die Lebensqualität im Quartier verbessert??? Und nebenbei, ist es Ihnen nicht aufgefallen, dass der renovierte Turm am Kreuzplatz fast leer bleibt. Glauben Sie, dass Madretsch gutbetuchte und gutverdienende wie ein Magnet anziehen wird, wenn dass ganze Quartierumfeld nicht verbessert wird? Die einzige Hoffnung mittelfristig für die Quartierbewohner ist, das der Verkehr wegen (A5-Anschluss) etwas reduziert wird. Und mit dem haben wir es schon...


mstuedel

@Georges: Für Madretsch gibt's doch dieses schöne Aufwertungsprojekt in der Pipeline: http://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/aufwertung-im-zentrum-von-madretsch und ganz nebenbei bewegt sich auch in Mett etwas: http://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/weiterentwicklung-des-zentrums-von-mett Beide Projekte werden dem Volk zur Abstimmung vorgelegt und es läuft im Falle von Madretsch derzeit ein Mitwirkungsverfahren. @Boezinger: Dass wir beim Bahnhofprojekt und beim Neumarktpaltz auch gleich über die Stämpfli -Strasse mit abgestimmt haben, wäre mir neu. Oder haben wir damals etwas einem vollständigen Strassenbaustopp zugestimmt?


Boezinger

Einmal mehr pure Geldverschwendung! Zudem ein Affront und eine Respektlosigkeit gegenüber der Mehrheit der Stimmbürger, welche die Projekte "Bahnhofplatz" und "Neumarktplatz" verworfen haben. Verantwortungsgefühl scheint die Mehrheit unserer Parlamentarierinnen nicht zu haben!


Georges

Na klar, Madretsch kann noch weiter vergammeln. Wie viele Visitenkarten soll Biel noch erhalten?


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