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Biel

So stehen die Parteien zum Westast

Während der Bieler Gemeinderat mit seiner Meinung zum Westast noch immer hinter dem Berg hält, sagen die meisten Parteien, wie sie zum Projekt stehen. Farbe bekennen soll zum Programm werden.

Bild: Matthias Käser
  • Dossier

Deborah Balmer

Der Bieler Westast ist umstritten: Anfang November demonstrierten Tausende gegen das Autobahnprojekt, durch das Hunderte von Bäumen und 74 Häuser auf Stadtgebiet verschwinden würden. Nur 21 Prozent der Bevölkerung aus Biel und der Umgebung unterstützen laut einer repräsentativen Demoscope-Umfrage des BT den Westast. 49 Prozent der Befragten sprechen sich für die Alternative «Westast so besser» aus. Diese 
Variante verzichtet auf die geplanten Anschlüsse «Bienne-Centre» und «Seevorstadt». Zudem sieht sie einen rund fünf Kilometer langen Tunnel von der Verzweigung Brüggmoos bis Vingelz/Rusel vor. Ausgearbeitet wurde dieser Vorschlag vom Komitee «Westast so nicht». Es hat vor Kurzem Stadträte, die gegen den Westast sind, zu einer Strategiesitzung eingeladen: 27 von 60 Parlamentariern sind gekommen, um darüber zu diskutieren, wie man die beiden Autobahnanschlüsse im Stadtzentrum verhindern und dafür den Fuss- und Veloverkehr sowie den ÖV fördern könnte. Laut dem Komitee soll der Westast zum nationalen Wahlkampfthema 2019 werden: Die Kandidatinnen und Kandidaten sollen daran gemessen werden, wie sie zum Projekt stehen.

Doch wie stehen die Parteien dazu? Während der Bieler Gemeinderat bisher weder Ja noch Nein sagt zum Westast, nehmen die meisten Parteien Stellung. So wie die Grünliberalen: GLP-Parteipräsident Dennis Briechle sagt, seine Partei halte die Linienführung der A5 entlang des nördlichen Seeufers für einen historischen Fehlentscheid. Mit dem Bau der Autobahn würde dieser Fehler für Generationen zementiert. «Aus diesem Grund sind wir kritisch eingestellt gegenüber dem Ausführungsprojekt.» Auch der Alternativvorschlag «Westast so besser» würde diese Linienführung verfolgen. Trotzdem spricht sich die GLP dafür aus, dass das Alternativprojekt vertieft und vor allem unabhängig geprüft und dem Ausführungsprojekt gegenübergestellt wird. «Das ist bisher leider nicht geschehen», sagt Briechle.

 

Überdachte Anschlüsse

Immer wieder ist zu hören, dass mittlerweile sogar in der SVP Westast-Gegner sitzen: Mit nur einer Gegenstimme hat die Partei sich Mitte Juni allerdings an der Parteiversammlung gegen die Alternativ-Variante ausgesprochen. Bekennende Westast-Gegnerin ist einzig Stadträtin Beatrice Helbling (SVP). Laut SVP-Parteipräsident Patrick Widmer unterstützt die Gesamtpartei das offizielle Ausführungsprojekt. «Nur eine Autobahn mit zwei richtungsgetrennten Röhren und den vorgesehenen Anschlüssen bringt die notwendige Entlastung in der Innenstadt», sagt Widmer. Allerdings sähe es die SVP gerne, wenn die Anschlüsse Bienne-Centre und Seevorstadt überdacht würden. «Das könnte eine mögliche Lösung, um aus der derzeitigen Pattsituation wieder herauszufinden», so Widmer.

Die FDP steht weiterhin geschlossen hinter dem Westast, wie Parteipräsident Peter Bohnenblust betont. Dass man damit an einer Mehrheit vorbeipolitisieren könnte, hält er für Unsinn. «Aufgrund einer aus unserer Sicht nicht aussagekräftigen Umfrage auf eine Mehrheit zu schliessen, sollte auch nicht Anlass geben, seine Meinung zu ändern. Wir sind keine ‹Windfahnen› wie andere Parteien», sagt er. In der Schwesterpartei, dem Parti Radical Romand (PRR), klingt es hingegen etwas weniger eindeutig: PRR-Parteipräsident Daniel Suter sagt, die Partei habe bisher keine offizielle Position zum Thema eingenommen. «Praktisch ist aber die Mehrheit unserer Mitglieder für das Ausführungsprojekt», sagt Suter, der ergänzt, dass es auch einzelne Mitglieder gebe, die gegen den Westast seien. Eine offizielle Stellungnahme wolle man spätestens dann kommunizieren, wenn es zu einer Konsultativabstimmung komme, wie das ein hängiger Vorstoss im Bieler Stadtrat fordert.

Bei der EVP sagt Stadtrat Thomas Brunner ebenfalls, die Partei sei sich noch nicht einig, was die A5-Umfahrung angehe: «Irgendwann werden wir Stellung nehmen müssen, derzeit halten wir uns allerdings auf Stand-by.» Brunner selber ist bekennender Westast-Gegner und war deshalb an der Strategiesitzung des Komitees «Westast so nicht» eingeladen. Seine Parteikollegin im Stadtrat, Franziska Molina, ist hingegen neutral.

 

«Es geht auch ohne»

Am liebsten ganz auf die Umfahrung verzichten wollen bekannterweise die Grünen. Parteipräsident Urs Scheuss sagt: «Wir fordern eine Verkehrspolitik ohne Westast. Dass es auch ein Jahr nach Ost-
asteröffnung noch nicht zum Verkehrschaos gekommen ist, ist Tatbeweis genug, dass es auch ohne geht.» Nach Meinung der Grünen funktioniert der Ansatz, den Verkehr mit Umfahrungsstrassen aus der Stadt zu bringen, höchstens für ein paar Jahre, weil neue Strassen zu neuem Verkehr führen, der die Verkehrsberuhigung wieder zunichtemacht. Bei den Grünen hofft man darauf, dass sich das Verkehrsverhalten in Zukunft ändert. Stichworte: mehr Car-Sharing, mehr Teilzeitarbeit und weniger Autobesitz.

Die SP/Juso verlangt mittels Postulat einen Marschhalt, den der Gemeinderat vom Kanton Bern einfordern soll (das BT berichtete). «Die Ausführung des A5 ist für Biel ein riesiges Bauwerk, das unsere Stadt prägen wird. Es ist deshalb wichtig, wie diese Durchgangsstrasse gebaut wird. Die Opposition ist stark am Wachsen», sagt SP-Stadtrat Alfred Steinman. Die Neubeurteilung der verschiedenen Varianten könne nur aufgrund der aktualisierten Verkehrszahlen vorgenommen werden, alles andere sei unseriös.

Im Parti Socialiste Romand (PSR) heisst es, in der Partei finde man Mitglieder mit unterschiedlichen Meinungen zum Westastprojekt. Grundsätzlich sei der PSR der Überzeugung, dass das offizielle Projekt die gewünschten Effekte nicht bringen werde. «Der Westast ist ein Vorhaben aus der Vergangenheit, das Probleme in der Zukunft lösen soll», sagt Stadträtin Glenda Gonzalez (PSR). Stadtratspräsidentin Ruth Tennenbaum (Passerelle) die mit vier anderen Stadträten zur neu gebildeten Fraktion «Einfach Libre» gehört, fordert eine möglichst rasche Konsultativabstimmung (das BT berichtete).

Dass der Gemeinderat bisher keinen Beschluss bezüglich Westast gefasst hat, finden nicht alle negativ: So sagt etwa die GLP, man interpretiere das als eine Art Umdenken in der Exekutive. Zudem könnte es laut GLP im Hinblick auf eine allfällige Konsultativabstimmung von Vorteil sein, wenn sich die Bevölkerung ohne Kenntnis der Ansicht des Gemeinderats eine Meinung bilden kann.

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