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Stadtentwicklung

Wie Biel zur zweisprachigen Uhrenstadt wurde

Biel ist lange Zeit eine deutschsprachige Stadt gewesen. Eine Wirtschaftskrise führte Mitte des 19. Jahrhunderts dazu, dass Biel Uhrenarbeiter aus dem Jura holte.

Ecole d'horlogerie à Bienne. Copyright: sl
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Sabine Kronenberg

Die Zweisprachigkeit Biels ist auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zurückzuführen, als Biel sich von einem Dorf mit einigen zerstreuten Häusern zu einer befestigten Stadt und schliesslich zu einer Industriestadt entwickelte. Noch 1770 bestanden auch die angrenzenden Dörfer, die heute längst Quartiere Biels geworden sind, nur aus ein paar versprengten einzelnen Häusern. Biel zählte 1698 Einwohner, welche den kleinen Bezirk um die Stadtkirche bewohnten. Heute zählt der Verwaltungskreis Seeland 72 076 Einwohner. Dieses Bevölkerungswachstum ist ebenfalls eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung Biels verknüpft.

Hatten Anfang des 19. Jahrhunderts innerhalb der Siedlungsgrenzen noch die alten Zunfthandwerke die Oberhand, kam ausserhalb der Stadtmauern ab den 1850er-Jahren die Textil- und Drahtindustrie auf. Die Wasserkraft hierzu lieferte die Schüss, seit jeher die Wasser- und Wirtschaftsader der Siedlung Biels. Ursprünglich diente die Schüss dem Transport, der Kanalisation und der Bewässerung, zusehends und nach der Kanalisierung 1829 aber immer mehr der Umnutzung der Wasserkraft in Energie oder Zugkraft (für die Drahtwerke). Die Kanalisierung beförderte auch die Entsumpfung und Urbarmachung der vormals regelmässig überschwemmten, sumpfigen Gebiete südlich der Siedlungsgrenzen.

Unternehmen schliessen

Während die Indienne- und Verdan-Textilindustrie aus den Gebäuden, in denen sich heute das Museum Neuhaus befindet, aus Biel verschwunden sind, bestehen Uhren- sowie Drahtindustrie bis heute, wobei sich beide Sektoren stark weiterentwickelt haben. Als die Textilindustrie am Standort Biel 1842 eingestellt wurde, weil die Unternehmerfamilien nicht in Innovationen investieren wollten und aus diesem Grund sämtliche Textilunternehmen schlossen, geriet die wirtschaftliche Entwicklung Biels in eine erste Krise.

Zahlen verdreifacht

Diese Krise führte dazu, dass die Behörden die «Einwanderung» von Uhrenarbeitern aus dem Jura erleichterten, indem sie diesen das sogenannte «Einsassengeld», das sonst für eine Einbürgerung entrichtet werden musste, erliessen. So wanderten ab 1844 1700 französischsprachige Uhrmacher ein, womit die vormals deutschsprachige Stadt zweisprachig wurde.

So entstand der Bilinguismus in Biel und die Bevölkerung begann rasant zuzunehmen. In den kommenden Jahren verdoppelte und verdreifachte sich die Einwohnerzahl Biels, und auch die Uhrenproduktion liess aus Ateliers Manufakturen erwachsen, aus welchen wiederum die ersten grossen Fabriken entstanden. 1873 wurde die Uhrmacherschule gegründet, und die Omega-Gruppe entstand aus dem 1848 in La-Chaux-de-Fonds gegründeten Atelier Louis Brandts. 1878 wurde der Betrieb Jean Aegler gegründet, welcher später zur Rolex SA wurde. Biel wurde zur zweisprachigen Uhrenstadt.

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