Wir brauchen mehr Stuckis

Soeben lese ich in einer Tageszeitung eine Schlagzeile «Kopfhoch! Optimisten leben länger». Ja sicher, denke ich, grundsätzlich aber wenig erstaunlich. Da wird durch eine amerikanische Studie doch lediglich eine Tatsache wissenschaftlich bestätigt, die für viele längst klar ist. Nicht, weil das Leben für Optimisten länger dauert, sondern weil es einfach angenehmer ist.

Ohne Wissenschaft, ohne Studien und ohne Statistiken: Zuversicht ist ein Grundwert, den es ganz hoch zu gewichten gilt. Aus Zuversicht entsteht Optimismus – gepaart mit einer gehörigen Portion Realitätssinn sind die Zutaten für das kleine bisschen Mehr gegeben.

Diese Gedanken sind dieser Tage natürlich gespiesen durch das Miterleben der Krönung des Lysser Schwingers Christian Stucki. Wie viele habe ich am Wochenende beim Geschehen in Zug mitgefiebert – unauffällig und als stiller Geniesser von dem Fernsehgerät. Der Stucki Chrigu, ohne ihn persönlich zu kennen, beeindruckt mich als Sportler und noch viel mehr als Mensch enorm. Zuversicht, Optimismus und Realitätssinn scheinen in diesem Koloss derart dominant, dass man bisweilen den an der absoluten Spitze nötigen Killerinstinkt vermisste. An sich ist das positiv, fallen doch verbissen Kämpfende nicht immer nur positiv auf. Im Spitzensport kann es aber das Quäntchen sein, das zwischen Sieg und Niederlage entscheidet.

Wie viele haben im Vorfeld des Eidgenössischen Schwingfestes am Lysser Christian Stucki gezweifelt. Zu alt sei er, zu wenig konsequent, durch eine Verletzung zu stark zurückgebunden. Und vieles mehr. Der Verlauf der zwei Tage war für den Seeländer dann alles andere als ideal – sehr starke Gegner am Laufmeter, zwei gestellte Gänge am Sonntag, junge Athleten, die ihre Kraft und Frische medial geschickt einsetzten. Wir wissen es nun: vergeblich. Stucki hat es allen gezeigt. Nochmals: Zuversicht, Optimismus und Realitätssinn sind die Basis für den erfreulichen Exploit. Dazu kommt Ehrgeiz, Konsequenz, Konzentration aufs Wesentliche und – natürlich – die nötige Portion Glück. Das gilt für alle Lebenslagen und für alle Herausforderungen. Das fehlt manchmal. Kurz: Wir brauchen mehr Stuckis.

Herr Stucki: Von meiner Seite (auch noch) herzliche Gratulation – wenns mal zum Aufeinandertreffen und zum Gedankenaustausch kommt, sehr gerne. Wir geben gemeinsam unseren Optimismus weiter.

brentsch@bielertagblatt.ch
Twitter: @BernhardRentsch