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Nidau

Zwei Unternehmen backen für Nidau

In den letzten Monaten gab es in der Nidauer Bäckereilandschaft einige Rochaden. Das verunsicherte die Kundschaft, sie bangte vor allem um die Versorgung am Sonntag. Das «Bieler Tagblatt» schafft Klarheit.

Zwei Bäckereien für Nidau: Der Schloss-Beck an der Nidauer Hauptstrasse hat auch am Sonntag geöffnet. Einige Meter weiter, in der Schulgasse, eröffnete am letzten Freitag das Lysser Unternehmen Burkhard eine Filiale. Tobias Tscherring

Tobias Tscherrig

Am Sonntagmorgen weht ein schneidend kalter Wind durch die Strassen von Nidau. Er neckt den aufkommenden Frühling, ringt ihm die Vorherrschaft ab und erinnert noch einmal an die Winterzeit. Wer zur frühen Morgenstunde das Haus verlässt, tut dies notgedrungen und beeilt sich, wieder ins Warme zu kommen. Eine offene Bäckerei, ein Tea-Room: willkommene Zwischenstationen.

Die Schaufenster des SchlossBecks beleuchten die Nidauer Hauptstrasse. Ein goldener, verheissungsvoller Glanz liegt auf dem Trottoir vor dem Laden und lockt die Passanten mit den Versprechen von Wärme, frischen Backwaren und duftendem Kaffee. Keine leeren Verheissungen, die Türe geht auf. Der Schloss-Beck öffnet seinen Hauptsitz an der Hauptstrasse seit Anfang Jahr auch am Sonntag.

 

Knackpunkt Sonntagsgeschäft

Die Verwirrung um die Backstuben von Nidau begann mit dem Wegzug der Bäckerei Art Dessert Agazzi. Nach zwölf Jahren schloss das Unternehmen seine Filiale an der Schulgasse. Die Nidauer wurden nicht informiert, Gerüchte machten die Runde. Die Bäckerei sei oft überfallen worden, hiess es damals. Eine falsche Annahme, wie Geschäftsführer Pascal Agazzi gegenüber dem «Bieler Tagblatt» sagte. Vielmehr habe man neben guten auch immer wieder schlechte Erfahrungen mit dem Personal gemacht.

Trotzdem vermissten die Nidauer «ihre» Agazzi, diese hatte damals als einziger Betrieb auch am Sonntag geöffnet. Sonntägliche Gipfeli gab es lange nur bei Agazzi zu kaufen.

Matthias Kuster, Geschäftsführer des Schloss-Becks, beschloss versuchsweise in die Bresche zu springen und übernahm die Filiale an der Schulgasse. Schliesslich wünschten sich viele Kunden nahe Parkplätze, hier waren sie vorhanden, sagt er.

Nach einigen Monaten schloss der Schloss-Beck seine Filiale aber bereits wieder, der Standort an der Schulgasse verwaiste. «Das war ein Test», sagt Kuster dazu. «Die Filiale lag viel zu nahe an unserem Hauptsitz, wirtschaftlich gesehen lohnte sich das schlichtweg nicht.» Trotzdem hätten er und sein Team bemerkt, dass die Sonntagsverkäufe ein echtes Bedürfnis der Nidauer seien. «Deshalb öffnen wir unseren Hauptsitz an der Hauptstrasse neu auch am Sonntag.»

Gesagt, getan. Kuster und sein Team verteilten im gesamten Einzugsgebiet Gutscheine für ein ofenfrisches Gipfeli und öffneten ihren Laden und das Tea-Room schliesslich auch sonntags.

 

Sonntags beim Schloss-Beck

Drinnen ist es voll. So voll, dass sich der Besucher seinen Weg bahnen muss:Vorbei an der einladenden Theke, hinein ins Tea-Room. Man möchte sich den Duftschwaden der Backwaren und des Kaffees anschliessen und auf direktem Weg zu einem der letzten freien Tische schweben.

Die meisten Sitzgelegenheiten sind belegt, nur an der Theke gibt es noch freie Plätze. Klapperndes Geschirr, Gesprächsfetzen. Die Angestellten haben alle Hände voll zu tun, auch Kuster und seine Frau helfen mit. Ununterbrochen surrt die Kaffeemaschine, die belegten Brötchen sind bereits ausverkauft.

Im Tea-Room des Schloss-Becks beweist sich das Bedürfnis der Nidauer nach einer Bäckerei, die auch am Sonntag geöffnet hat. Das kleine Restaurant wird als Treffpunkt genutzt: Bekannte begrüssen sich erfreut und tauschen Neuigkeiten aus. Stühlerücken, Händeschütteln, Lachen. An einem Tisch unterhalten sich Frauen über die Organisation eines bevorstehenden Kinderanlasses, an der Theke turtelt ein Liebespaar.

 

Die Dirigenten des Orchesters

Dazwischen wuseln die Angestellten in ihren weissen Uniformen und den roten Schürzen, sie leiten das Orchester aus Backwaren und Kaffee. Sie sind Herr der Lage.

Matthias Kuster ist zufrieden. Die Aktion mit den Gratisgipfeli hat eingeschlagen, die Kunden sind gekommen. Nicht nur wegen dem kostenlosen Backwerk, das beweisen die Regale, die sich zunehmend leeren. Noch immer strömen Kunden in den Laden, kaufen Ofenfrisches und streifen auf der Suche nach einem freien Platz aufmerksam durch das voll belegte Tea-Room.

Damit haben die Nidauer, was sie lange vermissten: Eine Bäckerei, die am Sonntag geöffnet hat. Der Schloss-Beck an der Hauptstrasse.

So weit, so gut. Das Nidauer Bäckereikarussell dreht sich aber noch eine Runde weiter.

 

Burkhard an der Schulgasse

Letzten Freitag eröffnete das Lysser Unternehmen «Bäckerei-Konditorei Burkhard» eine Filiale an der Schulgasse, am alten Standort der Agazzi-Bäckerei, die für einige Monate auch vom Schloss-Beck betrieben wurde. Nidau hat nun also zwei Bäckereien – und: Beide haben am Sonntag geöffnet.

Das wissen aber noch nicht alle Einwohner. Auf die Frage nach der zweiten Bäckerei von Nidau reagiert eine Passantin verwirrt. «In der Schulgasse gab es früher eine Bäckerei, die ist aber weggezogen», erklärt sie. «Das glaube ich zumindest.» Nach einigen erklärenden Sätzen ist die Passantin aufgeklärt. «Dann haben wir jetzt also wieder zwei Bäckereien?», entfährt es ihr.

So ist es. Am Sonntag präsentiert sich die Filiale aber als krasses Gegenstück zum gutgefüllten Laden des Schloss-Becks. Die Burkhard-Filiale ist fast leer, nur vereinzelt schauen Kunden vorbei. Dabei steht das Sortiment von Burkhard demjenigen des Schloss-Becks in nichts nach. Die freundliche Verkäuferin, die bereits an der Schulgasse arbeitete, als der Schloss-Beck die Räumlichkeiten für einige Monate übernommen hatte, kennt die Gründe: «Früher ist hier deutlich mehr gelaufen. Nach dem Wegzug des Schloss-Becks stand das Lokal für einige Monate leer, die Leute müssen sich erst wieder an unsere Präsenz gewöhnen.»

Dass sie recht hat, beweist sie gleich selber: Ein Kunde betritt den Laden. Als Erstes will er wissen, seit wann die Filiale wieder geöffnet habe und ob das nun auch so bleibe. Die Verkäuferin gibt freundlich Auskunft, bejaht die Frage. Der Kunde ist zufrieden, kauft einige Gipfeli und verlässt den Laden.

Zufrieden ist auch Matthias Kuster, Geschäftsführer des Schloss-Becks. Er hat aktiv bei der Vermittlung der Liegenschaft an Burkhard mitgeholfen, die Konkurrenz fürchtet er nicht. «Konkurrenz belebt das Geschäft», sagt er. «So stacheln wir uns zu besseren Leistungen an.» Im Übrigen seien das Berufskollegen. Solche Konkurrenz sei ihm lieber, als etwa jene durch eine Tankstelle.

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