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Das Virus plagt 
auch Gotteshäuser

Kein Abendmahl und nicht einmal mehr die Hand geben: Für die reformierte Kirche im Kanton Bern sind die neuen Vorsichtsmassnahmen «irritierend».

Leere Bänke in der Kirche Bätterkinden. Bild: Beat Mathys
  • Dossier

Stephan Künzi

Die Szenen aus einem Trauergottesdienst von Mitte Woche in Köniz stehen exemplarisch für das Spannungsfeld, das sich für die Kirchen im Umgang mit dem hochansteckenden Coronavirus auftut. Am Anfang der Feier standen Listen, in die sich jeder und jede eintragen musste. Mit ihrer Unterschrift bestätigten die Besucherinnen und Besucher, dass sie in letzter Zeit weder Kontakt zu einem Erkrankten hatten noch aus einem der bekannten Risikogebiete angereist waren und sich auch selber nicht krank oder gar fiebrig fühlten.

Am Ende der Feier dagegen kamen sich die Leute so nahe wie eh und je. Hier ein kräftiger Händedruck zum Abschied und dort eine Umarmung, die Mitgefühl ausdrücken und den Trauernden zeigen sollte, dass sie in den nächsten so schweren Wochen nicht allein sein würden – vergessen waren all die behördlichen Warnungen davor, dies genau nicht zu tun.

Hier die Weisung, auf Distanz zueinander zu gehen, da das ureigene Bedürfnis der Kirche, die Gemeinschaft zu pflegen – in dieser Situation bleibt Beat Allemand nur die Feststellung: Sich nicht einmal mehr die Hand geben zu dürfen, habe im hiesigen christlich-abendländisch geprägten Umfeld «schon etwas Irritierendes».

Gottesdienste abgesagt

Allemand ist Münsterpfarrer in Bern, und auch seine Kirchgemeinde findet sich unvermittelt im Spannungsfeld der Corona-Krise wieder. Als letzte Woche der erste Fall in der Schweiz bestätigt wurde und die Behörden mit ersten Vorschriften reagierten, sagte sie kurzerhand die Gottesdienste vom letzten Samstag und Sonntag ab. Sie hätte garantieren müssen, dass niemand mit dem Virus in Berührung gekommen war, und das konnte sie nicht. An einem Ort wie dem Münster, an dem viele Touristen ein- und ausgehen, erst recht nicht.

Wer am vergangenen Wochenende trotzdem ins Münster kam, stand nicht vor verschlossener Tür. Seelsorgerinnen und Seelsorger hielten sich für Gespräche bereit, es gab Orgelmusik und in gedruckter Form auch die Predigt.

Kein Essen in Biel

Mit dem Verzicht der Behörden auf die Listen hat sich die Situation grundlegend verändert, die Kirchgemeinde muss nicht mehr für die Gesundheit der Anwesenden geradestehen. Deshalb finden dieses Wochenende im Münster alle Gottesdienste statt.

Intensiv mit dem Virus hat sich auch die reformierte Kirchgemeinde in Biel auseinandergesetzt. Nicht etwa, weil in der zweitgrössten Stadt des Kantons der erste Berner Corona-Fall diagnostiziert worden ist: «Uns ist wichtig, schnell und sachlich reagieren zu können», sagt Ratspräsident Christoph Grupp. Das kirchliche Leben der Gemeinde solle möglichst unaufgeregt weitergehen.

Auch in Biel müssen dafür die Pfarrerinnen und Pfarrer darauf hinweisen, dass Leute mit einem erhöhten Corona-Risiko den Gottesdiensten besser fernbleiben.

Ein grosses Thema ist dies bei den Beerdigungen, die in der Regel ein älteres und damit besonders gefährdetes Publikum anziehen. Man wäge nun bereits im Trauergespräch ab, ob es nicht Personen gebe, die angesichts der drohenden Ansteckungsgefahr besser zu Hause blieben, so Grupp.

Sorge ums Osterfest

Vorsichtshalber abgesagt hat die Kirchgemeinde Biel alle Veranstaltungen, an denen gemeinsam gegessen wird. Bis Ende März entfällt in den Gottesdiensten auch das Abendmahl. Wie es ab Anfang April weitergeht, kann Grupp nicht abschätzen. Ein weiterer Verzicht wäre allerdings schmerzlich. Gleich in der ersten Monatshälfte stehen die Osterfeierlichkeiten an – ein Höhepunkt im Kirchenjahr, der ohne Abendmahl und gemeinschaftliches Essen kaum denkbar ist.

Stichwörter: Kirchen, Coronavirus, COVID-19, Bern

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