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AKW-Fonds

Die BKW droht dem Bundesrat

100 Millionen Franken mehr soll die BKW für die Stilllegung und die Entsorgung des AKW Mühleberg einzahlen. Der Konzern erwägt eine Klage.

Suzanne Thoma will nicht noch mehr Geld in die Fonds zur Stilllegung der Atomanlagen und Entsorgung der Atomabfälle einzahlen. Bild: Keystone

Julian Witschi

Eigentlich ist alles vorbereitet für ein grosses Fest. Die BKW schaltet am 20. Dezember ihr Atomkraftwerk in Mühleberg ab und lässt sich als Pionierin für die Energiewende feiern. Die Finanzierung des Atomausstiegs sei auf Kurs, hiess es bislang. Doch jetzt tritt der Bundesrat als Partycrasher auf.

Er verdonnert die AKW-Betreiber dazu, deutlich mehr in die Fonds zur Stilllegung der Anlagen und für die Entsorgung der Atomabfälle einzuzahlen. Hintergrund ist das Tiefzinsumfeld: Denn der Bundesrat glaubt nicht mehr, dass die Fonds die bislang erwartete Rendite erzielen können. Er kalkuliert neu mit einer Anlagerendite von 2,1 statt 3,5 Prozent. Davon wird die Teuerung abgezogen, die ebenfalls tiefer erwartet wird. Die so berechnete reale Rendite sinkt damit zwar «nur» von 2,0 auf 1,6 Prozent. Doch die Folgen dieser Korrekturen sind bedeutend.

Statt 96 Millionen Franken müssen die AKW-Betreiber nämlich neu 183,7 Millionen Franken pro Jahr einzahlen. Im Fall des AKW Mühleberg muss die BKW über die nächsten Jahre gesamthaft rund 100 Millionen Franken mehr in die Fonds einzahlen.

«Unnötig und schädlich»

BKW-Chefin Suzanne Thoma kritisiert dies scharf. Der Bundesrat auferlege den AKW-Betreibern «unnötige und volkswirtschaftlich schädliche Zusatzkosten». Unnötig, weil die Fonds über die Jahre bislang immer über 2 Prozent Realrendite erbracht hätten, sagt Thoma in einem Video des Unternehmens. Auch aktuell sieht sie kein Problem, denn allein in diesem Jahr betrage die Rendite bis Oktober 10 Prozent.

Schädlich für die Volkswirtschaft sei der Entscheid, weil der BKW damit Geld entzogen werde für Investitionen in die Energiewende. «Wir können den Franken nicht zweimal ausgeben», sagt Thoma. Konkret fehlen könnten demnach Gelder für Wasserkraftprojekte wie das Triftkraftwerk oder die Erhöhung der Grimselstaumauer.

Weniger als vor 2016

Besonders stört die BKW-Chefin, dass der Bundesrat die Rückerstattung von überschüssigen Fondsmitteln auf Jahrzehnte hinaus verbietet. «Faktisch kommt dies einer Enteignung der AKW-Betreiber gleich.» Und dies per Verordnung und nicht in einem vom Parlament beschlossenen Gesetz. Die BKW-Chefin erwägt deshalb rechtliche Schritte gegen diese «Enteignung auf dem Verordnungsweg».

Atomkraftgegner sehen das anders. Die Beiträge der AKW-Betreiber in die Fonds blieben zu tief, heisst es etwa bei der Organisation «Nie wieder AKW (NWA) Schweiz». 2016 seien die Beiträge provisorisch auf ein Drittel gesenkt worden, und jetzt würden sie gut verdoppelt. «Das ist immer noch weniger als vor 2016 und kein Grund für die AKW-Betreiber, zu jammern», schreibt die NWA.

Die BKW hingegen sieht sich als Pionierin beim Atomausstieg besonders betroffen, weil sie die zusätzlichen Reservezahlungen wegen der bald beginnenden Stilllegung des AKW Mühleberg bis 2022 leisten müsse. Bei Kernkraftwerken mit einer längeren Laufzeit erstreckten sich diese Zahlungen über einen längeren Zeitraum.

Einen Teil der Zusatzkosten wälzt die BKW nun auf jene Kunden über, die in ihrem Monopol bei der Grundversorgung jenes Produkt beziehen, das Atomstrom enthält. Wie hoch der Aufschlag sein wird, ist aber noch nicht klar.

Zudem werde der Sondereffekt das Jahresergebnis 2019 im Umfang eines tieferen zweistelligen Millionenbetrages belasten, hiess es. Womöglich schmälert dies die Dividende für die Aktionäre. Die Aktie verlor gestern an der Börse 3,2 Prozent an Wert.

Stichwörter: AKW, BKW

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