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Öffentlicher Verkehr

Die BLS-Affäre eskaliert

Die Subventionsunstimmigkeiten rund um das Berner Bahnunternehmen BLS weiten sich aus.Die Eidgenössische Finanzkontrolle deckt diverse weitere Fälle auf.

Die Busland AG ist eine Tochterfirma der BLS. Auch hier soll es zu finanziellen Unstimmigkeiten gekommen sein. Bild: Thomas Peter

Julian Witschi

Nach dem Postautoskandal folgt die BLS-Affäre. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK), das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes, hat sich den Berner Konzern vorgeknöpft. Die von Bernard Guillelmon geführte Gruppe kommt schlecht weg. In einem 36-seitigen Bericht deckt die EFK eine lange Reihe von Verrechnungsfehlern, mangelnde Transparenz und ungerechtfertigte Gewinne auf.

Zuviel kassiert

Die BLS hat demnach in verschiedensten Bereichen Kosten für den Regionalverkehr zu hoch angegeben und so zu hohe Abgeltungen von Bund und Kantonen kassiert. Pikant ist, dass unlängst bereits zwei schwerwiegende Fälle von zu viel bezogenen Subventionen für die BLS aufgeflogen waren: So stellte das Bundesamt für Verkehr letztes Jahr fest, dass der zweitgrösste Bahnbetreiber des Landes zu hohe Zinskosten angegeben hatte. Dadurch erhielt er über mehrere Jahre total rund 29 Millionen Franken zu viel an Abgeltungen von Bund und Kantonen.

Und letzten Februar gab die BLS zudem selbst bekannt, sie habe jahrelang Einnahmen aus Halbtaxverkäufen im Libero-Tarifverbund bei der Kostenplanung vergessen und so zu hohe Abgeltungen von 43,6 Millionen Franken erhalten. Ob es ein unbeabsichtigter Fehler oder doch Betrug war, das sollte eine Untersuchung der Prüfgesellschaft PWC klären. Dieser Bericht war bis zur Jahresmitte versprochen, liegt aber noch immer nicht vor.

Busland auch betroffen

Die von der Finanzkontrolle nun aufgedeckten Fehler sind zwar weniger kostspielig als die beiden grossen Fälle. Es geht aber insgesamt auch um mehrere Millionen. Und dies allein im überprüften Geschäftsjahr 2018, als der Skandal um fiktive Buchungen bei Postauto auf Kosten des Staates aufgeflogen war und die BLS-Führung hätte sensibilisiert sein sollen. Die EFK moniert nun, der Fehler bei den Zinskosten betreffe nicht nur die BLS AG selbst, sondern auch die Bus-Tochtergesellschaft Busland. Hier geht es um knapp eine Million Franken zwischen 2012 und 2018.

Zuviel verrechnet

Mehrfach soll die BLS Gemeinkosten in Bereichen, die sie auf eigene Rechnung betreibt, übermässig jenen Geschäften aufgebürdet haben, in denen der Staat die Defizite deckt. Bei der Prüfung der entsprechenden Spartenrechnung stellt die EFK Fehler «im tiefen einstelligen Millionenbereich» fest.

So habe Busland bei der hauseigenen Werkstätte die Kosten nicht verursachergerecht verteilt. Konkret musste der subventionierte regionale Busverkehr höhere Preise für gleiche Dienstleistungen zahlen als externe Kunden oder das auf eigene Rechnung betriebene Nebengeschäft wie Extrafahrten.

Mit solch unterschiedlichen Ellen misst die BLS auch bei den Mieten. Den abgeltungsberechtigten Sparten werden seit Anfang 2018 deutlich höhere, an Marktpreisen orientierte Mieten verrechnet. Dabei wären laut EFK wie zuvor nur tatsächlich angefallene Selbstkosten zulässig, zumindest für betriebsnotwendige Immobilien wie Werkstätten.

Wenig transparent

Einen weiteren ungerechtfertigten Gewinnzuschlag fand die EFK beim Bahnersatz mit Bussen. Erstens schrieb die BLS den Auftrag nicht aus. Zudem erhob sie einen Zuschlag auf die Selbstkosten von 15 Prozent. Auch dort, wo Busland ergänzend zu Zügen mit Bussen unterwegs ist, sind die der öffentlichen Hand angegebenen Kosten höher als die tatsächlich entstandenen.

Es gibt aber auch Bereiche, in denen die EFK der BLS explizit korrektes Verhalten attestiert. So sei nachvollziehbar, welche Lokomotiven und Lokführer dem subventionierten Regionalverkehr verrechnet wurden. Doch auch bei den Abschreibungen gewisser Lokomotiven verrechnete die BLS dem Staat höhere Abschreibungen als die massgebenden handelsrechtlichen. Und auch Zugbegleiter seien übermässig teuer, findet die EFK.

Grundsätzlich kritisiert die EFK, dass die Planungsgrundlagen sowie die Erlöse und Kosten teilweise nur «stark eingeschränkt transparent und nachvollziehbar» seien. Sie fordert rückwirkende Korrekturen und damit Rückzahlungen der BLS.

Streit um Rückzahlung

In einer Stellungnahme der BLS, die dem Bericht der Finanzkontrolle beiliegt, sichert das von Bernard Guillelmon geführte Unternehmen zu, es habe Sofortmassnahmen umgesetzt. So würden die Offerten an Bund und Kantone neu im Verwaltungsrat traktandiert. Generell werde ein neuer Offertprozess erarbeitet. Auch würden gesellschaftsübergreifende Leistungsverrechnungen verbessert.

Neues Prozedere gesucht

Die BLS bestreitet hingegen, dass im Fall von Busland die rechtlichen Voraussetzungen für eine Rückzahlung gegeben seien. Im regionalen Personenverkehr sehe das System keine Rückforderungen vor, heisst es. Vielmehr müsse ein allfälliger Spartenerfolg den Reserven zugewiesen werden.

Der Kanton Bern will auf den Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle am Freitag reagieren. Offenbar fordert er, dass der Bestell- und Planungsprozess gegenüber der BLS komplett neu aufgegleist wird. Ein externes Unternehmen solle neue Richtlinien festlegen, sodass künftige Offerten übersichtlicher würden und damit weniger Spielraum für allfällige Fehler enthielten. Das Geld, welches die BLS zu viel verrechnet hat, wird der Kanton Bern zurückfordern.

Stichwörter: BLS, Busland, Finanzen

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