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Unfreiwillige Abgänge

Die SP steht vor einem grossen Aderlass

Wegen ihrer eigenen Amtszeitbeschränkung verliert die SP vier einflussreiche Grossrats- mitglieder, unter anderen Ratspräsident Bernhard Antener aus Langnau. Bei der SVP darf die unüberhörbare Stimme aus Saanen, Bethli Küng, nicht mehr antreten.

SVP-Grossrätin Bethli Küng darf nicht mehr antreten. Bild: Anne-Marie Günter


Fabian Schäfer

16 Jahre sind genug. Diese Regel gilt in den zwei grössten Parteien des Kantons Bern, SVP und SP, gleichermassen. Heuer wirkt sich die selbst auferlegte Amtszeitbeschränkung vor allem in der SP aus. Ihre Grossratsfraktion steht vor einem Aderlass, der seinesgleichen sucht. Einflussreiche, versierte und erfahrene Grossratsmitglieder, deren Wort Gewicht hat, sind ohnehin nicht besonders häufig – und die SP verliert nun gleich vier davon.

Von der Bühne der Kantonspolitik treten ab: • Bernhard Antener, Gemeindepräsident von Langnau, Fürsprecher und zurzeit Grossratspräsident. Er hatte lange die Steuer-und Finanzpolitik der SP geprägt und genoss gerade in diesen Bereichen auch in den bürgerlichen Parteien hohe Akzeptanz, nicht zuletzt dank seines grossen Fachwissens. Den bernischen Finanz- und Lastenausgleich etwa kennt Antener wie kaum ein anderer Grossrat. Als Grossratspräsident agiert er souverän und schlagfertig. Er wäre gewiss ein nahezu idealer Regierungsratskandidat gewesen, verzichtete 2006 aber und liess Andreas Rickenbacher den Vortritt, der dann auch gewählt wurde.

• Genau das Gleiche gilt für Markus Meyer, der damals ebenfalls auf die magistrale Karriere verzichtete und den Grossen Rat nun nach 16 Jahren verlässt. Der Rechtsanwalt und Maurer aus Roggwil trat vor allem auch als Präsident des Polizistenverbands ins Rampenlicht. Als Kommissionspräsident hat er zwei der ganz grossen Geschäfte mitgeprägt, die noch lange nachwirken werden: einerseits die Bildung der Einheitspolizei 2008, andererseits die Sanierung der kantonalen Pensionskassen, wobei der Ausgang dieses Geschäfts noch ungewiss ist, da das Volk voraussichtlich im Mai das letzte Wort dazu hat.

• Aufhören wird auch Margreth Schär, Pflegefachfrau aus Lyss, welche die SP-Grossratsfraktion bis 2012 geleitet hatte. Sie ist gut vernetzt in Parlament und Partei und betätigte sich insbesondere in der Spital- und Sozialpolitik, wo ihr Wort denn auch Gewicht hatte.

• Ebenfalls auf dem Rückzug ist Peter Bernasconi, Präsident des Staatspersonalverbands und früherer Gemeindepräsident von Worb. Er hat sich zuletzt stark für das neue Parlamentsrecht engagiert; die damit verbundene Erhöhung der Grossratsentschädigung, die einzigartig gehässige Reaktionen ausgelöst hat, hat Bernasconi stets verteidigt. Selber hat er nichts mehr davon, da die neuen Ansätze erst für das neue Parlament gelten. Früher setzte er sich unter anderem für die Bezirksreform, die neuen Wahlkreise und die regionale Zusammenarbeit ein.

Man darf nun gespannt sein, welche Tenöre sich in der SPFraktion in Zukunft hervortun. Ungewiss ist, ob sich darunter solche finden, die mit Bürgerli- chen so gut reden können wie gerade Markus Meyer oder Bern- hard Antener. Allerdings hat sich das Bedürfnis nach Zusammenarbeit in der zu Ende gehenden Legislatur auf beiden Seiten – links wie rechts – eher zurück- gebildet. Der Hauptgrund dürfte sein, dass sich die Mehrheitsverhältnisse 2010 klar zugunsten der Bürgerlichen verschoben haben. Vorher mussten sie jeweils um die Mehrheit bangen – seither ist sie fast immer Formsache. Auf bürgerlicher Seite ist der Aderlass weniger spektakulär als bei der SP. Zu nennen ist insbesondere Bethli Küng, SVP-Grossrätin aus Saanen. Sie ist nicht nur wegen ihres Dialekts und ihrer mitunter burschikosen Art eine der kantigsten Figuren im Grossratssaal. Die Hausfrau, Lehrerin und Skilehrerin nennt die Dinge gern beim Namen und weist Kontrahenten von links schroff und mit bösem Blick zurecht, vor allem wenn diese sich irgendwie ab- schätzig über das Obersimmental-Saanenland oder die wohlhabenden Pauschalbesteuerten von Gstaad äussern. Neben Bildungsfragen und der Pauschalsteuer beschäftigte sich Küng auch mit Spitalpolitik, die für ihre Region ebenso von akutem Interesse ist. Kantonsweite Bekanntheit erlangte sie 2004, als sie die erste Auflage des Trams Bern-West im Abstimmungskampf an vorderster Front bekämpfte – und gewann. Im zweiten, erfolgreichen Anlauf 2007 unterstützte sie das abgespeckte Projekt, sehr zur Er- leichterung der Zuständigen beim Kanton.

Nun muss Bethli Küng den Grossen Rat nach 16 Jahren verlassen.

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