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Interview

«Es geht nie ohne Nebengeräusche»

Regierungsrat Christoph Neuhaus weiss um die Probleme der neuen Fachstellen. Dabei handle es sich um Anfangsschwierigkeiten. Er will nach den Sommerferien eine Begleitgruppe einsetzen.

Regierungsrat Christoph Neuhaus nimmt Stellung. Bild: Urs Baumann

Andrea Sommer

Herr Neuhaus, die neuen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden funktionieren offenbar harzig.
Christoph Neuhaus: Eine Reform geht nie ohne Nebengeräusche über die Bühne. Wir sind im Vergleich zu anderen Kantonen jedoch gut gestartet. In der Innerschweiz etwa ist derzeit eine Beschwerde gegen die zuständige Regierungsrätin hängig.

Biel, Belp und Lyss klagen über Überlastung trotz der neuen, teuren Fachbehörden. Haben Sie Verständnis dafür?
Ich kann dies nicht beurteilen, weil mir die konkreten Zahlen aus diesen Gemeinden nicht vorliegen. Es ist aber oft so, dass bei Reformen in der Übergangszeit erst einmal mehr zu tun ist, bis alle Abläufe eingespielt sind. Zudem werden die Gemeindebehörden für ihre Arbeit entschädigt. Wenn es sich um vormundschaftliche Fälle handelt, trägt der Kanton die ganzen Kosten, bei Fürsorgefällen die Hälfte. Wir haben übrigens schon die Erfahrung gemacht, dass Gemeinden möglichst viel auf die Vormundschaft abschieben, damit ihnen weniger Kosten entstehen.

Offenbar kam es innerhalb der Fachbehörden bereits zu Wechseln. Wie viele Leute sprangen bereits ab?
Von den 169 neu angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat eine Handvoll Personen bereits wieder gewechselt. Dies, weil sie entweder falsche Vorstellungen von der Stelle hatten oder auf falsche Voraussetzungen getroffen sind. Doch auch diese Personalwechsel gehören zu den Anlaufschwierigkeiten. Es dauert eben zwei, drei Jahre, bis alles eingespielt ist.

Trotzdem: Drei Gemeinden schlagen öffentlich Alarm, was tun Sie?
Zum einen ermuntere ich die Fachstellen dazu, ihre Arbeit zügig zu tun – auch wenn dabei Fehler passieren. Aus Fehlern lernt man. Zudem können die Entscheide der Behörde noch vor dem neuen Kindes- und Erwachsenenschutzgericht angefochten werden. Zum anderen installieren wir nach den Sommerferien eine Begleitgruppe, wie sie die Berner GLP-Grossrätin Barbara Mühlheim in einem Vorstoss gefordert hat. Darin werden neben Politikern auch Vertreter der neuen Fachbehörden sowie der Berner Konferenz für Sozialhilfe und Vormundschaft Einsitz haben. Die Begleitgruppe wird regelmässig tagen und schnell ausmachen, wo Verbesserungen nötig sind. Zudem bauen wir ein Statistiksystem auf, damit die Zahlen der Fachstellen im ganzen Kanton vergleichbar sind. Weiter haben wir einen Inspektor, der bereits aktiv ist und Feedback gibt.

Sie haben für die neue Organisa- tion rund 166 Millionen Franken budgetiert, konnten aber letzten Dezember noch nicht sagen, ob das reicht. Wissen Sie heute mehr?
Nein, die Kosten sind volatil. Ein Kind fremdzuplatzieren, kostet beispielsweise 10 000 Franken im Monat. Wie viele Kinder platziert werden mussten, lässt sich erst Ende des Jahres sagen. Es ist aber so, dass das neue Gesetz viel höhere Standards vorsieht und komplizierter ist als das alte. So wurde etwa der Rechtsweg ausgebaut. Zu glauben, dass dies für weniger Geld als bisher zu haben ist, ist illusorisch.
 

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