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Bildungsdirektion

Häsler lässt auch Schullager sponsern

Regierungsrätin Christine Häsler präsentiert private Geldgeber für Schulaktivitäten. Diesmal für Schullager. Ist dieses Sponsoring zulässig?

Bild: Adrian Moser

Stefan von Bergen

Diesmal trat die bernische Bildungsdirektorin Christine Häsler (Grüne) gemeinsam mit Antoinette Hunziker-Ebneter auf, der Verwaltungsratspräsidentin der Berner Kantonalbank. In der Säulenhalle des Rathauses teilten sie gestern vor den Medien mit, dass die BEKB künftig die Schul- und Klassenlager im Kanton Bern zusätzlich finanziell unterstützen wird – gemeinsam mit dem Verein Chindernetz Bern (vormals Pro Juventute).

Schon zwei Wochen zuvor war Häsler an der Seite einer Wirtschaftsfrau erschienen. Suzanne Thoma, CEO der BKW, erklärte, warum der Energiekonzern das zu den Berner Schulen tourende Mint-Mobil unterstützt. Es soll das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern fördern.

Diesmal nun sollen die Schulen für ihre Klassenlager profitieren. Wie Antoinette Hunziker-Ebneter ausführte, will die Kantonalbank dafür jährlich 100 000 Franken aus ihrem Förderfonds springen lassen. Vorderhand mal für zwei Jahre, dann werde evaluiert. Der Fonds orientiere sich an den UNO-Nachhaltigkeitszielen, die auch für Schülerinnen und Schüler relevant seien.

Tanja Bauer, SP-Grossrätin und Co-Präsidentin des Chindernetz, führte aus, dass ihre Organisation mit der BEKB und der Bildungsdirektion das Projekt «Klassenlager für alle» lanciere. Berner Gemeinden können dort zusätzliche Unterstützung für Schullager beantragen. Die Lager müssen sich dafür laut Tanja Bauer am Lehrplan und an den Nachhaltigkeitszielen orientieren.

 

Zulässiges Bildungssponsoring?

Lässt sich die Bildungsdirektion neuerdings von Firmen sponsern? Sind die Schulen im finanziell klammen Kanton Bern auf einen Zustupf privater Anbieter angewiesen? Ist es überhaupt vertretbar, dass sich Unternehmen – wohl nicht ohne Werbeabsichten – für die Schule engagieren?

«Schullager sind pädagogisch und gesellschaftlich unbestritten wertvoll», sagte Bildungsdirektorin Christine Häsler gestern. Für deren Finanzierung seien die Gemeinden zuständig, für eine zusätzliche Unterstützung durch den Kanton gebe es keine gesetzliche Grundlage. Immer wieder gebe es Gemeinden oder Eltern, die bei der Finanzierung an Grenzen stossen. Hier wolle das Projekt «Klassenlager für alle» ansetzen. Es gehe aber um eine «ganz fokussierte Unterstützung», die immer zusätzlich zum Engagement einer Gemeinde erfolge.

Bildungssponsoring sei nicht verboten, fügt die Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) auf eine Nachfrage an. Die Schullager wie auch das Mint-Mobil seien Zusatzangebote. Auf den Kernbereich der Schule – den Unterricht im Klassenzimmer oder auf Lehrmittel – könnten Unternehmen aber keinen Einfluss nehmen. Das Mint-Mobil, das für die Schulen freiwillig sei, wäre ohne private Finanzierung nicht realisierbar gewesen. Es basiere überdies auf dem Lehrplan 21.

 

Kanton beruft sich auf Sponsoring-Charta

Ist damit eine Abhängigkeit der Berner Schulen von finanzkräftigen Sponsoren schon ausgeschlossen? Die Bildungs- und Kulturdirektion unterstreicht, dass sie sich beim Bildungssponsoring an die Transparenzkriterien der Charta hält, die vom Verband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) geschaffen worden ist. Laut dessen Zentralsekretärin Franziska Peterhans ist das Bildungssponsoring im Vormarsch. «Die Finanzierung der Volksschule ist eigentlich eine gesetzliche Kernaufgabe des Staates», sagt sie. Die Bildungsbudgets der öffentlichen Hand seien aber unter Druck, die Digitalisierung der Schule sei teuer, und finanzkräftige Player der Privatwirtschaft seien an der Bildung interessiert.

LCH versucht deshalb laut Peterhans, in diesem heiklen Feld Transparenz zu schaffen. Gemäss der LCH-Charta soll eine Abhängigkeit von Geldgebern durch klare Vereinbarungen vermieden werden, bei Unterrichtsmaterialien von Privaten müsse Ausgewogenheit und Qualität geprüft werden. Insbesondere bei Förderprojekten, wie es Schullager sind, rät LCH in der Charta zu einer Rahmenvereinbarung über Leistungen und Gegengeschäfte.

 

Das Bank-Logo darf 
auf die Website

Die Berner Bildungsdirektion hat in diesem Sinn mit der BEKB und Chindernetz Bern vereinbart, dass diese als Gründungspartner des Unterstützungsprojekts auf Printprodukten und dem Webauftritt mit ihrem Logo präsent sein dürfen, nicht aber auf Unterlagen für Schülerinnen und Schüler. Die BEKB erhalte überdies keine weiteren Gegenleistungen. Ihre Unterstützung zahle sie aus einem Förderfonds.

Alles klar also? Die BKD räumt ein, dass darüber hinaus nicht klar geregelt ist, ob nur bernische oder auch andere Firmen, halbstaatliche wie die BEKB und die BKW oder auch private Unternehmen sponsern dürfen. Auch Maximalbeträge sind nicht definiert. Die Anti-Sucht-Organisation Blaues Kreuz bietet derzeit Lehrkräften Unterrichtsmaterialien zum Thema Sucht an, die «auch für den Fernunterricht geeignet» seien. Dürfen sie in den Berner Schulen verwendet werden? Lehrmittel müssten ausgewogen sein, beim Thema Gesundheitsprävention sei aber eine klare Positionierung aufgrund einer rechtlichen Grundlage möglich, antwortet die BKD. Ob sie die Blaukreuz-Materialien in der Schule zulässt, erfährt man nicht.

«In den Kantonen ist das Bildungssponsoring nicht systematisch geregelt», sagt Peterhans von LCH. Gerade deshalb habe LCH die Charta erarbeitet. Bei den Schullagern verweist sie noch auf eine besondere Problematik: 2017 hat das Bundesgericht verfügt, dass die Volksschule unentgeltlich sein müsse. In der Folge hat sie die Elternbeiträge auf maximal 10 bis 16 Franken pro Tag gekürzt. «Das deckt natürlich die realen Kosten eines Skilagers nicht mehr», sagt Peterhans. Aus dieser Perspektive ist der Zustupf der BEKB nachvollziehbar. Dem Image der Bank wird es bestimmt nicht schaden.

Stichwörter: Bildung, Schule, Kanton Bern

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