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Kanton Bern

Hirslanden Gruppe auf Konfrontationskurs

Das «Friedensabkommen» von Regierungsrat Philippe Perrenoud und den Spitälern hat gehalten – zumindest fast. Die neue Spitalliste stösst in der Branche auf Anklang. Nur die Hirslanden-Gruppe ist nun doch nicht einverstanden.

Geht der ewige Spitallisten-Streit im Kanton Bern weiter? Das hängt zu einem grossen Teil von der Hirslanden-Gruppe ab (im Bild: das Salem-Spital). Bild: Stefan Anderegg

von Fabian Schäfer Normalerweise verkündet der Regierungsrat vor den Medien seine Botschaft – und danach verschicken die verschiedenen Betroffenen ihre Kommentare. Gestern lief es umgekehrt: Die Privatspitalgruppe Hirslanden kritisierte die neue Spitalliste der Berner Kantonsregierung heftig, noch bevor diese ihr Werk vorstellen konnte. Hirslanden führt in Bern die Kliniken Beau-Site, Salem und Permanence und ist offenbar nicht gewillt, das «Friedensabkommen» der Branche mit Gesundheitsdirektor Philip- pe Perrenoud (SP) mitzutragen. Das hat diesen genervt. Perre- noud schimpfte später an der Medienkonferenz, Hirslanden sei «ein schwieriger Kunde.»

Der Reihe nach. Seit 2006 ist die Berner Regierung beim Ver- such, eine Spitalliste zu erlassen, dreimal gescheitert. 2012 wurde auch der vierte Anlauf mit Be- schwerden eingedeckt, vorab von allen Privatspitälern. Die Spital- liste ist hart umkämpft, weil sie für die Branche eminent wichtig ist: Sie definiert, welche Leistun- gen die einzelnen Spitäler zulasten der Grundversicherung erbringen können. Die Privaten störte, dass sie gewisse Leistun- gen nur noch in Kooperation mit der Insel hätten anbieten dürfen. Zudem wollte der Kanton den Spitälern Angebote entziehen, mit denen sie nicht minimale Marktanteile erreichen.

Zürcher System übernommen

Beide Auflagen hat die Gesund- heitsdirektion (GEF) inzwischen fallen gelassen. Letztes Jahr hat sie sich mit den Verbänden der öffentlichen und der privaten Spitäler ausgesöhnt und Grund- sätze für eine neue Spitalliste ausgehandelt (wir berichteten). In acht gemeinsamen Workshops einigten sich Vertreter der GEF und der Spitäler auf ein gemein- sames Vorgehen. Gestern prä- sentierten Regierungsrat Perre- noud und Annamaria Müller, Leiterin des Spitalamts, die neue Liste, die ab 1. Mai gilt. Die GEF ist den Spitälern weit entgegengekommen. Gegenüber der Liste 2012 hat der Kanton generell mehr Leistungsaufträge erteilt und auf Konzentrationen an der Insel verzichtet. In einem Punkt ist die GEF über den eigenen Schatten gesprungen: Für die Definition der Aufgabenbereiche hat sie nun vollständig das Sys- tem des Kantons Zürich über- nommen und auf bernische Spe- zialregelungen verzichtet.

Kompromiss hält nicht ganz Perrenoud betonte, er habe sich in allen Punkten an das Abkommen mit den Spitälern gehalten. Umso mehr ärgert ihn die «Intervention» der HirslandenGruppe. Diese moniert, der Spi- talliste liege immer noch keine umfassende Wirtschaftlichkeits- prüfung zugrunde, weshalb sie den Anforderungen des Bundes- rechts nicht genüge. Das könnte zwar stimmen, allerdings haben die GEF und die Spitäler in ihrem Abkommen explizit vereinbart, die Frage der Wirtschaftlichkeit für die neue Liste ausser Acht zu lassen. Dies als pragmatischer Kompromiss, da es sich als un- möglich erwies, in dieser Frage einen gemeinsamen Nenner zu finden. Stattdessen vereinbarten die GEF und die Spitäler, für die über- nächste Liste zu definieren, wie man Wirtschaftlichkeit und Qua- lität künftig messen will.

Hirslanden gab gestern keine weiteren Auskünfte zur kurzen Medienmitteilung. In der Bran- che ist das Verständnis klein. «Die neue Spitalliste erfüllt unsere Er- wartungen», sagt auf Nachfrage Adrian Schmitter, Präsident des Verbands der öffentlichen Spitä- ler. Umso weniger Verständnis hat er für das Vorgehen der Hirs- landen-Gruppe: Schmitter bestä- tigt die Angaben der GEF, wonach Hirslanden-Vertreter an den gemeinsamen Gesprächen teilge- nommen und die Übereinkunft mitgetragen hätten. Dass es jetzt diese Kehrtwende gebe, sei «bedauerlich und schwierig nachvoll- ziehbar». Offenbar versuche Hirs- landen, grundsätzlich jede Ein- schränkung zu verhindern.

Fast ganz zufrieden

Auch als CEO des Spitals Em- mental ist Adrian Schmitter mit der neuen Liste «im Grossen und Ganzen einverstanden». Das ist nicht selbstverständlich: Das Spital Emmental mit den Stand- orten Burgdorf und Langnau war das einzige öffentliche Spi- tal, das eine Beschwerde gegen die Liste 2012 eingereicht hatte. In den wichtigen Punkten habe die GEF nachgegeben, so Schmitter.

In einzelnen Aspekten ist er aber weiterhin nicht einverstanden. Es gehe dabei um Bereiche mit relativ geringen Fallzahlen, zum Beispiel in der Urologie. «Wir prüfen nun, wie wir damit umgehen wollen.»

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