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Kanton will wieder Maskenpflicht

Der Kanton Bern will zusätzlich zu den Coronatests die Maskenpflicht in der Schule wieder einführen. Die Lehrkräfte sind sich aber nicht einig, ob das die beste Lösung ist.

Bild: Beat Mathys

Pia Scheidegger

Erst Ende Juni wurde an den Berner Schulen die Maskenpflicht abgeschafft, und schon soll sie wieder eingeführt werden. Der Kanton habe sich dafür ausgesprochen, dass alle ab der 5. Klasse wieder eine Maske tragen müssen, bestätigt Gundekar Giebel, Sprecher der Gesundheitsdirektion. Der Wunsch sei beim Bundesrat deponiert.

Während andere Kantone – zum Beispiel der Aargau – die Maskenpflicht selbstständig wieder eingeführt haben, würde es der Kanton Bern begrüssen, wenn das national einheitlich geregelt würde. «Es ist schon passiert, dass der Kanton die Maskenpflicht in den Schulen regelte und wenig später der Bund dazu Vorgaben erliess, die dann nicht ganz kongruent waren mit der kantonalen Lösung, was die Schulen vor Herausforderungen stellte», sagt Giebel.

Wenn die epidemiologische Situation sich im Kanton Bern beunruhigender als in anderen Kantonen entwickeln sollte und der Bundesrat nichts entschieden habe, werde der Kanton aber selbstverständlich auf kantonaler Stufe entsprechende Massnahmen ergreifen.

 

Keine Massentests mehr

Im Moment sind Schülerinnen und Schüler im Kanton Bern kaum vor dem Virus geschützt. Getestet wird seit Montag nicht mehr präventiv mit wöchentlichen Massenspucktests, sondern nur bei Ausbrüchen. Gibt es einen positiven Fall, muss die ganze Klasse Maske tragen, gibt es zwei positive Fälle, checken mobile Testteams der Gesundheitsdirektion die Schulkinder der betroffenen Klasse. Wer sich nicht testen lassen will, muss in Quarantäne gehen. Masken tragen nur betroffene Klassen und Freiwillige.

Gleich wie in der ganzen Bevölkerung stiegen auch bei den Schulkindern in den letzten Wochen die Fallzahlen. In der ersten Woche nach den Sommerferien gab es im Kanton Bern 63 positiv getestete Kinder, in der zweiten 81 und in der dritten – also letzte Woche – 103. Noch halten sich die Fallzahlen in Grenzen, doch wenn sie weiterhin steigen, könnte es in ein paar Wochen bereits anders aussehen.

 

Verunsicherte Eltern

Der Regimewechsel verunsichert deshalb einige Eltern. Ausgerechnet jetzt, da die Fallzahlen steigen, wird in den Schulen nicht mehr systematisch getestet. Eine Mutter zweier Töchter aus Uetendorf zum Beispiel ist besorgt, dass man mit den situativen Tests nicht alle Fälle findet. Ihr Hauptkritikpunkt: Zu viel Verantwortung liege bei den Eltern, und nicht alle Familien würden gleich schnell auf Symptome reagieren und ihre Kinder vielleicht trotzdem in die Schule schicken. Auch einer Mutter aus Toffen macht die Selbstverantwortung Sorgen. Sie ist unsicher, ob sie ihre Tochter schon bei den geringsten Symptomen testen lassen soll oder nicht.

Der Berufsverband Bildung Bern unterstützt Massnahmen, die für Kinder und Jugendliche möglichst keine zusätzliche Belastung darstellen. Er hat sich zwar für das Fortführen der Massentests geäussert, sieht aber je nach Umsetzung auch Vorteile im situativen Testen. «Wichtig ist einfach, dass die Schulen vom Kanton unterstützt werden», sagt Stefan Wittwer vom Verband. Es dürfe nicht sein, dass nun Schulleitungen zusätzlichen Aufwand hätten, sobald es einen Ausbruch gebe. Auch entscheidend sei das Tempo beim Ausbruchstesten: «Koordinationen und Absprachen müssen funktionieren, die mobilen Testteams müssen schnell sein – sonst entsteht ein Chaos.»

 

Fälle in der Länggasse

Genau dieses Chaos versucht Peter Kämpfen, Schulleiter am Grossen Länggassschulhaus in der Stadt Bern, gerade zu verhindern. Am Dienstag wurde ein Kind aus einer vierten Klasse positiv getestet, gestern Morgen kam ein zweites Kind dazu. «Wir haben dann schon nach dem ersten Fall eine dringende Maskenempfehlung herausgegeben sowie die betroffene Klasse beim Mittagessen, dem Schwimmunterricht und in den Pausen von anderen Klassen getrennt», sagt Kämpfen.

Nachdem der zweite Fall bestätigt war, wurde die ganze Klasse in Quarantäne geschickt. Die Eltern wurden in einem Schreiben darüber informiert, dass die Schülerinnen und Schüler bis zur Ausbruchstestung durch die Teams des Kantons zu Hause bleiben sollen, diese würde voraussichtlich frühestens heute Nachmittag stattfinden. «Lehrpersonen, die Schulleitung, aber auch die Eltern sind in einem solchen Fall sehr gefordert. Es ist wichtig, dass unser Austausch mit dem kantonsärztlichen Dienst klappt und so schnell wie möglich getestet wird», sagt der Schulleiter zu der Situation.

Eine andere Klasse von der Basisstufe sei am Dienstag getestet worden – gestern erhielt die Schule die negativen Resultate, und heute gehen nun die Schülerinnen und Schüler wieder in den Unterricht. «Der Aufwand ist natürlich extrem davon abhängig, wie viele Klassen von einem Ausbruch betroffen sind», sagt Kämpfen.

 

Umfrage zur Maskenpflicht

Steigen die Fälle auch in den Schulen weiterhin an, könnte eine Maskenpflicht helfen, Ausbrüche zu verhindern. Trotzdem sind nicht alle Lehrkräfte von einer Wiedereinführung überzeugt, wie eine Umfrage von Bildung Bern zeigt.

Ende August schickte der Verband 7000 Mitgliedern Fragen zur Maskenpflicht. «Der Rücklauf war eindrücklich, wir erhielten 4710 deutsche und 273 französische Rückmeldungen aus allen Regionen», sagt Stefan Wittwer vom Verband. Das Fazit der Umfrage: Eine knappe Mehrheit der Volksschullehrpersonen will die Maskenpflicht zurzeit nicht verschärfen, während eine ebenfalls knappe Mehrheit der Lehrpersonen der Sekundarstufe II sie eher verschärfen möchte. «Die Lehrkräfte wägen pädagogische Vor- und Nachteile ab, was dazu führt, dass schliesslich überraschend viele gegen eine Wiedereinführung der Maskenpflicht sind», sagt Wittwer.

Eine Rückkehr zu den Massenspeicheltests aber wäre laut der Gesundheitsdirektion nicht effizient. «Wir haben während 12 Wochen und mit rund 1 Million Tests nur 350 Fälle gefunden», sagt Sprecher Gundekar Giebel. Einerseits weil nur 50 bis 70 Prozent der Schüler und Schülerinnen mitgemacht hätten, andererseits weil ein Test immer eine Momentaufnahme sei. Um ein genaues Bild zu bekommen, müsste man aber zwei- bis dreimal pro Woche testen, und alle müssten mitmachen.

Stichwörter: Kanton Bern, Maske, Schule, Bildung

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