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Präriehunde

Keine zwei Wochen später waren sie tot

Ein Bericht der Zürcher Tierpathologie bringt neue Details zum Tod der beiden Präriehunde ans Licht, die Mitte April von Beamten in Biel konfisziert wurden. Die beiden Tiere starben nicht mal zwei Wochen nach der Beschlagnahmung.

Johnny und Mary lebten zuvor fünf Jahre bei ihrer Halterin. Bild: zvg

Quentin Schlapbach

Die traurige Geschichte von Johnny und Mary bewegte Ende Mai die Schweiz. Über 100 Kommentare von Leserinnen und Lesern löste der Artikel über den Tod der beiden Tiere aus. «Offensichtlich ging es hier nicht um das Wohl der beiden Präriehunde, sondern darum, dass eine Vorschrift durchgesetzt werden musste», schrieb Leser Alois Schmied. «Wieder einmal stehen Paragrafen vor dem gesunden Menschenverstand», schrieb Leserin Doris Ammann.

Was genau war passiert?

Die beiden als Haustiere gehaltenen Präriehunde wurden Mitte April vom Berner Amt für Veterinärwesen beschlagnahmt. Dies, weil ihre Halterin – die in Biel wohnhafte Italienerin Vanessa A.* – über keine entsprechende Bewilligung verfügte, respektive die Haltung nicht tierschutzkonform war. Präriehunde gelten in der Schweiz – im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern – als Wildtiere, die nicht in einer Wohnung gehalten werden dürfen.

Keine vier Wochen später waren Johnny und Mary tot. Weshalb die beiden Präriehunde ums Leben kamen, war damals noch Gegenstand einer laufenden Untersuchung. Vanessa A. sagte damals gegenüber den Tamedia-Zeitungen, dass das Berner Veterinäramt ihre beiden Tiere «grundlos geopfert» habe. Die Behörden ihrerseits nannten den Vorfall zwar «sehr bedauerlich». Der gesetzliche Rahmen lasse bei einem so klaren Verstoss gegen die Tierhaltungsvorschriften aber keinen Spielraum zu.

Falsche Informationen

Nun bringt ein Bericht des Instituts für Veterinärpathologie der Uni Zürich, wo die beiden Tiere post mortem untersucht wurden, neue Befunde ans Licht. Brisant: Die Untersuchung zeigt, dass die beiden Präriehunde bereits viel früher ums Leben kamen als bisher angenommen.

So informierte der Berner Kantonstierarzt Reto Wyss Vanessa A. erst am 11. Mai über das Ableben ihrer beiden Tiere. Zu diesem Zeitpunkt waren Johnny und Mary bereits seit zwei Wochen tot. Johnny starb am 26. April, neun Tage nach der Beschlagnahmung, in Folge einer Operation. Mary wurde am 28. April, zwölf Tage nach der Beschlagnahmung, nach Verschlechterung ihres Gesundheitszustands eingeschläfert.

Am 29. April wurde der Anwältin von Vanessa A. noch versichert, dass mit den beiden Tieren alles in Ordnung sei. Das Amt für Veterinärwesen begründet diesen Fauxpas gegenüber der Anwältin heute damit, dass die zuständige Verantwortliche in den Ferien gewesen sei und niemand anderes über den Tod der beiden Tiere Bescheid gewusst habe.

Bereits wenige Tage nach der Beschlagnahmung verschlechterte sich der Gesundheitszustand der beiden Präriehunde nämlich rasant. Sowohl bei Johnny als auch Mary trat eine sogenannte Hemiparese ein – eine halbseitige Lähmung des Körpers. Was genau diese Krankheit auslöste, ist unklar. In der Regel haben solche Lähmungserscheinungen neurologische Gründe.

Ernährung wurde umgestellt

Bemerkenswert ist aber, dass bei beiden Tieren die Ernährung radikal umgestellt wurde. So ist in den Aktennotizen des Veterinäramts die Rede von «Wurzelgemüse, Gräser, Murmeltierpellets, Heu und gelegentlich Insekten zwecks Proteinbedarf». Es war eine Ernährung, die Johnny und Mary nicht gewohnt waren. Den neuen Ernährungsplan legte nicht das Amt für Veterinärwesen fest. Auch vom Ableben der beiden Tiere erfuhr es nur aus zweiter Hand. Nachdem die Berner Beamten die beiden Präriehunde zwei Tage lang bei sich hielten, gaben sie Johnny und Mary nämlich bereits weiter – in die Obhut eines Tierparks. «Der Direktor und Tierarzt hat bereits Erfahrungen mit Präriehunden», steht in den Aktennotizen.

Am Freitag, drei Tage vor Johnnys Tod, ist noch vermerkt, dass Vanessa A. den Berner Beamten eine Mail mit den Bedürfnissen der beiden Tiere geschickt habe. Diese Mail wurde an den Tierpark weitergeleitet. Aber da war es schon zu spät.

Nachdem Johnny und Mary über fünf Jahre lang glücklich bei Vanessa A. lebten, überlebten sie die Beschlagnahmung durch die Berner Behörden keine zwei Wochen. Dass die beiden Tiere bei ihrer Beschlagnahmung in einem schlechten Gesundheitszustand waren, ist im Bericht nicht ersichtlich. Die Verantwortlichen des Tierparks vermerkten lediglich, dass beide Tiere leicht übergewichtig waren und Johnny an Durchfall litt.

Rechtliche Aufarbeitung

Am Ende blieb Vanessa A. nicht einmal die Möglichkeit, von ihren geliebten Tieren würdig Abschied zu nehmen. Johnny und Mary wurden gleich nach ihrer Obduktion auf die Tierkadaversammelstelle gebracht, wo sie umgehend verbrannt wurden – laut den Behörden wegen Seuchengefahr.

Der Kampf für eine rechtliche Aufarbeitung des Falles geht derweil weiter. Vanessa A. will mithilfe einer Anwältin die Verantwortlichen für Johnnys und Marys Tod zur Rechenschaft ziehen.

*Name der Redaktion bekannt

Stichwörter: Präriehunde, Tierschutz, Biel, Bern

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