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Maske

Maske entscheidet nicht über das Geschäft

Laut protestierte der Handel, als Freiburg den Läden die Maskenpflicht verordnete. Viele fürchteten, dass die Kundinnen und Kunden zum Einkaufen nun in den Kanton Bern fahren. Dabei sind andere Faktoren für die Umsätze genauso wichtig.

Verkäuferin Margrit Alves bedient im Modehaus Iller in Kerzers nur noch mit Mund-und-Nasen-Schutz. Bild: Christian Pfander

Stephan Künzi

«Ich verliere täglich zwei oder drei Kunden wegen der Maske.» Die Bilanz, die Janine Nieder-hauser vor gut zehn Tagen mit Blick auf ihren Blumenkeller in der Murtner Altstadt zog, fiel ernüchternd aus. Knapp zwei Wochen war damals in den Läden des Kantons Freiburg die Maske bereits Pflicht, und die Präsidentin der Detaillistenvereinigung Shopping Murten Morat machte in den «Freiburger Nachrichten» klar: Wenn die Kundschaft zum Schutz vor dem Coronavirus Mund und Nase bedecken muss, ist das schlecht fürs Geschäft.

Ähnlich äusserte sich im nahen Sensebezirk auch Oberamtmann Manfred Raemy. Viele Senslerinnen und Sensler ärgerten sich so sehr, dass sie gern ein paar Kilometer Umweg unter die Räder nähmen, um jenseits der Grenze im Kanton Bern und damit ohne Maskenobligatorium einzukaufen.
Gewerbeverband warntvor Obligatorium

Niederhauser und Raemy waren nicht die Ersten, die so argumentierten. Die Debatte richtig lanciert hatte just zum Beginn der Freiburger Maskenpflicht der Schweizerische Gewerbeverband. In einem Communiqué warnte er davor, die Mund-und-Nasen-Bedeckung flächendeckend vorzuschreiben. Gerade in kleinen Läden, wo das Personal die Übersicht habe und bei zu viel Andrang eingreifen könne, sei sie unnötig.

Nun aber müsse man Angst vor Umsatzrückgängen haben, «weil die Kunden angesichts der Maske ausbleiben».

Iller klagt über weniger Kundschaft

Ob die Befürchtungen wahr geworden sind, sich die ersten Erfahrungen aus Murten und dem Sensebezirk tatsächlich bestätigt haben? Mittlerweile gilt die Maskenpflicht schon seit fast vier Wochen, und Thomas Iller sagt klar Ja. Für den Chef des gleichnamigen Modehauses in Kerzers und Murten ist die Vorgabe der Behörden schlicht «eine Katastrophe», wie er ohne Umschweife zu Protokoll gibt.

Im Hauptgeschäft in Kerzers ist der Kundenstrom um bis zu 30 Prozent zurückgegangen, rechnet Iller vor. Und ergänzt: Auch ihm komme immer wieder zu Ohren, dass die lästige Maske viele Leute ins nicht einmal zwei Kilometer entfernte Bernbiet vertreibe.

Den Einbruch in der Filiale Murten bezeichnet Iller als weniger gross. Dass der Kanton Bern hier nicht ganz so nahe liegt wie in Kerzers, möge dabei sicher eine Rolle spielen, sagt er. Viel wichtiger sei aber die andere Mentalität. «Etwa die Hälfte der Murtner Kundschaft kommt aus der Romandie. Dort ist man sich die Maske mittlerweile gewohnt.»
Dabei wären der September und der Oktober für den Verkauf der Herbst- und Wintermode zentral, fährt Iller fort. Nicht ohne anzufügen, «dass wir in den Wochen vor der Maskenpflicht sehr gut gearbeitet haben». Vielleicht habe das Modehaus dannzumal sogar von der Coronakrise profitiert. «Viele Leute mieden die Einkaufszentren und kauften in den kleinen Geschäften vor Ort ein.» Dieser Trend habe sich Anfang Juli durch das Maskenobligatorium im öffentlichen Verkehr eher verstärkt.

Auch Ronald Sonderegger geschäftet in seiner Bijouterie in Murten weniger gut als bisher. Den Grund dafür sucht er allerdings nicht in der behördlich verfügten Maskenpflicht, denn: «Ich habe das Obligatorium schon nach dem Ende des Lockdown im Mai auf freiwilliger Basis eingeführt.» Seither trügen Angestellte wie Kunden im Geschäft eine Maske, und das werde inzwischen auch in einer ländlichen Region wie jener um Murten gut akzeptiert. Nein, für den Rückgang «von vielleicht 10 bis 15 Prozent» macht Sonderegger ein anderes Phänomen der Coronakrise verantwortlich. Dem Bijoutier fehlen die vermögenden Touristen aus dem arabischen Raum, die in Genf Ferien machen, für einen Tag ins Dreiseenland reisen und während einer Stadtbesichtigung in Murten Schmuck einkaufen

Die umgekehrte Erfahrung macht er dafür in seinem Hauptgeschäft in Bern. Hier läuft der Schmuckverkauf sogar besser als im vergangenen Jahr. Werthaltigere Stücke seien in der Krise gefragter als vorher. Zudem könnten auch die Schweizer für die Ferien nicht mehr so weit wegfahren und hätten entsprechend mehr Geld für anderes übrig.

Monnier profitiert vom Wetter

Ebenfalls keine Probleme mit der Maskenpflicht hat Josef Billes. Der Chef der Confiserie Monnier stellt klar, dass andere Einflüsse für sein Geschäft weit entscheidender sind. Allem voran das Wetter: «Wenn die Sonne scheint, ist Murten voll, wenn es regnet, fehlen die Leute.» Die zurückliegende Schönwetterperiode habe deshalb für gute Umsätze gesorgt – genauso wie der ungewöhnlich grosse Andrang von Schweizer Touristen aus anderen Landesgegenden, auch er eine Folge der Krise. Negativ zu spüren bekommt Billes das Coronavirus dafür in seiner Filiale in Bern. Weil noch immer viele Angestellte im Homeoffice arbeiteten, fehle ihm dort ein schöner Teil seines Umsatzes.

Kleine Migros-Filialen legen kräftig zu

Schwankungen im Geschäftsgang können in diesen bewegten Zeiten also ganz unterschiedliche Gründe haben. Darauf weist Sprecherin Andrea Bauer für die Migros im Kanton Bern ausdrücklich hin, wenn sie sagt: Ob das Geschäft wegen der Maskenpflicht in der Freiburger Nachbarschaft tatsächlich besser laufe, sei mehr als fraglich. Auch sie weist auf die Rolle des Wetters hin, derweil Kollegin Sandra Leuenberger für die Migros im Kanton Freiburg festhält: Es möge sein, dass der eine oder andere Kunde wegen der Maske ausweiche. Im Umsatz mache sich dies aber nicht negativ bemerkbar.

Viel spürbarer sind für die Migros die Folgen des Homeoffice und die verbreitete Scheu vor den Menschenmengen in den Einkaufszentren. «Die kleinen Quartierfilialen können ihre Umsätze markant steigern», so Leuenberger.

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Für eine Maskenpflicht im Bernbiet

Auch er findet die Maske nicht angenehm. Trotzdem kämpft Thomas Schneider aus Ostermundigen dafür, dass die Bedeckung von Mund und Nase in den Läden im Kanton Bern Pflicht wird. Zu diesem Zweck hat er die Website maskenpflicht.be kreiert, auf der er den Berner Behörden vorrechnet: Wenn ihnen ernst wäre mit ihren Versprechungen, hätten sie die Maskenpflicht am Montag einführen müssen.

Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) hatte bereits vor Monatsfrist in Aussicht gestellt, die Vorschrift werde dann eingeführt, wenn der Kanton während zweier Wochen lang im Durchschnitt 35 Neuansteckungen pro Tag aufweise. Ihm führt Schneider nun mit seiner täglich aktualisierten Statistik vor Augen, dass diese Schwelle zum Wochenbeginn eigentlich erreicht gewesen wäre.

Schneider weiss sehr wohl, dass Schnegg den Entscheid auch von anderen Faktoren wie zum Beispiel der Belegung der Spitäler und der Intensivbetten abhängig macht. Von seinem Weg abbringen lässt er sich davon aber nicht. Als Partner einer Frau, die zu einer Risikogruppe gehört, sei er von der Gefährlichkeit des Coronavirus direkt betroffen, sagt der Jurist zu seiner Motivation. skk

Stichwörter: MAsken, Laden, Coronavirus

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