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Wahlen 2018

«Mit Vernunft kommt man weiter als mit Ausrufen»

Für die BDP geht es bei den diesjährigen Wahlen um viel. Denn vor vier Jahren erlitt die Partei, die dieses Jahr ihr Zehn-Jahr-Jubiläum feiert, einen herben Verlust. Doris Marti aus Lyss und Nicolas Huissoud aus Jens sind überzeugt, am 25. März wieder zulegen zu können.

«Mut zur Vernunft» ist Doris Martis selbstgewählter Wahlspruch. «Mittendrin» lautet der Slogan der Jungen BDP, die Nicolas Huissoud vertritt. Auf dem Parteiplakat steht «mittendrin» auf einem nackten Bauch geschrieben. Bild: Matthias Käser
  • Dossier

von Andrea Butorin

Eigentlich war vorgesehen, dass nebst dem Jungpolitiker Nicolas Huissoud Grossrat Jakob Etter die BDP am Wahltermin mit dem BT vertitt – ein Junger und ein Erfahrener also. Doch dann entschied sich die Partei um:Zwei Neulinge sollten die Chance erhalten, die Partei zu repräsentieren, und nebst Huissoud erschien die Lysserin Doris Marti zum Gespräch.
Nicolas Huissoud weist einen aussergewöhnlichen Palmarès auf für einen 19-Jährigen:Obwohl er seine Uhrmacherausbildung erst diesen Sommer abschliessen wird, ist er bereits Firmeninhaber, und auch die Anzahl politischer Ämter, die er ausübt, ist bemerkenswert. Mit seiner Grossratskandidatur – auf der Liste der Jungen BDP – hofft er, in die Fussstapfen von Jan Gnägi treten zu können, der 2010 mit 18 Jahren für die Bürgerlich-Demokratische Partei zum bislang jüngsten Grossrat aller Zeiten gewählt wurde. «Jan Gnägi ist ein grosses Vorbild für alle Jungpolitiker», sagt Huissoud. Als Mentor bezeichnet er allerdings jemand anderes, nämlich seinen Stiefvater Heinz Siegenthaler, amtierender BDP-Nationalrat und früherer Grossrat.
Doris Marti dagegen weist zwar mehr Lebenserfahrung auf, in der Politik ist sie aber erst seit kurzem: Die Präsidentin der Seeländischen Bäuerinnenvereinigung sagte zu, als sie im Winter angefragt wurde, ob sie nicht für den Grossen Rat kandidieren möchte, und trat erst da der Partei bei. Mehr Erfahrung weist ihr Mann Markus Marti auf, der die BDP im Lysser Parlament vertritt und auch schon als Gemeinderat amtete. Es sei aber nicht so, dass die Politik am Familientisch stets das dominierende Thema sei. «Bei uns geht politisch jeder seinen Weg», sagt Doris Marti, «und wir stimmen übrigens auch nicht immer gleich ab.»
 

Das Ziel:Einen Sitz zulegen
Im Juni wird die BDP zehn Jahre alt. Bei den Wahlen von 2010 schnitt die Partei – dank der Gründungseuphorie und der bundesrätlichen Vertretung von Eveline Widmer-Schlumpf –  bei den Grossratswahlen sehr gut ab:Im Wahlkreis Biel-Seeland hatte sie fünf Vertreter, zudem wurde Beatrice Simon als Regierungsrätin gewählt.
Vier Jahre später folgte die grosse Wahlschlappe:Die BDP verlor im ganzen Kanton elf Mandate, im Wahlkreis Biel-Seeland verblieben noch drei Sitze, die Marianne Schenk, Jakob Etter und Jan Gnägi inne haben. Vielerorts wird die Partei deshalb bereits abgeschrieben. Doch für Doris Marti ist klar:«Es braucht eine starke Mitte, die alles zusammenhält.» Die Seeländer Vertreter sind überzeugt, das erklärte Ziel zu erreichen:Einen Sitz zulegen, also im Wahlkreis Biel-Seeland insgesamt vier Sitze zu erhalten.
Im Gegensatz zu Jakob Etter und Jan Gnägi stellt sich Marianne Schenk nicht mehr zur Wahl. «Sie wird uns fehlen, aber es hat gute neue Namen auf der Liste», sagt Huissoud dazu. Wem sie besonders gute Chancen zurechnen und auf wessen Kosten der angestrebte Sitzgewinn gehen soll, wollen Huissoud und Marti nicht sagen. Ebenso unkommentiert lassen sie den Frontalangriff der SVP, deren Seeländer Vertreter an dieser Stelle erklärten, ein Sitzgewinn der SVP auf Kosten der BDP sei am wahrscheinlichsten.
 

«Ein neues Spital wäre gut»
Als Grossrätin möchte sich Doris Marti besonders für landwirtschaftliche Themen einsetzen, sie findet es wichtig, dass die Bäuerinnen eine Stimme haben und wertgeschätzt werden. Auch kulturelle Anliegen möchte sie vertreten:«Ich möchte, dass unsere Bräuche ihren Wert behalten und nicht verdrängt werden.»
Nicolas Huissoud hat für den Fall, dass er am 25. März in den Grossen Rat gewählt würde, konkrete Ziele im Visier: «Ein neues Spital in Biel wäre gut», sagt er:Von einem gut erschlossenen Neubau würden alle profitieren. Zudem setze er sich für eine nachhaltige Ressourcennutzung ein:«Holz und Kies sollte man vermehrt aus dem Seeland verwenden» meint er. Lange Wege zu vermeiden sei wichtiger als immer bloss Kosten zu sparen.
 

Aus «Schwierigkeiten» gelernt
Aus den «Schwierigkeiten» von vor vier Jahren habe die Partei gelernt:Statt wie damals im Alleingang geht die BDP dieses Mal eine Listenvereinigung mit der FDP ein. Für Huissoud ist zudem wichtig, dass eine junge Liste existiert. «Das gibt uns mehr Möglichkeiten, Gas zu geben.» Man spreche ein anderes Wählersegment an und setze auch eigene Themen, etwa die Legalisierung von Cannabis oder der Ehe für Homosexuelle.    
«Nicht links, nicht rechts, vorwärts», lautet der Wahlslogan der BDP. Der Smartvote-Spider der Kantonalpartei illustriert, was es bedeutet, eine «Mittepartei» zu sein:Von allem ein bisschen, was ein fast symmetrischer Kreis ergibt. Nicolas Huissouds Smartspider entspricht dem der Mutterpartei ziemlich genau, einzig der Punkt «ausgebauter Umweltschutz» ist bei ihm ausgeprägter.
Bei Doris Marti dagegen sind die Bereiche «ausgebauter Sozialstaat», «restriktive Migrationspolitik» und «Law and order» ausgeprägter als bei der BDP, die «offene Aussenpolitik» dagegen weniger ausgeprägt. Als konservativ will sie aber nicht bezeichnet werden. «Ich gehöre in die Mitte und denke mit Vernunft. So kommt man weiter, als wenn man zu viel ausruft», sagt sie. Zudem denke sie in den Punkten Cannabislegalisierung und Homo-Ehe gleich wie die Junge BDP.
Ähnlich wie die SVP ist die BDP vor allem auf dem Land vertreten:So sitzen etwa im Lysser Parlament aktuell fünf Vertreter, in Biel dagegen nur einer. Von den 26 Grossrats-Kandidaten stammen lediglich vier aus Biel, auf der Jungen Liste sind es immerhin 4 von 13. «Es wäre schön, wenn wir in der Stadt zulegen könnten, aber letztlich ist es egal wo, Hauptsache, wir legen wieder zu», sagt Nicolas Huissod.
 

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Zu den Kandidaten


Doris Marti ist 48 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Die Lysserin ist Präsidentin der Seeländischen Bäuerinnenvereinigung, Co-Präsidentin der Tanzkommission Bernische Trachtenvereinigung, im Vorstand der Bernischen Landfrauenvereine sowie Tanzleiterin der Seeländischen Trachtenvereinigung und der Trachtengruppe Schüpfen u. U.


Nicolas Huissoud ist 19 Jahre alt und wohnt in Jens. Er ist Uhrmacher in Ausbildung und Inhaber der Firma Huissoudwatches. Huissoud präsidiert die Junge BDP Kanton Bern, ist im Vorstand der JBDP Schweiz, der kantonalen und der Seeländer BDP.

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