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Mountainbiker bündeln ihre Kräfte

Eine Bikeroute zu realisieren, war bisher ein Ding der Unmöglichkeit. Helfen soll nun ein neuer Verein. Er übernimmt, was eigentlich Aufgabe des Kantons wäre.

Mathias Flückiger, Olympia-Silbermedaillengewinner, ist offizieller Botschafter des neu gegründeten Vereins BE Bike. Bild: Keystone

Sheila Matti

Rund 50 geplante Routen – so viele lagen vor ein paar Jahren noch auf Andreas Grünigs Schreibtisch. Lauter Strecken für Mountainbikefahrer, die in der Region Obersimmental-Saanenland und Kandertal hätten realisiert werden sollen. Doch es tat sich nichts mehr. Die ganze Mountainbike-Richtplanung war ins Stocken geraten.

Eine Bikeroute zu planen, ist kein Leichtes. Um die nötigen Wege zu finden oder zu bauen, muss man sich mit vielen Menschen und Regelungen auseinandersetzen. Vom Grundeigentümer über den Kanton und die Gemeinde bis hin zu den Berner Wanderwegen – «jeder vertritt andere Interessen, die es zu berücksichtigen gilt», so Grünig. Als Geschäftsführer der Berg- und Planungsregionen sowie als gegenwärtiger Vorsitzender des Netzwerks Berner Regionen und Regionalkonferenzen beschäftigt sich Grünig seit einigen Jahren mit der Thematik.

Heute sind alle Routen auf Grünigs Schreibtisch richtplanerisch aufgearbeitet. Ein Ergebnis, zu dem unter anderem auch die Initianten des neu gegründeten Vereins BE Bike beigetragen hätten. Die Dachorganisation half dabei, zwischen den Beteiligten zu vermitteln – etwas, das sie auch künftig, in anderen Regionen, tun will.

Gemeinsam statt einsam

Wer bisher eine neue Route umsetzen wollte, war auf sich allein gestellt. Und lief zwangsläufig Gefahr, an der Fülle zu berücksichtigender Interessen zu scheitern. Hier tritt künftig BE Bike aufs Parkett: Der Verein will die Planenden ganz im Sinne einer effizienten Umsetzung beraten und unterstützen. Er übernimmt also jene Aufgabe, welche eigentlich einer kantonalen Fachstelle zufallen würde.

All die vielen kleinen, regionalen Mountainbike-Organisationen – wie etwa der Verein Bikepark Thunersee oder die Trail Protectors Emmental – sind Mitglied von BE Bike. «Bisher gab es viele Einzelkämpfer», sagt Hans Ulrich Zwahlen, Präsident von BE Bike, «wir bündeln all diese Kräfte und sorgen dafür, dass es endlich vorwärtsgeht.»

Zwahlen gilt in der Szene als Experte, wenn es darum geht, das Miteinander von Wandernden und Bikenden zu fördern. Vor 26 Jahren gründete er mit seinem Bruder den Verein Gantrisch Biking: Dieser kümmert sich darum, dass das Wegnetz im Gantrischgebiet klar gekennzeichnet und, wo nötig, von den Wanderwegen getrennt wird.

In der kantonalen Gesetzgebung kommen Mountainbiker bis anhin nicht vor. Als das Strassengesetz 2008 letztmals überarbeitet wurde, sei die Sportart noch nicht genügend präsent gewesen, heisst es vonseiten der Bau- und Verkehrsdirektion.

Vom Kanton begrüsst

Aktuell wird das Kantonale Strassengesetz revidiert. Mountainbikerouten sollen darin aufgenommen und den Velowegen gleichgestellt werden. Das Vernehmlassungsverfahren endete im August, geplant ist die Inkraftsetzung für das Jahr 2023.

So lange können und wollen die Initianten von BE Bike nicht warten. Zwar begrüsse man es, dass sich auf politischer Ebene etwas tue – «da eilt uns aber die Zeit davon». Durch die Coronapandemie sei der Bedarf an neuen Bikerouten und -trails gerade zu explodiert. Auf der Seite des Kantons wird die Gründung von BE Bike begrüsst. «Der Verein kann eine wichtige Rolle übernehmen, wenn es darum geht, die Regionen und Gemeinden bei der Planung von Mountainbikerouten zu unterstützen», sagt Kantonsoberingenieur Stefan Studer.

Spricht Hans Ulrich Zwahlen von BE Bike, gerät er ins Schwärmen. Der Verein sei schweizweit einzigartig, betont er etwa. Das bestätigt Schweiz Mobil, welches den Langsamverkehr in den Bereichen Freizeit und Tourismus koordiniert. Bruno Hirschi, Mitglied der Geschäftsleitung, sagt: «Dass in einem so grossen Kanton ein Verein gegründet wird, um die Interessen aller Biker zu vertreten – das gab es so bisher noch nicht.»

Was Mountainbiken anbelangt, unterscheidet Schweiz Mobil zwischen Tourismusdestinationen – wie etwa Graubünden oder dem Tessin – und Naherholungsgebieten – wie etwa Luzern, dem Aargau oder Teilen des Kantons Bern. In ersterer Gruppe ist es besonders der Tourismus, der Druck ausübt: Mountainbiker gelten hier als lukrativer Wirtschaftszweig, den es entsprechend mit Infrastruktur zu versorgen gilt.

Diese Denkweise sei in den Naherholungsgebieten noch nicht angekommen. «Hier fehlte es bisher am nötigen Treiber, der den Kanton dazu brachte, Mountainbiker ernst zu nehmen und auch für den Freizeitbiker gute Infrastruktur zu entwickeln.» Eine Funktion, die künftig wohl immer mehr von Organisationen wie BEBike übernommen wird.

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